Unfallversicherung

Was wurde aus dem Aufregerthema Impfschäden?

Die Angst vor Corona-Impfschäden rückte vor ein paar Jahren die private Unfallversicherung in den Fokus. Wie hat sich der Markt seitdem entwickelt, wie viele Impfschäden wurden reguliert? Der große Run auf Unfallpolicen blieb jedenfalls aus.

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17:03 Uhr | 05. März | 2024
Was wurde aus dem Aufregerthema Impfschäden?

So heiß, wie die Angst vor Corona-Impfschäden vor ein paar Jahren diskutiert wurde, hätte man mit einem wahren Run auf private Unfallversicherungen rechnen können. Dazu kam es aber nicht.

| Quelle: Jeffrey Hamilton

Im Frühjahr 2020 begann die Corona-Pandemie. Das unbekannte Virus verursachte auch hierzulande schnell Angst vor bleibenden Gesundheitsschäden oder gar einem qualvollen Erstickungstod. Fast genauso viel Angst hatten einige Menschen vor den Impfstoffen, die nach dem Ausbruch in Rekordzeit entwickelt wurden. Während die einen die rettenden Vakzine feierten, wähnten die anderen – befeuert durch populistische Verschwörungstheorien – darin das größere Übel. Die Angst vor Impfschäden griff um sich und beleuchtete nebenbei auch eine ansonsten völlig unbeachtete Leistung der privaten Unfallversicherung. Denn Impfschäden können bei entsprechenden Policen durchaus hohe Leistungszahlungen auslösen. Auch Vermittler nutzten diesen Aspekt in ihrer Beratung, was bei diesem emotional aufgeladenen Thema allerdings viel Fingerspitzengefühl erfordert.

Doch was wurde eigentlich aus dem Aufregerthema Impfschäden? So heiß, wie dieses aus fragwürdigen Lagern befeuert wurde, hätte man mit einem wahren Run auf private Unfallpolicen rechnen können. Tatsächlich aber setzte sich der Abwärtstrend beim Gesamtvertragsbestand auch in den Pandemiejahren 2020 bis 2022 fort. Von 25,5 auf 24,9 Millionen ging dieser zurück.

Wenig Auskunftsbereitschaft

Zwar berichtete die Rating-Agentur Morgen & Morgen kürzlich im Rahmen eines Vergleichs von knapp 300 Unfalltarifen, dass mittlerweile auffällig viele Policen die gesundheitlichen Schäden aufgrund einer Corona-Schutzimpfung eingeschlossen hätten. Einen Eindruck zu den tatsächlichen Impfschäden zu bekommen ist allerdings gar nicht so einfach. Dem GDV liegen dazu keine Daten vor, wie er uns mitteilt. Und auch nach dem überwiegenden Verschwinden der Impfangst aus den Medien wird das Thema weiterhin mit teilweise größter Zurückhaltung behandelt.

Der nach Prämieneinnahmen drittgrößte Unfallversicherer Generali wollte auf procontra-Nachfrage keine Informationen zu Schadenfällen und -erfahrungen im Bereich Impfschäden mitteilen. Auch die Baloise, dritter Platz bei Maklers Lieblinge 2023 in der Unfallversicherung, verwies auf „in großen Teilen interne und vertrauliche Informationen“, die man nicht mitteilen wolle. Die von den Maklern auf Platz zwei gewählte Interrisk hatte auf unsere Nachfrage gar nicht erst reagiert.

Ergo zeigt sich transparent

Deutlich transparenter zeigte sich dagegen die Ergo, nach Prämien zweitgrößter Anbieter im Markt. Sie habe in den Jahren 2021 bis einschließlich 2023 insgesamt 182 Impfschadenmeldungen von ihren Unfallversicherten erhalten, davon 50 Prozent bezogen auf Corona-Impfungen. Diesen stünden 98 Fälle aus dem 3-Jahres-Vergleichszeitraum vor der Pandemie gegenüber. Der Anstieg ist anscheinend auch mit dem Faktor Vorsicht zu erklären. „In der Pandemie gab es auch vorsorgliche Meldungen, die zu keiner Inanspruchnahme der Unfallleistung geführt haben, da kein Dauerschaden eingetreten ist“, sagte eine Ergo-Sprecherin auf procontra-Nachfrage.

Diese vorsorglichen Schadenmeldungen hatten auch dazu geführt, dass letztendlich nur in 94 Fällen Leistungen ausbezahlt wurden, heißt es von dem Düsseldorfer Versicherer. In den übrigen 88 Fällen konnte der Nachweis für einen dauerhaften Impfschaden letztendlich nicht erbracht werden. Ob die Anerkennungsquote von Impfschäden infolge von Corona-Impfungen geringer sei als bei anderen Vakzinen, dazu würde die Ergo keine Daten erheben. Auch zur durchschnittlichen Leistungshöhe nach einem Corona-Impfschaden könne man keine Angaben machen, da die Leistungen vertragsabhängig sehr individuell seien. Betrugsversuche von Unfallversicherten in Verbindung mit gemeldeten Impfschäden während der Corona-Pandemie konnte die Ergo nicht feststellen.

Gleiches teilte die Allianz, Deutschlands größter Unfallversicherer, mit. Es gebe keine Auffälligkeiten in Bezug auf Betrugsversuche bei Impfschäden. Zwar seien Schäden als Folge von Corona-Impfungen in den neuen Unfallversicherungen der Münchener mitversichert. Eine spezielle Auswertung dazu würde intern aber nicht vorliegen. Die Haftpflichtkasse (erster Platz Maklers Lieblinge 2023) spricht von einer „verschwindend geringen Anzahl an Schadenmeldungen im Zusammenhang mit Impfungen“. Bei dem Roßdorfer Maklerversicherer sind Gesundheitsschäden durch Corona-Schutzimpfungen in den Produktlinien „Einfach Komplett“ und „Einfach Besser“ mitversichert.

Weiterhin kein Marktstandard

Auch wenn die Impfschadenmeldungen bei Unfallversicherern während der Pandemie offenbar nicht explodiert sind, so ist der Markt diesbezüglich doch in Bewegung. Der GDV hat Impfschäden in Folge von Corona-Schutzimpfungen jedoch bislang noch nicht in seine Unfall-Musterbedingungen aufgenommen, an denen sich viele Anbieter orientieren. „Nach unseren Erkenntnissen hat sich der Versicherungsschutz für Impfschäden seit 2020 nicht soweit durchgesetzt, dass von einem ‚Marktstandard‘ die Rede sein könnte“, sagte eine GDV-Sprecherin erklärend. Solchen Schutz anzubieten, obliege der unternehmensindividuellen Produktgestaltung im Wettbewerb.

Übrigens: Laut einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung von Ende Januar haben bundesweit 11.827 Menschen bislang einen Antrag auf Anerkennung eines Schadens durch die Corona-Impfung bei den zuständigen Landesbehörden gestellt. Davon sei in 467 Fällen ein Impfschaden anerkannt worden. Etwa die Hälfte aller gestellten Anträge sei bislang noch in Bearbeitung. Gegen Corona impfen lassen haben sich, dem Bericht zufolge, rund 65 Millionen Menschen hierzulande.