„Eine Hundehalterhaftpflicht ist obligatorisch“
procontra:
Die Zahl der Hundebesitzer in Deutschland wächst konstant und hat infolge der Corona-Pandemie einen zusätzlichen Schub bekommen. Muss man als Makler für Hundebesitzer selbst einen Hund besitzen, um erfolgreich zu sein?
Martin Markowsky:
Nicht zwingend. Das Wichtigste ist, dass man eine Leidenschaft für das Thema hat und weiß, wovon man redet. Dabei hilft es, wenn man selbst einen Hund besitzt. Als Makler sollte man mit den Hundebesitzern auf Augenhöhe sprechen. Die Tiere sind Familienmitglieder und ein wichtiger Bestandteil im Leben der Kunden. Das kann man am besten verstehen, wenn man selbst einen Hund besitzt.
procontra:
Sie versichern seit vielen Jahren Hunde- und Katzenbesitzer. Wie kam es zu der Spezialisierung?
Markowsky:
Als Hundebesitzer hatte ich für das Thema Hunde schon immer eine Leidenschaft. Im klassischen Versicherungsgeschäft hat sich vieles geändert, lange Stornohaftungszeiten und so weiter. Das hat dazu geführt, dass ich überlegt habe: Wie will ich künftig mein Geschäft machen? Will ich noch in der Branche bleiben? Gleichzeitig war ich mit dem Inhaber einer der größten Hundeschulen in Deutschland befreundet. Nach einem Jahr, in dem ich mit dem Thema Hund, Katze und Pferd begonnen habe, habe ich festgestellt, dass das Thema Hund – für viele Makler eine Mikrozielgruppe – für mich eine Makrozielgruppe ist. Auf der einen Seite gibt es das Thema Versicherung von Hunden inklusive zum Beispiel Rettungshunde und Therapiehunde, auf der anderen Seite steht das Versichern von Hundetrainern, Hundeschulen, Hundesalons, Hundepensionen und Tierschutzvereinen. Das ist eine breite Palette. Seit diesem Jahr haben wir auch die Absicherung von Katzenbesitzern wieder aufgenommen. Denn viele Hundebesitzer sind auch Katzenbesitzer und auch hier besteht natürlich Absicherungsbedarf.
Markowsky:
Mein Hauptweg, um die Zielgruppe zu erreichen, sind die sozialen Medien. Ich bin in verschiedenen geschlossenen Gruppen aktiv, beantworte darin Fragen zum Thema Versicherung von Hunden. Ein anderer Weg, den ich über die sozialen Medien gehe, ist das Schalten von Werbung. Zusätzlich bin ich auf spezifischen Veranstaltungen unterwegs. Ich war beispielsweise bei einem Hund/Mensch-Lauf in Süddeutschland, wo man mit dem Hund 15 Kilometer durch den Wald läuft. Hier erreiche ich durch Bannerwerbung, Flyer und das persönliche Gespräch eine große Anzahl von Hundebesitzern. Dasselbe gilt für Sommerfeste von großen Hundeschulen oder Tierschutzvereinen.
Markowsky:
Das ist zum einen natürlich die Haftpflicht, die allerdings noch nicht in allen Bundesländern Pflicht ist. In Nordrhein-Westfalen gibt es beispielsweise die 20/40-Regelung. Das heißt: Ist der Hund unter 40 Zentimetern groß oder weniger als 20 Kilo schwer, dann muss er nicht versichert werden. Wenn aber ein Chihuahua auf die Straße läuft und ein Auto fährt daraufhin gegen einen Laternenpfahl, dann haftet der Halter trotzdem. Eine Haftpflicht macht ungeachtet der Größe des Hundes Sinn. Eine Hundehalterhaftpflicht ist also obligatorisch.
procontra:
Stichwort: Behandlungskosten beim Tierarzt. Hundehalter haben hier die Wahl zwischen einer Krankenvoll- und einer OP-Versicherung. Wann raten Sie zu welcher Police?
Markowsky:
Man kann pauschal nicht sagen, das eine ist besser als das andere. Es gibt Hunderassen, die anfälliger für Krankheiten sind, zum Beispiel Modehunde wie der Labrador oder die französische Bulldogge. Die werden leider auf Teufel komm raus gezüchtet und entwickeln daher schwerwiegende rasse-spezifische Krankheiten. Da rate ich schon zur Krankenvollversicherung. Eine besondere Gruppe sind auch die Tierschutzhunde. Wenn Hunde aus dem Ausland geholt werden, weiß kein Mensch: Wie hat der Hund vorher gelebt? Wie hat er sich ernährt? Was hat er erlebt? Diese Hunde sind aus gesundheitlicher Perspektive immer ein Überraschungspaket. Auch das spricht für eine Krankenvollversicherung. Die Worst-Case-Absicherung ist immer die OP-Versicherung, weil OPs sehr teuer werden können. Das ist die Mindestabsicherung, die jeder für seinen Hund haben sollte. Wenn ich das Geld für eine Operation nicht habe, leidet das Tierwohl. Wer sich eine OP-Versicherung nicht leisten kann, sollte sich keinen Hund anschaffen!
procontra:
Im November vergangenen Jahres ist eine Neufassung der Gebührenordnung für Tierärzte in Kraft getreten. Seitdem sind die Preise für medizinische Behandlungen erheblich gestiegen. Inwiefern spüren Sie die Auswirkungen? Werden jetzt mehr Tierkrankenversicherungen abgeschlossen?
Markowsky:
Die neue Gebührenordnung hat zu Preissteigerungen von 200 bis 300 Prozent vor allem im ambulanten Bereich geführt. Im OP-Bereich gab es auch Steigerungen, aber die waren moderater. Wegen der hohen Kosten empfehle ich mittlerweile die Krankenvollversicherung. Einerseits ist bei uns die Nachfrage nach einer entsprechenden Absicherung seit der GOT-Änderung um circa 30 Prozent angestiegen. Auf der anderen Seite hat die neue Gebührenordnung auch zu einer Beitragsanpassung bei den Versicherern geführt. Die großen Versicherer oder die mit einem guten Leistungsspektrum haben ihre Beiträge im Schnitt um 20 bis 30 Prozent erhöht, und das auch im Bestand, weil die Schadenleistungen entsprechend stark angestiegen sind. Natürlich führt das bei den Hundebesitzern zu einem Aufschrei.
procontra:
Aber Sie versichern ja nicht nur Hundebesitzer, sondern beraten auch gewerbliche Kunden, wie Hundepensionen, Hundefriseure und Tierschutzvereine. Welche Policen sind sinnvoll und inwiefern unterscheiden sich die Berufsgruppen in der Beratung?
Markowsky:
Der Abschluss einer Betriebshaftpflicht ist hier aus meiner Sicht auch obligatorisch. Dabei sollten neben der Absicherung von Personenschäden oder Schäden am Hund beispielsweise Mietsachschäden oder der Einsatz von Geräten enthalten sein. Auch der Bereich Veranstaltungen – zum Beispiel für Sommerfeste oder Tage der offenen Tür – sollte umfassend abgesichert sein. Bei Tierschutzvereinen ist die Absicherung aufgrund der Risiken umfangreicher. Es werden Hunde aus dem Ausland nach Deutschland vermittelt und dann geht es um die Frage: Wie sichere ich die Pflegestellen, die sich eine gewisse Zeit um die Hunde kümmern, richtig ab? Was ist, wenn der Hund die Pflegeperson beißt? Auch eine vernünftige Rechtsschutzversicherung ist im gewerblichen Segment sinnvoll.
Markowsky:
Im Bereich der Hundehalterhaftpflicht gibt es sehr viele Anbieter und viele Policen sind in den vergangenen Jahren nicht an die sich ändernden Risiken angepasst worden. Beispiel Listenhunde: Etliche Versicherer sagen grundsätzlich, Listenhunde, also jene, die als besonders aggressive Hunderassen gelten, sind „böse“, das machen wir nicht. Für mich war deshalb klar: Wenn ich mich mit einem neuen Haftpflichtkonzept beschäftige, dann müssen Listenhunde abgesichert sein. Da es gerade bei Beißvorfällen am Menschen häufig um Körperverletzung geht und wir uns im Strafrechtsbereich befinden, ist in unserer Haftpflichtpolice auch der Rechtsschutz integriert. Beim Erstellen meines eigenen Deckungskonzeptes ging es vor allem um das Inkludieren von Segmenten, das es so bisher am Markt nicht gab, wie beispielsweise Giftköderschutz oder eine kundenfreundliche Regelung beim Thema Quotelung.