Wohngebäudeversicherung

„Wir können frühzeitig sowohl Rohrbrüche als auch Microleckagen erkennen“

Einst kämpfte Patrick Franken in seiner eigenen Wohnung mit gebrochenen Rohren, nun sagt er diesen in ganz Deutschland den Kampf an. Mit seinem Unternehmen "Lisios" hat er ein Gerät entwickelt, dass bei vielen Gebäudeversicherern auf großes Interesse stoßen dürfte.

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14:09 Uhr | 05. September | 2024
Patrick Franken

Ist aus eigener schmerzhafter Erfahrung zum Thema gekommen: Lisios-Gründer Patrick Franken

| Quelle: Lisios

Leitungswasserschäden sind für die Gebäudeversicherer weiterhin ein schwerwiegendes Problem. Mit intelligenten Sensoren, die zunehmend auch auf Künstliche Intelligenz, versprechen Unternehmen hier Abhilfe - ein Ansatz, der vor allem von der Versicherungsindustrie neugierig beobachtet wird. Mit "Lisios" geht in diesem Herbst ein weiterer Anbieter an den Start. procontra sprach mit dessen Gründer Patrick Franken.

procontra:

Herr Franken, Sie haben bei der Deutschen Telekom gearbeitet, als Ihnen die Idee kam, einen Leckage-Sensor zu entwickeln: Wie ist es dazu gekommen?

Patrick Franken:

Die Idee ist aus eigener leidvoller Erfahrung entstanden. Wir haben eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus aus den 80er-Jahren und hatten über einen längeren Zeitraum 3-5 Wasserschäden im Jahr. Ein Sachverständiger sagte uns dann, dass damals offenbar minderwertige Rohre verbaut worden waren. Ein Problem, das wir wahrscheinlich nicht alleine haben. Da ist mir die Idee eines leicht zu installierenden, nicht-invasiven Wassersensors gekommen. Da mein alter Arbeitgeber jedoch kein Interesse an der Idee hatte, habe ich mich 2018 selbstständig gemacht und mit meinem Kollegen Niklas Voigt 2022 Lisios gegründet.

procontra:

Das ist jetzt zwei Jahre her. Wie weit sind Sie mit ihrem Produkt?

Franken:

Wir haben das ganze Projekt bislang aus eigenem Kapital gestemmt – darum sind wir womöglich ein wenig langsamer als andere. Wir wollen mit unserem „Lisios WasserAlarm“ in diesem Oktober an den Markt gehen. In einem ersten Schritt erstmal nur für Einfamilienhäuser, doch wir arbeiten bereits an Lösungen für andere Gebäudetypen.

procontra:

Vor allem die Gebäudeversicherer in Deutschland haben unter der Vielzahl von Leitungswasserschäden zu leiden.

Franken:

Ja, das Interesse aus der Versicherungswirtschaft ist sehr groß. Wir sind bereits in Gesprächen mit einigen Versicherern. Zudem haben wir eine Pilotphase mit einem größeren Rückversicherer geplant.

procontra:

Wasser-Sensoren gibt es jedoch bereits einige am Markt. Grohe, Rehau oder Enzo zum Beispiel. Was machen Sie anders als die Konkurrenz?

Franken:

Was die Konkurrenz genau macht, kann ich nicht sagen, ich kann nur über unseren Ansatz sprechen: Wir wollten von Anfang an ein nicht-invasives Gerät verwenden, das sich ohne großen Aufwand installieren lässt. Dabei haben wir einen technologischen Ansatz gewählt, mit dem wir frühzeitig sowohl Rohrbrüche als auch Mikroleckagen erkennen können. Unsere Kernexpertise liegt dabei in der Entwicklung von IT-Sensorik – das heißt, wir wollen nicht in Konkurrenz zu den Versicherern treten sprich keine eigenen Versicherungen anbieten.

Wir legen auch großen Wert auf Verbrauchsmonitoring, Wasserverbrauch wird in Deutschland zu einem immer größeren Thema. Mit unserer Technologie können wir in Zukunft den Verbrauch nach einzelnen Verbrauchern und Tätigkeiten aufschlüsseln. Gedanken machen wir uns zudem über das Thema Trinkwasserhygiene: Durch heißere Sommer steigt auch hierzulande die Wassertemperatur und damit die Gefahr von Legionellen im Trinkwasser.

procontra:

Wie genau funktioniert der Sensor?

Franken:

Wir setzen auf eine Kombination aus Temperatur- und Körperschallsensorik. So lassen sich zum einen die Durchflussmengen bestimmen. Durch den Körperschall haben wir zudem die Möglichkeit, akustische Fingerabdrücke von einzelnen Entnahmestellen zu erstellen. Wir wissen also, wie sich eine Toilettenspülung oder eine Dusche anhört. Je mehr Daten wir haben, desto besser lassen sich die einzelnen Entnahmestellen bestimmen. Da wir die Daten in unserer Cloud sammeln, lassen sich die Erfahrungswerte und Analysen, die wir aus den gesammelten Daten über Wasserverbräuche ziehen, auf Wasserleitungssysteme und Häuser generell übertragen. Im Zusammenspiel mit den Durchflussdaten lassen sich so schließlich Anomalien im Wasserverbrauch feststellen, das bedeutet unerwünschter Wasserverbrauch, also Leckagen.

procontra:

Zudem wollen Sie mittels Künstlicher Intelligenz aus den gewonnenen Daten künftig Schäden sogar voraussagen?

Franken:

Ja, mit der Zeit können wir dann Wahrscheinlichkeiten errechnen, wann ein Schaden entstehen könnte und wie hoch bei einem Vorschaden die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Schaden ist. Predictive Analytics ist das in diesem Zusammenhang gern verwendete Buzzword. Ich muss aber gestehen, dass ist noch Zukunftsmusik. Dafür brauchen wir eine ausreichende Datenmenge, die nur aus einer ausreichenden Zahl von Geräten im Feld generiert werden kann.

procontra:

Hat sich Ihr Gerät denn schon im Einsatz bewährt?

Franken:

Wir haben in Stuttgart und Sindelfingen mit einem Versicherungsmakler einen Pilottest gestartet. Bislang sind wir sehr zufrieden mit dem Ergebnissen. Wir haben zwar erst wenig Schäden erkannt, das liegt aber daran, dass auch wenig Schäden aufgetreten sind. Vor einigen Wochen konnten wir aber einen Schaden in einem Supermarkt feststellen – so konnten wir dann unter Beweis stellen, dass die unserem Sensor zugrundeliegende  Technologie funktioniert.

procontra:

Was sind jetzt die nächsten Schritte?

Franken:

Derzeit arbeiten wir noch am Design unseres Gehäuses, dann soll das Gerät in Produktion gehen. Das ist dann auch der Startschuss für weitere Pilotprojekte.

procontra:

Setzen Sie mit Ihrem Gerät vor allem auf die Versicherer, oder haben Sie auch den Endkunden im Blick?

Franken:

Wir fahren einen zweigleisigen Ansatz. Geplant sind sowohl Kooperationen mit Versicherern als auch den Lisios WasserAlarm online und über den Einzelhandel anzubieten. Wir wollen ihn dann schnell zu einer B2B-Lösung weiterentwickeln, da wir auch von Wohnungsgesellschaften oder Messdienstleistern schon Interesse an dem WasserAlarm signalisiert bekommen haben.

procontra:

Wie sieht es mit der Finanzierung Ihrer Pläne aus? Start-ups hatten es in den vergangenen Jahren nicht gerade leicht.

Franken:

Wir sind derzeit in Gesprächen mit strategischen Investoren, beispielsweise dem bereits genannten Rückversicherer. Darüber hinaus wollen wir aber, sobald wir unseren Lisios WasserAlarm gelauncht haben, Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres eine erste Finanzierungsrunde starten. Wir haben es bis hierher alleine geschafft und wollen jetzt mit den entsprechenden Umsatzzahlen unter Beweis stellen, dass unser WasserAlarm am Markt angenommen wird. Erst dann wollen wir auch eine Finanzierungsrunde starten.