Eine gutverdienende Frau (50) stellte fest, dass sie in 17 Jahren 1.000 Euro weniger gesetzliche Altersrente bekommt als sie wohl zum Leben braucht. Das Thema verfolgt sie bis in den Schlaf, ehe sie Finanzanalytiker Volker Looman um Rat fragt. In seiner wöchentlichen FAZ-Kolumne macht er den anonymisierten Fall öffentlich. Die Ergebnisse sind einmal mehr deutlich.
„Da helfen nur zwei Dinge: arbeiten und sparen“, bringt es Looman mit seinem gewohnt trockenen Humor auf den Punkt. Er rät der Dame, aber genauso gut allen Herren gleichen Alters mit ähnlichen Problemen, jeden Monat mindestens 1.000 Euro zur Seite zu legen. Da kämen dann bis 67 noch 204 Sparraten zusammen. Looman stellt dazu fünf Produkt-Optionen zur Wahl und vergleicht deren Ergebnisse.
ETF-Rentenpolice schlägt Klassik-Rentenpolice
Als erstes fällt die Wahl auf eine klassische Rentenversicherung bei einem Direktversicherer. Der bietet für seinen „flexiblen Vorsorgeplan“ unterm Strich bis zu 1,0 Prozent garantierte Zinsen in den ersten drei Jahren und danach „unverbindliche“ 0,9 Prozent pro Jahr. Bei 1.000 Euro monatlicher Sparrate stehen nach 17 Jahren womöglich 220.000 Euro zu Buche. Der Gewinn von 16.000 Euro muss zur Hälfte der persönlichen Besteuerung unterworfen werden. Bei 25 Prozent sind dies rund 2.000 Euro Abzug. Rendite nach Steuern: rund 0,7 Prozent. Bei ähnlich hoher Inflation wie heute wäre reale Verzinsung deutlich negativ. „Das sollte Sie davor bewahren, Sparverträge dieser Art abzuschließen“, meint Looman. Da hilft allenfalls Kapitalabfindung.
Als zweites wird bei demselben Direktversicherer eine Mischung aus ETF und Rentenversicherung als „flexibler Vorsorge-Smart-Investmentplan“ geboten. Wieder werden 204.000 Euro investiert – diesmal in Indexfonds eigener Wahl, versteuert wird die Hälfte der Erträge am Ende der Laufzeit. Bei einer 6,0 Verzinsung vor Kosten und Steuern wird das Endguthaben in 17 Jahren rund 343.000 Euro betragen - ohne Garantie. Falls die Rechnung vor Steuern aufgeht, beträgt die Verzinsung nach Steuern noch 4,84 Prozent pro Jahr, hat Looman errechnet. Bei einem Service-Versicherer mit hohen Abschlusskosten wäre die Rendite deutlich niedriger. „Die Indexfonds im Mantel der Rentenversicherung sagen mir nicht zu, weil die Police überflüssig ist“, so der Finanzanalytiker.
Reine ETF besser als ETF-Rentenpolice
Damit bringt er die dritte Lösung ins Spiel: die reine Anlage in ETF. Als Beispiele nennt er den Mix aus Renten-Indexfonds (Xtrackers II ESG Euro Corporate Bonds) (ISIN: LU484968812) und Aktien-Indexfonds (iShares MSCI World SRI Euro Aktien). „Der angebliche Steuervorteil der Rentenversicherung löst sich in Luft auf: Die Anleihen werfen keine Erträge ab, so dass es nichts zu besteuern gibt, und der Aktienfonds wird durch die Wiederanlage der Erträge erst in 17 Jahren mit der Abgeltungsteuer belastet“, fasst Looman den Schritt zur dritten Option zusammen. Zudem erspare man sich die häufig verlangten 5,0 Prozent Abschlusskosten (hier: rund 10.000 Euro). Mit einem preisgünstigen Depot bei einer Direktbank liegt das Endergebnis bei 5,29 Prozent pro Jahr nach Steuern, weil mehr Geld zur Altersvorsorge arbeiten kann.
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Als vierte Variante wird der Kauf einer Immobilie auf Pump mit anschließender Vermietung durchgerechnet (Kredit: 330.000 Euro). Da die Wohnung 300.000 Euro kostet, werden noch 30.000 Euro Nebenkosten fällig, doch wenn dafür 750 Euro monatliche Nettomiete hereinkommen, ist laut Looman alles in Ordnung. „Es wäre allerdings zweckmäßig, wenn die Erträge jedes Jahr um 2,0 Prozent steigen und die Wohnung im selben Zeitraum um 1,0 Prozent pro Jahr teurer wird“, rät Looman zum Kauf in guter Lage. Der Kredit sollte während der Vermietung in voller Höhe getilgt werden. Jeden Monat werden so rund 1.100 Euro in die Immobilie gesteckt, die nach 17 Jahren lastenfrei und rund 356.000 Euro wert sein könnte. Macht 4,75 Prozent Rendite pro Jahr nach Steuern, hat Looman ausgerechnet. „Das klingt gut, macht aber Arbeit, denn Sie müssen gutes Geld verdienen, um den Kredit bedienen zu können“, erinnert der Finanzanalytiker.
ETF schlägt auch arbeitsintensive Immobilie
Last but not least kommt als fünfte Variante die Basisrente ins Spiel. Die Dame kann 2022 bis zu 25.639 Euro als Sonderausgaben geltend machen. Davon sind die 14.880 Euro abzuziehen, die in die Rentenversicherung fließen. Hinzu kommen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die wegen des Gehalts von 4.000 Euro netto bei 5.703 Euro liegen. Damit bleiben für die Basisrente noch 5.056 Euro übrig. Das sind 42 Prozent der Einzahlungen von 12.000 Euro. Das führt bis zum Beginn des Ruhestandes in 17 Jahren zu Steuervorteilen von 2.117 Euro pro Jahr. Die „Rache“ des Finanzamtes folgt aber im Ruhestand: Die 1.000 Euro Monatsrente sind in voller Höhe steuerpflichtig. Rendite nach Steuern: 0,66 Prozent pro Jahr. „Das rechnet sich nicht und es gibt auch keine Alternative zur Verrentung des Kapitals“, meint Looman. Wer also nicht wirklich sehr alt wird, bei dem fällt dieses „Erbe“ an den Versicherer zurück.
Fazit: Die Qual der Wahl ist für Looman keine Bürde. Er würde den ersten und den letzten Sparvertrag aussortieren, weil die Renditen „unterirdisch“ sind. Die Indexfonds im Mantel der Rentenversicherung sagt ihm auch nicht zu, weil es ohne Police genauso gut geht, aber deutlich kostengünstiger. Bleiben die Immobilie, die im wahrsten Sinne des Wortes Arbeit macht (bis hin zur Vermietung und den Abrechnungen), und die Indexfonds, die zwar auch Arbeit machen (Geld verdienen, um für den Ruhestand sparen zu können), „doch der Druck ist wegen des fehlenden Kredits erheblich niedriger“, fasst Looman zusammen.
Letztlich sei die Wahl eine persönliche Entscheidung, so der Finanzanalytiker. Wichtig ist nur die Einsicht, etwas tun zu müssen und sich nicht auf andere zu verlassen. Das gelte gerade für Frauen, denn „Männer sind keine Altersversorgung“, bestätigt er die Erfahrung der Grand Dame der Frauen-Altersvorsorge in Deutschland, Helma Sick.
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