bAV: Kommt jetzt das erste Sozialpartnermodell?

Auf einer hochkarätig besetzten bAV-Fachtagung vergangene Woche in Berlin stahl eine Gewerkschafterin in der abschließenden Podiumsdiskussion den über Stunden zuvor referierenden Experten die Schau. Sie kündigte das erste Sozialpartnermodell an.

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08:03 Uhr | 11. März | 2019
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Damit höhere Erträge als sonst in der bAV herauskommen, bleiben beim SPM weniger Erträge für die Anbieter im Vertrieb. „Doch das muss sein“, meint Marco Arteaga. Bild: DLA Piper

Manchmal muss man auf mehrstündigen Fachtagungen wirklich bis zum Schluss bleiben, um nichts zu verpassen. So auch auf der Fachtagung „Sozialpartnermodelle jetzt!“, zu der der Eberbacher Kreis, ein Zusammenschluss von auf dem Gebiet der bAV tätigen Rechtsanwälten, in die Hessische Landesvertretung in den Berliner Ministergärten geladen hatte.

Rechtsanwalt Marco Arteaga, Sprecher des Eberbacher Kreises und Partner der Kanzlei DLA Piper, beschwor gleich zu Beginn die Tarifpartner, ihre Gestaltungsprivilegien beim Sozialpartnermodell (SPM) zu nutzen, da sonst der Gesetzgeber vermutlich andere Regelungen treffen werde. Das Wort Opt-out sprach er dabei nicht aus.

Heil: SPM braucht jetzt etwas Push

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hieb in dieselbe Kerbe, wurde aber noch etwas deutlicher. Es müsse sich in Sachen SPM noch in diesem Jahr was bewegen, „kommt aus den Strümpfen“, rief er den Tarifpartnern öffentlichkeitswirksam zu. Die Bundesregierung werde sich Abwarten nach dem Prinzip NATO = „not action, talk only“ auf Dauer nicht gefallen lassen.

Da Altersvorsorge am besten in kollektiven Systemen klappt, braucht es beim SPM jetzt „etwas Push“. Heil richtet nun bis Ostern im BMAS für die Sozialpartner ein Fachforum zum SPM ein, zu dem auch BaFin und BMF hinzugezogen werden.

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Hufeld: Steuer kräftig in die Hand nehmen

Auch Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), ermunterte die Sozialpartner eindringlich zum Handeln: Der Gesetzgeber habe Tarifparteien mit der reinen Beitragszusage ein „schmuckes Fahrzeug vor die Tür gestellt. Sie sind in der Pflicht, das Steuer kraftvoll in die Hand zu nehmen“. Andernfalls könne „stärker Zwang ins Spiel kommen, verbunden mit den Möglichkeiten eines Opt-out“, prognostizierte Hufeld.

Die Bafin müsse das SPM aufsichtsrechtlich flankieren, will es „mit Neugierde und Pragmatismus begleiten und den Tarifparteien ausreichend Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung lassen“.

ver.di: SPM über Haustarif bei Versicherer vor dem Start

Die kollektive Ermunterung zeigte schneller Wirkung, als die Referenten ahnten. Bei der abschließenden Podiumsdiskussion mit maßgeblichen Tarifparteien verschiedener Branchen, sagte Andrea Kocsis: „Bei ver.di steht eine SPM-Tarifvereinbarung unmittelbar vor dem Abschluss“. Auf Nachfrage hieß es von der ver.di-Vizechefin, der Pilot sei ein Haustarif für einen Versicherer mit 5.000 Mitarbeitern und werde über ein Versicherungskonsortium organisiert. Zudem liefen Gespräche für einen zweiten „Abschluss mit einem Luftverkehrsunternehmen“.

Namen nannte Kocsis nicht, da die Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen seien. Das ist wohl auch besser so, denn schon vor zwei Jahren hatte die Dienstleistungsgewerkschaft laut über ein eigenes Versorgungswerk nachgedacht. Bis heute ist daraus nichts geworden.

Interessant auch Kocsis‘ Aussage, dass bei ver.di „täglich Versicherer vor der Tür stehen, um Angebote für Sozialpartnermodelle zu machen". Naturgemäß sehen die Versicherer im SPM große Chancen für sich. Und die Aussage der Gewerkschafterin bestätigt auch die Beobachtung des BaFin-Chefs, wonach „von Anbieterseite regelrechter Wettbewerb um das passende Konzept besteht, aber noch die Initialzündung fehlt“. Diese Pilotfunktion scheint nun ver.di zu übernehmen.

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