„Ein Maklerhaus benötigt definitiv eine gewisse Größe“
procontra: Blau Direkt kooperiert mit Warburg Pincus, Fonds Finanz mit HG Capital, JDC mit der Canada Life. Viele Maklerpools haben sich zuletzt finanzstarke Partner ins Boot geholt, auch um Übernahmen zu tätigen. Droht jetzt ein Wettbieten um die lukrativsten Maklerhäuser?
Simon Nörtersheuser: Pools sind ja schon länger in der Übernahme von Maklerbeständen aktiv und bieten ihren Maklern auch gezielt Nachfolgemodelle an. In der Tat ist es aber überraschend zu sehen, dass nun diese Pools ihre Übernahmeambitionen mit der Hilfe von Private Equity Fonds auf ein neues Level heben möchten. Dies haben wir bisher nur bei anderen, größeren Maklergruppen gesehen, die mit Hilfe von Private Equity weitere Maklerunternehmen übernommen haben.
Dr. Ernesto Knein: Spannend wird auch sein, welchen Fokus sich die Pools für ihre Übernahmen setzen bzw. welche Makler sie sich als Zielgruppe aussuchen werden: Der klassische kleine Privatkundenmakler oder die größeren Gewerbe- und Industriekundenmakler. Die Kompetenzen der Pools gerade im letztgenannten Segment der Gewerbe- und Industriemakler sind sicherlich nicht so stark ausgeprägt, wie im Privatkundenbereich. Je nachdem könnte die Konkurrenz in den verschiedenen Segmenten durch die Übernahmepläne der Pools größer werden.
procontra: Wie kann Policen Direkt hier mithalten?
Knein: Die Policen Direkt Maklergruppe unterscheidet sich grundsätzlich und in vielerlei Hinsicht von den genannten Pools. Zuallererst sind wir kein Pool, sondern selbst ein Versicherungsmakler. Somit haben wir grundlegend andere Zielsetzungen und Strukturen als ein Pool und können den Maklerunternehmen, die sich uns anschließen, einen komplett anderen Mehrwert bieten. Die Maklerunternehmen, die sich uns anschließen, suchen eher einen strategischen Partner, der sowohl im Bereich Digitalisierung als auch im Bereich Vertrieb Kompetenzen vorhält. Die Maklerhäuser, die wir übernehmen, führen wir zudem mit den Inhabern gemeinsam fort, sodass deren Lebenswerk auch langfristig erhalten bleibt. Auch unsere Umfirmierung zu Beginn des Jahres zur „Policen Direkt Maklergruppe GmbH“ unterstreicht diese Positionierung.
Nörtersheuser: Was uns hierbei auszeichnet ist eine sehr kooperative Unternehmenskultur. Die Maklerhäuser in unserer Gruppe tauschen sich regelmäßig aus, konzipieren die Strategie der Maklergruppe zusammen, und profitieren von den gemeinsamen Ideen der Gruppe. Zudem sind unsere Werte, unser Umgang mit Mitarbeitenden, und generell unsere Zielsetzung als Versicherungsmakler möglicherweise anders als die eines Maklerpools. Wir glauben, dass diese Themen für gut aufgestellte Maklerhäuser mindestens genauso wichtig sind, wie ein guter Preis für das Lebenswerk.
procontra: Welche Preise werden für einzelne Maklerhäuser derzeit aufgerufen? Ist hier eine Entwicklung feststellbar?
Nörtersheuser: Wir sehen, dass die Preise für Maklerbestände vor ein bis zwei Jahren gestiegen sind, insb. durch das Eintreten von größeren Private Equity Gesellschaften in den deutschen Maklermarkt. Seit ca. einem Jahr beobachten wir aber eher konstante Preise.
Knein: Wie hoch der tatsächliche „Preis“ für ein Maklerhaus ist, hängt neben der Größe des Unternehmens, von vielen weiteren Faktoren ab: Standort, Qualifikation des Teams, Kundenstruktur, Grad der Digitalisierung usw. Entscheidend ist selbstverständlich auch die Frage, was eigentlich gekauft wird: Bei einem Bestandskauf, schaut man sich vor allem den Versicherungsbestand an und bewertet diesen mit Multiples, typischerweise zwischen 1,5 bis 2,5. Bei einem Unternehmenskauf hingegen wird der Preis meistens über ein EBIT-Multiple festgelegt, welches die Profitabilität des Unternehmens widerspiegelt. Die Variation in EBIT-Multiples ist hierbei deutlich größer als die der Bestandsmultiples.
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procontra: Der Zukauf von Maklerhäusern erfordert viel Kapital. Wie finanziert Policen Direkt die Zukäufe?
Nörtersheuser: Wir sind stolz darauf, zu 100 Prozent in privater Hand zu sein und keine institutionellen Investoren wie Private Equity Fonds an Bord zu haben. Dies ermöglicht uns, gemäß unserem Motto, wirklich unabhängig zu sein, nämlich auch von den häufig kurzfristigen Interessen solcher Private Equity Investoren. Wir hegen eine langfristige Strategie, zu der der typische „fünf-Jahres-Kaufen-dann-Verkaufen-Zyklus“ eines Private Equity Fonds einfach nicht passt. Somit sind unsere Übernahmen auch ausschließlich durch Kapital der Policen Direkt-Gruppe und private Investoren finanziert.
Knein: Wir haben uns bewusst gegen die Option einer Private-Equity-Finanzierung entschieden und sind stolz darauf, zu Beginn des Jahres einen Privatinvestor mit einem langfristigen Investmenthorizont aufgenommen zu haben, der unseren Wachstumskurs auch nachhaltig unterstützt.
procontra: Die Konsolidierungswelle ist in vollem Gange. Welche Rolle spielt zukünftig die Größe des Unternehmens, um als Makler Erfolg zu haben?
Knein: Die Größe eines Maklers spielt natürlich eine wichtige Rolle. Zum einen bei vertrieblichen Themen, wie der Verhandlung von Courtagesätzen, der Entwicklung von Spezialdeckungskonzepten, und dem Vorhalten von spezifischem Sparten- und Branchen-Know-How. Zum anderen spielen aber auch die Themen Digitalisierung und Mitarbeitergewinnung in die Karten größerer Maklerhäuser bzw. -gruppen, da diese deutlich bessere Möglichkeiten und finanzielle Mittel haben als ein einzelnes, mittelständisches Maklerhaus. Aktuell ist die Tendenz klar zu erkennen, dass es für kleinere Versicherungsmakler immer schwieriger wird, mit den Entwicklungen der IT mitzuhalten, als auch die benötigten Talente für sich zu gewinnen.
Nörtersheuser: Um langfristig in dieser Marktsituation bestehen zu bleiben, benötigt ein Maklerhaus definitiv eine „gewisse Größe“. Diese Größe gilt es zügig zu erreichen, um weiterhin am Markt partizipieren zu können. Um genau diese Größe zu erreichen und nachhaltig zu expandieren, sollten sich viele Makler schnellstmöglich nach einem strategischen Partner umsehen.
procontra: Sie sprachen zuletzt von 15 Standorten, die Sie mit ihrer Maklergruppe besetzen wollen. Hat dieses Ziel weiterhin Bestand oder müssen Sie es angesichts der verstärkten Konkurrenz anpassen?
Knein: Ja, dieses Ziel hat weiterhin Konstanz. Wir sind dieses Jahr mit sechs Zukäufen bereits kräftig gewachsen und haben unsere Anzahl an Standorten mehr als verdoppelt. Mit unseren aktuell neun Standorten deutschlandweit befinden wir uns auf einem guten Weg zu unserem mittelfristigen Ziel von 15 Standorten. Jedoch möchten wir uns durch diese Zahl nicht „einschränken“ lassen – wir haben auch durchaus Interesse 20 Standorte oder mehr zu führen – wichtig ist hierbei aber immer eine gewisse Größe je Standort. Und natürlich auch die Qualität der Maklerhäuser, denn wir möchten unsere Maklergruppe mit den besten Maklern in Deutschland aufbauen.
Nörtersheuser: Wir glauben weiterhin fest daran, dass wir das Ziel von 15 Standorten auch mittelfristig erreichen werden. Und zwar trotz der verstärkten Konkurrenz durch andere Maklergruppen oder Pools, denn wir gehen davon aus, dass sich unsere kooperative Unternehmenskultur, unser Qualitätsanspruch und unser Finanzierungsmodell langfristig durchsetzen werden.
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