Finanztest: Neuer BU-Test mit Tücken

Die BU-Versicherung ist ein weiteres Mal erneut von Finanztest untersucht worden. Erneut kann das Ergebnis nicht ohne kritischen Kommentar bleiben. Den gibt ein BU-Makler. Berater kommen gerade wegen der Intransparenz des Tests weiter nicht ohne eigene Marktrecherche aus.

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06:04 Uhr | 26. April | 2021
Finanztest will viele BU-Punkte geprüft haben, ohne dass es eine nachvollziehbare Ergebnis-Darstellung im Heft gibt, bemängelt Makler Matthias Helberg. Bild: Uwe Lewandwoski

Finanztest will viele BU-Punkte geprüft haben, ohne dass es eine nachvollziehbare Ergebnis-Darstellung im Heft gibt, bemängelt Makler Matthias Helberg. Bild: Uwe Lewandwoski

Regelmäßig alle zwei Jahre untersucht die Stiftung Warentest aktuelle Tarife von Berufsunfähigkeits-Versicherungen, regelmäßig hagelt es dafür Kritik. Diesmal wurde nach den preiswertesten Angeboten für selbstständige BU-Policen und für BU-Zusätze zur Risiko-Lebensversicherung gefragt. Alle anderen Tarifvarianten blieben außen vor, insbesondere Tarife mit Beitragsrückgewähr und BUZ-Schutz bei Fondspolicen, aber auch Spezialtarife, die nur über Makler zu bekommen sind.

Ergebnis, veröffentlicht in der Mai-Ausgabe von Finanztest: Von 71 BU-­Policen bekommen 35 Angebote, also fast die Hälfte, die Bestnote (sehr gut), weitere 32 werden „gut“ beurteilt und nur vier „befriedigend“. Man finde also eine große Auswahl an Angeboten mit geeigneten Vertragsbedingungen, schreibt Finanztest. Auch die Fragebögen für den Gesundheitsstatus, den Kunden vor Vertragsschluss beantworten müssen, wurden bewertet; das Ergebnis floss in das Qualitätsurteil ein. Ebenfalls gut: „Unter den Spitzenreitern im Test gibt es auch günstige Angebote“, so Finanztest. Gemeint sind damit preisgünstige Offerten.

Beim Makler das Wort „unabhängig“ vergessen

Nicht für jeden ist es einfach, einen Vertrag zu bekommen. Finanztest rät daher: „Wer vorerkrankt ist, einen riskanten Beruf hat oder einem gefährlichen Hobby nachgeht, sollte sich an mehrere Versicherer wenden.“ Denn deren Annahmekriterien seien unterschiedlich. Auch Versicherungsmakler oder unabhängige Versicherungsberater können beim Vertragsabschluss weiterhelfen, heißt es. Dass Makler ebenfalls unabhängig sind und im Lager des Kunden stehen, hat sich bei den Warentestern offenbar immer noch nicht herumgesprochen.

Zur Testmethodik: Da bleibt die Auswahl der Kriterien wieder so willkürlich wie in den Vorjahren. Bei den Versicherungsbedingungen (gehen zu 75 Prozent in die Wertung ein) „arbeiten wir die verbraucherrelevanten Aspekte heraus“, erklärt Finanztest. Aber gleichzeitig werden in der Bewertung „Kriterien, die sich bereits in allen Tarifen und auch nahezu identisch finden, niedriger oder gar nicht bewertet“. Kriterien, die sich etwa auf die Flexibilität des Produktes beziehen, wird „mehr Gewicht gegeben“.

Diese Einschränkung könnte sich kein Makler erlauben, weil sie den Kunden womöglich aufs Glatteis und den Berater geradewegs in die Haftung führt. Zudem sind lediglich zehn Kriterien und einige Unterpunkte zu wenig, um das Kleingedruckte zu beurteilen.

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Was ein Spezialmakler vom Test hält

Kritik kommt daher erwartungsgemäß wieder aus dem Lager der spezialisierten Makler. Matthias Helberg aus Osnabrück schreibt in einem Blog-Beitrag: „Verglichen mit den Falschaussagen, Fehlern und verhängnisvollen Tipps der letzten Jahre stellt der Artikel eine deutliche Verbesserung dar.“ Kritisch sieht er jedoch wieder den eigentlichen Test. Viele Kriterien wurden erneut nicht berücksichtigt oder für den Leser nicht nachvollziehbar dargestellt.

Die ausgewiesenen acht Prüftkriterien der BU-Bedingungen haben sich nicht wesentlich geändert: Verzicht auf abstrakte Verweisung; Sechs-Monats-Prognose; rückwirkende Leistung bei verspäteter Meldung; Verzicht auf Meldepflicht gesundheitlicher Verbesserungen im Leistungsfall; Nachversicherungsgarantie von 1.000 auf 2.000 Euro BU-Rente; Verlängerungsoption bei Anhebung der Regelaltersgrenze; garantierte Rentensteigerung/Leistungsdynamik; mehrmalige Stundungsmöglichkeit mindestens 12 Monate.

Außerdem will man zehn weitere Punkte geprüft haben, „ohne dass es irgendeine nachvollziehbare Ergebnis-Darstellung in der Finanztest-Tabelle oder im Artikel gibt“, bemängelt Helberg. Beispiele: zinslose Stundung während der Leistungsprüfung; weltweiter Versicherungsschutz; Versicherer verlangt keine Mitteilung über einen veränderten Gesundheitszustand oder Aufnahme einer Berufstätigkeit.

Testmethodik in weiten Teilen intransparent

Bei den geprüften Antragsfragen im BU-Test 2021, die zu 25 Prozent in die Finanztest-Bewertung eingehen, wird lediglich ein einziges Ergebnis ausgewiesen: Fragt der Versicherer zu ambulant behandelten psychischen Erkrankungen maximal nach den letzten fünf Jahren? „Bewertet haben will man aber sechs weitere Punkte – ohne jede Ergebnisdarstellung“, kritisiert Helberg: Beispiele: ob im Antragsformular mit einfachen Worten und drucktechnisch deutlich auf die Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflicht hingewiesen wird; ob auf Fragen nach unbehandelten Störungen und Beschwerden für längere Zeiträume verzichtet wird.

Helberg fehlen damit wiederum 18 existenziell wichtige Punkte bei Finanztest, was er schon 2017 kritisiert hatte. Zudem eigneten sich Musterkunden nicht für Tests, da niemand exakt dem Musterkunden entspreche. Finanztest hatte sich auf den Jahresbeitrag für diese drei Modelle bis zum Endalter 67 konzentriert: Controller (30, 2.000 Euro BU-Rente pro Monat), Industriemechaniker (25, 1.500 Euro Rente), medizinischer Fachangestellter (25, 1.000 Euro Rente). Mehr erfahren die Leser nicht.

Warum procontra keine Finanztest-Sieger publiziert

„Jede Abweichung vom Musterkunden kann andere Ergebnisse für den einzelnen bringen“, so Helberg. Insofern seien die angegebenen Preise wertlos. In Zeiten von „Berufsgruppen-Bingo“ sei das mit der Beitragskalkulation einer BU-Police nicht mehr so einfach, da bei vielen Anbietern inzwischen einfach mehr Faktoren eine Rolle spielten als die Stiftung Warentest nennt.

Der Test bleibe somit oberflächlich, Hintergrunddetails erfahre der Leser nicht und die gewählten Rentenhöhen für Musterkunden seien zu niedrig. Das Durchschnittseinkommen betrug 2020 laut Statista 3.975 Euro brutto in Vollzeit. Helbergs Fazit: „Ohne den eigentlichen Test wäre der Artikel in Finanztest bestimmt nützlich für Verbraucher.“ Sein Rat an Finanztest: Man möge künftig die Kriterien, die aus Platzgründen nicht ins Heft passen, öffentlich einsehbar auf die Website stellen.

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