Finanztest: Schwache Rentenberatung bei DRV

Die Altersvorsorgeberatung der Deutschen Rentenversicherung Bund lässt stark zu wünschen übrig. Unerwartet heftige Kritik kommt von der ebenfalls staatsnahen Stiftung Warentest. Alternativen zur staatlichen Beratung werden dem Leser vorenthalten.

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07:09 Uhr | 24. September | 2019
Die Deutsche Rentenversicherung berät schlechter als erwartet zur Altersvorsorge, kritisiert die Stiftung Warentest.

Die Deutsche Rentenversicherung berät schlechter als erwartet zur Altersvorsorge, kritisiert die Stiftung Warentest. Bild: Finanztest

Die Stiftung Warentest gab sich kürzlich investigativ und schickte 80 Tester im gesamten Bundesgebiet in die Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund). Die ist regional gegliedert und besteht aus insgesamt 16 Rentenversicherungsträgern, die 163 Auskunfts- und Beratungsstellen unterhalten.

Das Ergebnis, veröffentlicht in Finanztest 10/19, überrascht angesichts der früheren Empfehlungen der Warentester, jeden Riester-Kunden und Zusatzrentenwilligen lieber ins Gespräch mit der DRV als zu einem Versicherungsvermittler zu schicken.

Der Test ergab „eine schwache Leistung“, das Gesamturteil lautet nur „Ausreichend“. Pro Träger hatten jeweils fünf geschulte Personen ein Gespräch in den verschiedenen Beratungsstellen reserviert. Gefragt wurde, wie hoch ihre Altersrente voraussichtlich sein wird. Und was man tun kann, um das Einkommen im Alter soweit zu erhöhen, dass der Lebensstandard im Ruhestand gehalten werden kann. Die Tester brachten alle relevanten Unterlagen auch über private oder betriebliche Anwartschaften mit.

Gesetzlichen Beratungsauftrag schlecht ausgeführt

Bewertet wurden die Gespräche nach vier Kriterien:

Ergebnis: Die Informationen zum eigenen gesetzlichen Rentenanspruch waren im Test noch befriedigend, schreibt Finanztest. Viel zu selten ermittelten die Berater aber das Gesamt-Renteneinkommen aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge („ausreichend“). Der Rat zum Ausbau der Rentenansprüche fehlt häufig, so dass es für den Teilbereich „Lösen des Beratungsanliegens“ folgerichtig eine „mangelhafte“ Beurteilung gab.

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Bedenklich: In den 80 Beratungsgesprächen bezogen laut Bericht nur 15 Berater alle Rentenansprüche (gesetzlich, betrieblich und privat) in ihre Auswertung ein. Ebenfalls nur 15 Berater nutzten für die systematische Erfassung der Rentenansprüche den Analysebogen der DRV. Und nur 14 Berater sprachen in den geführten Gesprächen das Thema Rentenlücke an.

Die besten Beratungen erlebten die Tester bei den Rentenversicherungsträgern Baden-Württemberg, Nordbayern und Bayern Süd. Die Schlusslichter bildeten Rheinland, Westfalen, Oldenburg-Bremen und Mitteldeutschland. Die Terminvereinbarung war teilweise schwierig. In einer Beratungsstelle in Rheinland-Pfalz etwa musste der Tester „mehr als vier Monate auf seinen Termin warten und erhielt dann doch keine umfassende Altersvorsorgeberatung“, schreibt Finanztest.

Dennoch empfiehlt Finanztest: „Jeder sollte den Termin wahrnehmen“ - bei der DRV. Eine Begründung gibt es nicht. Lediglich wird an einer Stelle darauf hingewiesen: „Eine Alternative zur Beratung bei der Rentenkasse gibt es nicht.“ Folgerichtig wird den Versicherten empfohlen, sich selbst gut auf ein solches Gespräch vorzubereiten.

Finanztest verschweigt Alternativen zur Beratung

Doch es gibt sehr wohl Alternativen zur Rentenberatung: kostenpflichtig bei den Rentenberatern, die zum Sozialrecht beraten und wie Anwälte bezahlt werden. Auch Versicherungsberater mit Zulassung nach Paragraf 34d GewO beraten unabhängig zur Altersvorsorge (gegen Honorar) und beziehen dabei die gesetzlichen Rentenansprüche mit ein. Zunächst kostenlos tun dies auch Versicherungsmakler und gebundene Versicherungsvermittler. Bei Abschluss neuer Policen wird Courtage beziehungsweise Provision fällig.

Der Artikel „Gesetzliche Rentenversicherung“ allein kostet online 1,50 Euro, das gesamte Heft als E-Paper 4,99 Euro.

Kompetenz hat sich die DRV-Bund bei der strategischen Altersvorsorge-Analyse und -forschung erworben. So arbeitet man auch am Projekt „säulenübergreifende Vorsorgeinformation“ mit, die laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung für die Legislaturperiode bis 2021 angepeilt wird (procontra berichtete). Die DRV-Bund schlägt dazu als ersten Schritt den Aufbau eines „Registers“ für Betriebsrentenanwartschaften durch Arbeitgebermeldung vor.

Kürzlich hat die DRV die aktuell diskutierten Zusatzrentenmodelle „Deutschlandrente“, „Extrarente“ und „Vorsorgekonto“ analysiert. Fazit: Die Vorschläge lassen viele Fragen offen und sind insgesamt unbefriedigend (procontra berichtete). Der geplante Standard-Riester (procontra berichtete) wurde dabei nicht beleuchtet.

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