Lebensversicherung: Dynamikanpassung mit niedrigerer Garantie?
Lange haben die Lebensversicherer das Kernelement klassischer Produkte, den Risikoausgleich im Kollektiv und in der Zeit, erhalten können und dabei zu jeder Zeit eine volle Beitragsgarantie geboten. Den Trend zu reduzierten Garantien, etwa auf den Erhalt der eingezahlten Beiträge nur noch bei Ablauf des Vertrages, gibt es schon länger (procontra berichtete).
Im Neugeschäft kommt schon jetzt bei einer 100-Prozent-Beitragsgarantie am Ende nie die Summe eingezahlter Beiträge für den Kunden heraus (procontra berichtete). Kürzlich hat Finanztest (April-Heft) die Kapitalerträge der Lebensversicherer 2016 bis 2018 ins Verhältnis zu den Garantieverpflichtungen gesetzt. Ergebnis: 31 von 79 Anbietern schaffen es nicht mehr, in jedem Jahr die Garantien in vollem Umfang aus den Kapitalerträgen zu erwirtschaften. Um die Garantien zu erfüllen, mussten sie Geld aus anderen Quellen zuschießen und schmälern damit die Überschussbeteiligung der Kunden erheblich.
Doch nicht nur die Überschussbeteiligungen stehen bei vielen Gesellschaften auf der Kippe. „Einige versuchen zudem, die Garantieleistung zu beschneiden“, schreibt Finanztest. Bei Verträgen mit Dynamik solle dann für die Erhöhungsbeiträge ein deutlich niedriger Garantiezins gelten als bei Vertragsabschluss. Betroffen hiervon seien Zehntausende Kunden der Debeka mit privaten Renten- und Riester-Versicherungen.
Seite 1: Was die Debeka bei Dynamikerhöhung probiert hatSeite 2: So erfolgreich haben sich Kunden gewehrt
Not macht Versicherer erfinderisch
In einem Fall wurde die Debeka-Privatrente, zu 2,25 Prozent Garantiezins mit zweijähriger Dynamisierung abgeschlossen, Ende 2017 mit nur noch 0,9 Prozent Garantiezins für den Erhöhungsbetrag weitergeführt. Als der Kunde widersprach, wiegelte der Versicherer ab: man habe ihn bisher freiwillig „bessergestellt“ als vertraglich vereinbart. Der Kunde klagte daraufhin. Erst da lenkte die Debeka ein, der verringerte Zins sei eine bedauerliche Fehlinformation unsererseits. Daraufhin zog der Kunde die Klage zurück, schreibt Finanztest.
In einem anderen Fall geschah genau dasselbe bei einer Debeka-Riester-Rente. Hier kam es zum Prozess: Die Versicherungsbedingungen geben eine Kürzung für die Verzinsung des Erhöhungsbetrages nicht her, entschied das Amtsgericht Bamberg (Az.: 0103 C 1015/17 – rechtskräftig). Das Landgericht Köln hat für einen Basisrenten-Vertrag anders entschieden, aber da ging es um großvolumige Sonderzahlungen (Az.: 26 O 424/16).
Makler sollten Kunden bei Gegenwehr helfen
Finanztest rät, sich gegen die niedrige Verzinsung der Erhöhungsbeiträge zu wehren, wenn dies nicht eindeutig im Vertrag geregelt ist. Andernfalls bekommen Kunden später eine geringere Rente als angenommen. Der Tipp ist goldrichtig, obwohl Makler keine Verträge der Debeka vermitteln. Gleichwohl gilt die Koblenzer Gesellschaft als kundenfreundlicher Anbieter, der regelmäßig in Ratings weit vorn platziert war. Der aktuelle Geiz zeigt, wie heftig die Verwerfungen durch die Niedrigzinsphase sein müssen. Allein 2018 lag der Fehlbetrag bei den Kapitalerträgen laut Finanztest bei 225,8 Millionen Euro.
„Die Anwendung der aktuellen Rechnungsgrundlagen auf dynamische Erhöhungen oder Eigenbeitragserhöhungen erfolgt entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen in den AVB“, heißt es in einer Stellungnahme der Debeka. Die Darstellung in Finanztest gebe nicht die tatsächlichen Gegebenheiten wieder. „Bei der Entscheidung des AG Bamberg handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die wir für unzutreffend halten und die in der Folge auch von keinem anderen Gericht bestätigt wurde“, sagte ein Sprecher auf Nachfrage von procontra.
Darüber hinaus sei der geschilderte Einzelfall zur Debeka-Privatrente von dieser Thematik gar nicht betroffen. Die „Besserstellung der Kunden“ sei darin begründet, dass eine seit Vertragsbeginn vereinbarte Regelung über viele Jahre zugunsten der Kunden nicht angewendet wurde. Von der Anwendung seien vielmehr nur die Erhöhungsbeiträge und dynamischen Erhöhungen seit 1. Januar 2017 betroffen.
Seite 1: Was die Debeka bei Dynamikerhöhung probiert hatSeite 2: So erfolgreich haben sich Kunden gewehrt