Lebensversicherung: Welche Vertragsformen hoch im Kurs stehen

Die Lebensversicherung wird häufig als Auslaufmodell bezeichnet. Trotz Niedrigzinsen hält sich die Altersvorsorge der Assekuranz aber mit modernen Ausprägungen hartnäckig am Markt. Was die Ergebnisse 2019 zeigen und wo der stärkste Umsatz herkommt.

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07:07 Uhr | 22. Juli | 2020
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Durch das BRSG hat besonders die Verbreitung der Direktversicherung neuen Schub bekommen“, sagt GDV-Geschäftsführer Peter Schwark. Bild: GDV

Die laufende Gesamtverzinsung für Lebensversicherungen über alle Produktarten und Tarifgenerationen hinweg sinkt gegenüber 2020 weiter leicht um 0,09 Prozentpunkte und liegt im arithmetischen Mittel bei 2,74 Prozent (2013: 3,63 Prozent). Das zeigte die Studie „Überschussbeteiligung 2020“ der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur (procontra berichtete).

Das kann sich angesichts fehlender Alternativen bei sicheren Anlageformen sehen lassen. Gleichwohl setzt sich setzt sich die Transformation weiter fort, so Assekurata weiter. Die Branche verzeichnete 2019 die stärksten Zuwächse bei Produkten der Neuen Klassik, Index- sowie Hybridpolicen. Auch fondsgebundene Lebensversicherungen konnten im Neugeschäft zulegen (procontra berichtete). Entscheidend für erfolgreiche Transformation ist unter anderem die Ertrags- sowie Kapitalkraft der jeweiligen Gesellschaft.

Lebensversicherung boomt

Aktuell boomt der Umsatz. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verzeichneten Lebensversicherer 2019 ein Beitragsplus von 11,3 Prozent auf 102,5 Milliarden Euro. Der Sprung kam ausschließlich aus dem Geschäft mit Policen gegen Einmalbeitrag, das um 37,1 Prozent auf 38,2 Milliarden Euro explodierte. Das Geschäft gegen laufenden Beitrag stagnierte bei 64,3 Milliarden Euro (procontra berichtete).

Wie dem Jahrbuch „Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2020“ weiter zu entnehmen ist, legte die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge um 5,4 Prozent auf 5,2 Millionen Stück zu. Die Stornoquote blieb mit 2,68 Prozent des durchschnittlichen Vertragsbestands auf niedrigem Niveau (2018: 2,63 Prozent). Stark im Plus waren auch die ausgezahlten Leistungen. Diese stiegen um 7,4 Prozent auf 86,2 Milliarden Euro, entsprechend 236 Millionen Euro pro Tag.

Ende 2019 bestanden 87,1 Millionen Verträge bei Lebensversicherern und deren Pensionskassen und Pensionsfonds (2018: 87,7 Millionen). Davon entfallen über 50 Prozent auf Rentenversicherungen (rund 44 Millionen Verträge). Allein 2019 kamen rund 293.200 neue Riester-Verträge hinzu (-2,1 Prozent). Der laufende Beitrag dieser neuen Riester-Verträge belief sich 2019 auf 477 Millionen Euro (+3,2 Prozent). Auch bei Riester gilt also wie bei der gesamten Lebensversicherung: Totgesagte leben länger.

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Betriebsrente als Umsatztreiber

Wichtigster Umsatzpfeiler war erneut die betriebliche Altersversorgung (bAV). Die Zahl der Neuabschlüsse stieg um 150.000 auf rund 16,3 Millionen Verträge. Damit entfällt fast jeder fünfte Lebensversicherungsvertrag (18,7 Prozent) auf die bAV. Bezogen auf das Beitragsvolumen erreicht die bAV sogar einen Anteil von fast einem Viertel (23,8 Prozent).

„In den letzten beiden Jahren hat besonders die Verbreitung der Direktversicherung durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz neuen Schub bekommen“, sagt GDV-Geschäftsführer Peter Schwark. Deren Zahl stieg 2019 um 1,4 Prozent auf rund 8,5 Millionen Verträge, der laufende Beitrag für ein Jahr legte um rund 4,6 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro zu.

„Weitere Impulse dürften nicht zuletzt die aktuell beschlossenen Verbesserungen beim Geringverdiener-Zuschuss geben“, hofft Schwark. Im Huckepack der Grundrenten-Gesetzgebung wird die Geringverdienerförderung aufgestockt (procontra berichtete). Das dürfte auch das Vertriebspotenzial für bAV-Berater stärken. Immerhin wird der Förderbetrag in der vom Arbeitgeber finanzierten bAV für Geringverdiener (Bruttolohn bis zu 2.200 Euro) von derzeit 144 auf maximal 288 Euro angehoben (Artikel 6 Absatz 2 im Gesetz zur Einführung der Grundrente) – rückwirkend schon ab Jahresbeginn 2020.

Mehr Geringverdiener gefördert

Das Grundprinzip bisher: Gewährt der Arbeitgeber für Geringverdiener mit maximalem Monatsbrutto von 2.200 Euro erstmalig (ab 2018) mindestens 240 Euro (maximal 480 Euro) für die bAV pro Jahr, kann er 30 Prozent von seiner Lohnsteuer einbehalten (also 72 bis maximal 144 Euro).

Mit der Verdopplung der steuerlichen Abzugsmöglichkeit soll ein Anreiz für den Arbeitgeber geschaffen werden, über den bisher förderfähigen Höchstbetrag (nach Paragraf 100 EStG) hinausgehende Beiträge für Geringverdiener zu einer bAV zu leisten. Die Arbeitgeberbeiträge bleiben hierfür steuerfrei. Die Steuerfreistellung steigt dementsprechend in gleichem Maße wie die Erhöhung der Geringverdienerförderung.

Regelmäßige Lohn- und Gehaltssteigerungen führen dazu, dass Arbeitnehmer mit geringem Einkommen aus dem Kreis der Begünstigten herauswachsen. Um dem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber mit dem Grundrentengesetz die monatliche Einkommensgrenze rückwirkend ab Jahresbeginn 2020 von 2.200 Euro Bruttoeinkommen auf 2.575 Euro angehoben (Gesetz in der Fassung der Bundesrats-Drucksache 387/20 vom 3. Juli).

Hinweis: Mehr Zahlen, Daten und Fakten zur deutschen Lebensversicherung sind im procontra LV-Check zusammengetragen.

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