„Wir wissen: Alle gucken auf uns.“ Mit diesen Worten wurde gestern Viridium-Chef Heinz-Peter Roß im Handelsblatt zitiert. Unter dem thematischen Aspekt des Run-offs ist seine Einschätzung vermutlich richtig. Denn die Übernahme von rund 4 Millionen klassischen Lebensversicherungsverträgen von der Generali Lebensversicherung war schon lange bevor die BaFin den Deal im April 2019 genehmigte, eines der großen Gesprächsthemen in der Branche. Auch lange danach erhitzt der „Verkauf des Kundenvertrauens in eine Marke“ noch die Gemüter.
Wie das Handelsblatt weiter berichtet, sei die organisatorische Integration der Generali Leben inzwischen weitgehend abgeschlossen. Im Februar sollen nun die Finanzsysteme angebunden werden, die wiederum Voraussetzung seien für die technische Integration der Verträge.
Kommt eine Kündigungsflut?
Und was folgt dann? So mancher in der Branche geht von einer Kündigungsflut aus, die die Proxalto Lebensversicherung AG – diese Gesellschaft wird innerhalb der Viridium-Gruppe die früheren Generali-Verträge abwickeln – erreichen könnte. Auch deshalb, weil diese für das Jahr 2020 mit 1,25 Prozent die geringste laufende Verzinsung aller deutschen Lebensversicherer deklariert hat.
Aus statistischer Sicht ist es hingegen sehr wahrscheinlich, dass die früheren Generali- und heutigen Proxalto-Kunden ihre Vertragslaufzeit auch beim neuen Anbieter absitzen werden. Dieser Trend lässt sich zumindest aus der Studie „Run-off in der Lebensversicherung 2019“ ablesen. Die Studienautoren von der Kölner Rating-Agentur Assekurata haben dafür die Stornoquote des gesamten Lebensversicherungsmarktes (Geschäftsjahre 2009 bis einschließlich 2018) mit einer Vergleichsgruppe von Run-off-Gesellschaften (Athora, Entis, Frankfurter Leben, Heidelberger Leben, Skandia, Victoria) verglichen.
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Ergebnis: Die Stornoquote bei den Run-off-Gesellschaften (3,35 Prozent) lag 2018 bereits zum dritten Mal in Folge unter dem Gesamtmarktniveau (4,24 Prozent). Auch nach Abzug von sogenannten Frühstornos, die vor allem im Neugeschäft auftreten und deshalb geschlossene Bestände deutlich weniger tangieren, liegt die Stornoquote der Run-off-Plattformen unter der des Marktdurchschnitts (3,88 Prozent).
Assekurata-Analystin Alina Trierscheid erklärt: „Unter rein finanzrationaler Betrachtung sind die geringen Stornoquoten von Run-off-Gesellschaften wenig überraschend. Denn eine vorzeitige Beendigung eines Lebensversicherungsvertrags hat für den Versicherungsnehmer oft negative Auswirkungen. Demzufolge ist das Storno eines Vertrags, vor allem im anhaltenden Niedrigzinsumfeld, nur in äußerst wenigen Fällen sinnvoll.“
Dennoch wird es interessant zu beobachten sein, ob sich dieser Trend auch auf die neue Größenordnung von Proxalto übertragen lässt. Schließlich hat sich mit dem Kauf der Generali-Verträge das Volumen von Lebensversicherungen im externen Run-off auf einen Schlag mehr als verdreifacht.
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