Die Digitalisierung ändere das Kundenverhalten und der Vertrieb werde sich anpassen müssen, hieß es 2013 in „Change Management in Versicherungsunternehmen: Die Zukunft der Assekuranz“. Die Autoren schrieben dort in dem Kapitel „Auf dem Weg zum Omni-Kanal“, dass sich Versicherer neu erfinden müssten. Schon damals taucht der Begriff des Hybrid-Kunden auf, der seinen Anbieter sowohl online als auch offline ansprechen will.
Doch was bedeutet das konkret in der Umsetzung? Haben sich die Prognosen erfüllt? Und wie wirkt sich das im Dreieck zwischen Kunde, Makler und Versicherer aus? Wer Antworten auf diese Fragen will, tut gut daran, sich einer ganz besonderen Berufsgruppe zu nähern: den Maklerbetreuern. Sie bilden das Bindeglied zwischen Versicherern und ungebundenem Vertrieb. Über sie erhält man sowohl Einblicke in das „Change Management“ der Versicherer als auch in die Welt der Maklergilde. Um genau solche Einblicke zu bekommen, befragte procontra die „Besten Maklerbetreuer Deutschlands“. Diese wurden im Herbst 2019 von 2.000 Teilnehmern auf der Onlinemesse profino ermittelt.
Auch die Versicherer selbst kommen zu Wort. Und zwar jene, deren Betreuung von den Maklern besonders geschätzt wird. Namentlich sind das laut „Maklers Lieblinge 2019“: LV 1871, Volkswohl Bund und Alte Leipziger. Alle drei Versicherer setzen nach wie vor auf eine aktive und persönliche Maklerbetreuung.
Einen etwas anderen Weg geht hingegen die Deutsche Familienversicherung (DFV). Wie sich die Frankfurter eine Maklerbetreuung ohne klassische Maklerbetreuer vorstellen, erläuterte Vertriebsvorstand Stephan Schinnenburg gegenüber procontra. Nichtsdestotrotz hat sich auch aus Sicht der Versicherer einiges in der Maklerbetreuung verändert. So sei die Betreuung weniger auf das Produkt fokussiert, stellt Hermann Schrögenauer, Vertriebsvorstand der LV 1871, gegenüber procontra fest. Die „reine Produktvorstellung oder Bewerbung hauseigener Themen“ finde so nicht mehr statt, teilt auch Magnus Erkelenz, Leiter Maklervertrieb der Volkswohl Bund Versicherungen, die Beobachtung.
Fokuswechsel: Das sind die Treiber
Ganz altruistisch ist der Fokuswechsel in der Maklerbetreuung allerdings nicht. Der Paradigmenwechsel wird durch zwei Entwicklungen vorangetrieben. Zum einen sind Kunden heute informierter. Das gilt auch für Makler. Reine Produktvorstellungen, die sich auf den mehr oder weniger gelungenen Vortrag von Produkt- Highlights beschränken, sind unnötig. Nun könnte man einwenden: Das waren sie auch schon vorher, und trotzdem hat das kaum einen Versicherer davon abgehalten. Der Einwand trifft zu und führt direkt zum zweiten wesentlichen Treiber für die Fokus- Verschiebung in der Maklerbetreuung. Der ist in den regulatorischen Vorschriften zu finden, die die Stellung des Maklers als Sachwalter seiner Mandanten stärken. Vor der Umsetzung der IDD in deutsches Recht warnte Prof. Matthias Beenken, dass Makler, die sich von Versicherern Umsatzziele setzen oder vergüten lassen, Gefahr laufen, sich in einen Interessenkonflikt zu begeben. Dass sich der Fokus in der Maklerbetreuung vom Produktabsatz entfernt, lässt sich also einerseits damit begründen, dass Endkunden und Makler etwa durch die ständige Verfügbarkeit von Dokumenten und Daten besser informiert sind. Der Markt ist transparenter geworden. Zum anderen verstärkt die Regulierung diese Fokus-Verschiebung. In der Berufspraxis von Maklerbetreuern wirkt sich das beispielsweise so aus, dass „klassische Maklertermine“ heute kaum noch stattfinden. Das belegen etwa Aussagen von Arne Martin (Janitos) oder Doreen Gossert (KS Auxilia). Die Zeiten, in denen der Erfolg von Maklerbetreuern in wahrgenommenen Pflichtterminen gemessen wurde, scheinen zumindest bei jenen Versicherern der Vergangenheit anzugehören, deren Maklerbetreuung als gut eingeschätzt wird.
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Wodurch sich Maklerbetreuung heute auszeichnet
Doch wohin verschiebt sich der Fokus in der Maklerbetreuung? Laut LV 1871 geht es nunmehr eher um einen ganzheitlichen Ansatz. Vermittler würden heute Unterstützung und Angebote bei „zeitgemäßen Vergütungsoptionen“ und Hilfestellung im Umgang mit der Digitalisierung erwarten, so Schrögenauer. Erkelenz (Volkswohl Bund) hat beobachtet, dass es Maklern heutzutage mehr um Kundengewinnung, Zielgruppenansprache, Vereinfachung von Prozessen zwischen Makler und Produktgeber bis hin zu echter betriebswirtschaftlicher Beratung gehe. Dieser Tenor findet sich auch, wenn man die Antworten der „Besten Maklerbetreuer Deutschlands“ auswertet. So schreibt zum Beispiel Denes Caro (blau direkt): „Heute hilfst du mehr bei der Integration von digitalen Prozessen. Als Maklerbetreuer bist du ein Stück weit Innovationsbeauftragter des Maklers.“ Ähnlich formuliert auch Frank Kettnaker, Vorstand Vertrieb/Marketing der Alte Leipziger: „Die Anforderungen an die Unterstützung bezüglich fachlicher und technischer Qualität sind gestiegen. Neben fachlichem Support werden immer öfter Verkaufskonzepte von uns erwartet.“ Um einem solchen Anspruch gerecht zu werden, müssen klassische Vertriebsaufgaben wie Verkauf, Beratung und Verhandlungsführung mit analytischen Fähigkeiten kombiniert werden. Zudem steigen auch die Anforderungen an die sozialen Kompetenzen. Fragt man die „Besten Maklerbetreuer Deutschlands“, welche ihrer Eigenschaften von den Maklern besonders geschätzt werden, finden sich oft Angaben wie „Ehrlichkeit“, „Zuverlässigkeit“ oder auch die Fähigkeit, gut zuhören zu können. Das Ergebnis ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Soft Skills auch weiterhin entscheidend für erfolgreiche Maklerbetreuung sind. „Heute geht es in meinem Job viel mehr um Businesslösungen und Perspektiven als um die bloße Präsentation von Produkten. Wir liefern Mehrwerte für die Geschäftstätigkeit – so wird der Maklerbetreuer heute zum Business Consultant“, so Markus Gedigk (LV 1871).
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Maklerbetreuer als Problemlöser
Maklerbetreuer werden zunehmend als Problemlöser wahrgenommen. Der Fokus in der Maklerbetreuung verschiebt sich also vom verkaufsorientierten zum lösungsorientierten Ansatz. Der Betreuer muss sich je nach Makler auf ganz eigene Problemfelder einlassen. Einfühlungsvermögen ist an dieser Stelle notwendig, um sich in den Geschäftspartner hineinversetzen zu können. Die nötige Zeit dafür gewinnen Maklerbetreuer so, wie Makler Zeit für ihre Beratungsgespräche beim Kunden gewinnen: durch den sinnvollen Einsatz technischer Unterstützung. Webinare, Skype- Konferenzen oder Produktiv-Apps sind bei Maklern und Maklerbetreuern im Einsatz. Mit dem klassischen Maklerbetreuer von früher, der auf Pflichtterminen Produkte in aller Ausführlichkeit vorstellt, hat der Maklerbetreuer von heute eigentlich nur noch den Namen gemein. Der Job ist wesentlich anspruchsvoller geworden. Dazu tragen weitere Entwicklungen bei. So gibt ein Großteil der Befragten an, dass sich der administrative Aufwand durch Regulierung und „hausinterne Reportings“ deutlich erhöht habe. „Heute im Workshop bei einer Großverbindung, morgen bei einer Besichtigung, dann zur Messe und zwischendurch noch Angebotsservice liefern“, beschreibt Maklerbetreuerin Sonja Zahlmann (Nürnberger) ihren Arbeitsalltag.
Weniger Betreuer - mehr Umsatz
Gerade wenn der Betreuer als „Einzelkämpfer“ unterwegs ist, stellt das ein Pensum dar, das kaum zu bewältigen ist. Eine Erkenntnis, die sich allerdings auch bei einigen Versicherern durchgesetzt hat. So gibt es zwar heute weniger Maklerbetreuer als früher (wie etwa bei Alte Leipziger). Doch die arbeiten oft in interdisziplinären Teams. Solche Modelle fanden sich zuerst bei Pools wie blau direkt oder maxpool (dort schon 2013). Inzwischen arbeiten Maklerbetreuer auch bei zahlreichen Versicherern so (etwa HDI oder KS Auxilia).
Ein weiterer Trend in der Maklerbetreuung: Es wird genauer überprüft, welche Makler zeitaufwendige Betreuung erhalten. Immer mehr Versicherer definieren sogenannte „Key Accounts“, die intensiver betreut werden. Als Gegenleistung steht der größere Umsatz. Ein Trend, der sowohl Konsolidierung als auch Spezialisierung im Maklermarkt befördern dürfte.
Hinweis: Der Text erschien zuerst in der Print-Ausgabe der procontra 06/19.
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