Maklerstatus: Einstufung als Handelsmakler gefährlich

Versicherer geben in Courtagezusagen oft den Maklerstatus nach Paragraf 93 HGB vor. Doch ein Handelsmakler ist für beide Seiten tätig, also für den Versicherer und den Kunden. Warum dies für den Makler gefährlich ist und was er tun sollte.

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08:02 Uhr | 22. Februar | 2019
Versicherungsmaklern empfiehlt Wilfried E. Simon, Dozent für Versicherungsrecht bei TÜV Rheinland-Akademie und IHK Koblenz, in der Courtagezusage auf dem Status nach Paragraf 59 VVG zu bestehen.

Versicherungsmaklern empfiehlt Wilfried E. Simon, Dozent für Versicherungsrecht bei TÜV Rheinland-Akademie und IHK Koblenz, in der Courtagezusage auf dem Status nach Paragraf 59 VVG zu bestehen. Bild: IGVM

Ist ein Versicherungsmakler Handelsmakler nach den Paragrafen 93 ff Handelsgesetzbuch (HGB) oder gemäß Paragraf 59 Absatz 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Verbindung mit Paragraf 34d Absatz 1 Gewerbeordnung (GewO)? „Einige Versicherer beharren in ihren Courtagezusagen darauf, dass er ein Handelsmakler ist, mit allen Rechten und Pflichten“, hat Wilfried E. Simon beobachtet.

„Änderungswünsche von Maklern, den Status gemäß Sachwalterurteil des BGH und VersVermV gemäß Paragraf 59 VVG zu definieren, werden häufig noch immer mit Hinweisen auf die Rechtsprechung der 80er Jahre zurückgewiesen“, so der Versicherungsmakler, Dozent und Vorstandsvorsitzende der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM). Mit welchem Recht will ein Versicherer bestimmen, nach welchem Status der Versicherungsmakler seinen Beruf ausübt - und dazu dann auch noch einen falschen Status vorgeben?

Noch heute steht sinngemäß im HGB: Ein Versicherungsmakler ist Handelsmakler, weil er gewerbsmäßig Versicherungen vermittelt. Doch seit 2006 gibt es ein Versicherungsvermittlergesetz – verbunden mit der VersVermV zum 22. Mai 2007 – und seit Ende 2007 ein neues VVG. Spätestens seitdem steht der Makler im Lager des Kunden. Doch das HGB wurde bis heute nicht korrigiert. Und damit besteht offiziell weiter eine widersprüchliche Gesetzeslage.

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Simon verweist auf die Probleme, die sich aus den unterschiedlichen Leitbildern ergeben. Der Handelsmakler unterliegt keiner Erlaubnis- und/oder Registrierungspflicht durch die Aufsichtsbehörden und wird grundsätzlich für beide Seiten tätig (Doppelrechtsverhältnis). Damit ist er beiden Seiten zur Maklertreue verpflichtet und haftet bei schuldhafter Sorgfaltspflichtverletzung beiden Parteien (nach Paragraf 98 HGB). Er hat aber grundsätzlich keine Tätigkeitspflicht. Soweit nichts anderes vereinbart wird, zahlen beide Parteien die Vergütung.

Völlig anders ist es beim Versicherungsmakler nach VVG/GewO: Er hat ausschließlich die Interessen seines Auftraggebers wahrzunehmen, muss eine Interessenkollision unter allen Umständen vermeiden und kann bei Verstoß sanktioniert werden. Zwingend ist eine gewerberechtliche Erlaubnis der zuständigen IHK zur Berufsausübung und die Eintragung in das Versicherungsvermittlerregister.

Versicherungsmakler nach VVG ist niemals neutral

Rechte und Pflichten zwischen Makler und Kunde werden im Maklervertrag geregelt. Der Makler geht dabei in der Regel ein Dauerschuldverhältnis ein, wenn er auch die Betreuung des Versicherungsbestandes des Kunden übernimmt. Mit Ausnahme der Vergütung für erfolgreiche Vermittlung von Nettopolicen zahlt der Auftraggeber über den Beitrag die Vergütung für Makler an den Versicherer, der sie an den Makler weiterzuleiten hat.

Anders als beim Handelsmakler ist die Courtage jedoch nicht mit dem Zustandekommen des Vertrages verdient, sondern erst dann, wenn die Beiträge vereinnahmt wurden. Makler unterliegen dabei einer Stornohaftung für empfangene Courtagevorschüsse in der Lebens- und privaten Krankenversicherung. Die vom Makler vermittelten Versicherungsverträge müssen den Bedürfnissen des Mandanten unter Berücksichtigung von dessen Wünschen und Zielen entsprechen. Sie setzen eine individuelle Bedarfs- und Risikoanalyse durch den Makler voraus.

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Simon glaubt, dass mancher Versicherer aus purer Gewohnheit am Handelsmaklerstatus festhält.  „Versicherungsmakler sollten der statusrechtlichen Einordnung als Handelsmakler in der Courtagezusage schriftlich widersprechen“, rät Simon, der neben seiner Verbandstätigkeit auch als Dozent für Versicherungsrecht bei TÜV Rheinland-Akademie und IHK Koblenz arbeitet. Dazu sollte der Halbsatz „gemäß § 93 HGB“ gestrichen und stattdessen handschriftlich eingefügt werden: „gemäß §§ 34d Abs. 1 GewO in Verbindung mit 59 Abs. 3 VVG“. Die meisten Versicherer akzeptieren dies laut Simon inzwischen auch.

Besteht ein Versicherer dennoch auf dem Handelsmakler-Status, sollte der Makler prüfen, ob er mit diesem Versicherer weiter kooperieren will. „Dabei muss aber stets das Interesse des Kunden nach bedarfsgerechtem Versicherungsschutz und ein gutes Preis-Leistungsverhältnis berücksichtigt werden“, so Simon. Gibt es auf dieser Basis keine Alternative für den Kunden, sollte der Makler „dem Begehren des Versicherers unter Hinweis auf die eigenen Einwendungen nachgeben und die vollständige Korrespondenz zusammen mit der Courtagezusage archivieren“, rät Simon.

Courtagezusage widersprechen und dies dokumentieren

Begründung: Bei solchen einseitigen Vorgaben des wirtschaftlich ungleich stärkeren Versicherers handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Versicherer sind bei der Erstellung von Courtagezusagen/-vereinbarungen gesetzlich gehalten, auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen (= Usancen des Marktes nach Paragraf 310 Absatz 1 BGB). „Landet so ein Streitfall vor Gericht, hat der Makler sehr gute Chancen, zu gewinnen, weil ihm mit dem Handelsmaklerstatus rechtliche Nachteile drohen“ sagt Simon (procontra berichtete).

Beispiel für solche Nachteile: Ein Kunde fühlt sich beim Makler nachträglich falsch aufgehoben, weil er plötzlich von der Doppeltätigkeit „seines“ Maklers erfährt und damit erkennt, dass es mit dessen Unabhängigkeit nicht weit her ist. Streng genommen könnte er strafrechtlich sogar Parteiverrat monieren (strafbar nach Paragraf 356 StGB).

Dies wiederum könnte auch den Versicherer treffen: als Anstiftung oder Beihilfe zum Parteiverrat. „Die Politik ist gefordert, hier alsbald für Rechtssicherheit zu sorgen, denn der Versicherungsmakler passt nicht mehr in die Norm des Handelsmaklers“, resümiert Simon.

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