Die Corona-Krise führt uns gerade vor Augen, dass die wahren Leistungsträger unserer Gesellschaft oft keine Krawatte tragen: die Altenpflegerin im Seniorenheim, die Verkäuferin im Supermarkt oder der Lkw-Fahrer auf seinem Lebensmittel-Truck. Sie alle halten unser Land am Laufen, verdienen dabei häufig nur wenig und müssen sich im Alter leider auf eine Rente einstellen, die nicht für ihr Auskommen im Alter ausreicht. Denn wer viel leistet, aber nur wenig verdient, dessen Rentenansprüche sind bislang leider nur gering.
Diese Situation verletzt das Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen zu Recht. Die Bundesregierung hat deswegen intensiv an einer Lösung gearbeitet und eine, wie ich finde, sehr gute Antwort gefunden: Ab dem 1. Januar 2021 soll die Grundrente in Kraft treten – die Zustimmung des Bundestags vorausgesetzt. Sie ist die größte Sozialreform dieser Legislaturperiode und sorgt für mehr Gerechtigkeit in Deutschland.
Mit der Grundrente gilt: Wer mindestens 33 Jahre lang verpflichtend in die Rentenversicherung eingezahlt, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, bekommt einen Zuschlag auf die Rente; ab 35 Beitragsjahren gilt der volle Zuschlag. Davon werden rund 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner profitieren, insbesondere Frauen und Geringverdiener aus Ostdeutschland. Dass es sich dabei um keine Almosen, sondern um verdiente Ansprüche handelt, zeigt ein konkretes Beispiel:
Mir liegt eine Frage besonders am Herzen: Wer ein Anrecht auf Grundrente hat, muss dafür keine zusätzliche Bürokratie in Kauf nehmen. Der Zuschlag wird automatisch gezahlt – unkompliziert und bürgerfreundlich!
Gleichzeitig ist die Grundrente durch eine Einkommensprüfung zielgenau. Wer die erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt und über höchstens 1.250 Euro (Single) bzw. 1.950 Euro (Paare) zu versteuerndes Einkommen verfügt, ist voll anspruchsberechtigt. Rentenversicherung und Finanzbehörden gleichen die dafür notwendigen Daten ab. Eine Bedürftigkeitsprüfung gibt es nicht. Niemand muss seine persönlichen Verhältnisse offenlegen. Denn Lebensleistung anerkennen heißt auch: Wer sich die Grundrente verdient, bekommt sie so einfach und so schnell wie irgendwie möglich.
Seite 1: Warum die Grundrente zielführend ist (Hubertus Heil, Bundesarbeitsminister, SPD)Seite 2: Warum die Grundrente völlig unausgegoren ist (Johannes Vogel, rentenpolitischer Sprecher, FDP)
Das Ziel, Altersarmut in Deutschland endlich wirksam zu bekämpfen, ist selbstverständlich richtig. Aber die durch eine Vielzahl an Kompromissen verkorkste Grundrente ist nur noch das schlechte Ergebnis eines schlechten Prozesses von CDU, CSU und SPD.
Hubertus Heil ist mit einem völlig unausgegorenen Vorschlag vorgeprescht und hat damit fast die Koalition ins Wanken gebracht. Man hat versucht, ein schon im Grundsatz schlecht angelegtes Modell zu reparieren. Herausgekommen sind viele neue Ungerechtigkeiten und ein Verwaltungschaos. Das Problem der Abbruchkante bei 35 Beitragsjahren ist lediglich etwas versetzt worden und greift nun bei 33 Jahren. Aus dem Abhang ist so eine steile Böschung gemacht worden – weiterhin fallen aber Menschen herunter, und zwar gerade die, um die es gehen sollte, die gearbeitet und eingezahlt haben, aber dennoch auf Grundsicherung angewiesen sind.
Unser Vorschlag der Basis-Rente ist dagegen fair und finanzierbar. Wer gearbeitet und vorgesorgt hat, hat immer mehr als die Grundsicherung. Und ebenfalls immer mehr als jemand, der das nicht getan hat. Durch einen Freibetrag in der Grundsicherung auf Einkünfte aus der Rentenversicherung und aus privater Vorsorge ermöglichen wir zum Beispiel, dass nach einem langen Arbeitsleben auch bei einem durchgehend geringeren Einkommen im Alter mindestens rund 1.000 Euro übrigbleiben.
Gleichzeitig werden keine ordnungspolitischen Probleme wie etwa die Abkehr vom Äquivalenzprinzip in der Rentenversicherung oder die Nutzung von Beitragsgeldern für versicherungsfremde Leistungen aufgeworfen. Ebenso erhält die Basis-Rente nur, wer auch wirklich Unterstützungsbedarf hat. Dafür soll man aber im Alter nicht zum Sozialamt gehen müssen, denn Beantragung und Auszahlung laufen über die Rentenversicherung. Die Basis-Rente liegt dem Bundestag seit einem Jahr vor und wäre schlicht das bessere Modell
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