Rating: Wer die stabilsten BU-Versicherer sind

In der BU-Versicherung gibt es deutliche Tendenzen zur Unterkalkulation, aber auch sehr stabil agierende Gesellschaften. Das neue Rating des Marktbeobachters Map-Report stützt sich auf die hauseigene Expertise von Franke und Bornberg.

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08:02 Uhr | 04. Februar | 2020
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Es zeigen sich deutliche Tendenzen zur Unterkalkulation in der Berufsunfähigkeitsversicherung, sagt Michael Franke. Bild: Stefan Neuenhausen

Erstmals seit vielen Jahren Pause hat sich der Marktbeobachtungsdienst Map-Report wie der mit der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) beschäftigt. Das erste „Stabilitätsrating der Berufsunfähigkeits-Versicherer“ (Ausgabe 913) überhaupt hat die Leistungsfähigkeit von 35 Anbietern aus Verbrauchersicht untersucht. Dabei stützte man sich auf BU-Stabilitätsuntersuchungen des Analysehauses Franke und Bornberg (procontra berichtete), zu dem der Map-Report seit 2019 gehört.

„Erste Wahl für Kunden müsste ein Berufsunfähigkeitsversicherer sein, der langfristig durch auskömmliche Kalkulation und eine starke Finanzausstattung sicherstellen kann, dass der Zahlbeitrag und damit die Überschusssituation konstant bleibt und trotzdem eine faire Leistungsprüfung garantiert ist“, erläutert Map-Report-Chefredakteur Reinhard Klages. Für Versicherer, die an diesen Stellen Schwächen zeigen, sei eine Abwärtsspirale vorprogrammiert.

Stabilitätsindex zeigt große Streubreite

Mit dem Stabilitätsindex wolle man ein Gegengewicht zum Preiswettbewerb schaffen. Die Untersuchung beleuchtet daher nicht nur die Lage der Versicherer (Status quo), sondern berücksichtigt darüber hinaus Merkmale mit Wirkung auf die Zukunft, so Klages. In die Analyse gehen daher 21 Kriterien aus den Bereichen Beitrag (31 Prozent Anteil am Gesamtergebnis), Stabilität (38 Prozent) und Finanzstärke (31 Prozent) ein. Ideal wären also 100 Prozent.

Insgesamt schafften sieben BU-Versicherer eine hervorragende Bewertung, die mindestens 75 Prozent Erfüllungsgrad voraussetzt:

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Weitere 13 Testteilnehmer schafften 65 oder mehr Prozent und erhielten dafür die Ratingnote „sehr gut“. Weitere 15 Gesellschaften schafften mindestens 55 Prozent Erfüllungsstand und damit die Note „gut“. Einmal wurde „befriedigend“ vergeben (Signal-Iduna). Wegen unvollständiger Datenlieferung hat Map-Report für 26 BU-Versicherer kein Rating vergeben, darunter Cosmos, Itzehoer, Bayern-Versicherung, LVM, Debeka und mehrere öffentliche Versicherer.

Unter den besten rangieren nicht ganz zufällig solche Versicherer, die im BU-Unternehmensrating von Franke und Bornberg hervorragend abgeschnitten haben: Aachen Münchener, Ergo, HDI, Nürnberger, Swiss Life und Allianz (procontra berichtete). Dort wird die Kundenorientierung in der Angebots- und Antragsphase mit 25 Prozent gewichtet, die Stabilität des BU-Geschäfts mit 50 Prozent und die Kundenorientierung in der Leistungsregulierung mit weiteren 25 Prozent.

Kalkulation wirkt nicht bei allen Anbietern ausgereift

Die Beitragskalkulation der BU-Versicherer wurde für 2019 sowohl für den Bruttobeitrag als auch den Nettobeitrag in drei verschiedenen Berufsgruppen untersucht – Bankkaufmann, Maschinenbauingenieur und Tischler. Als Benchmark dient das jeweilige Beitragsmittel der aller verfügbaren Prämien der BU-Versicherer. Davon wichen die Beiträge in der Spitze um 50 Prozent (brutto) beziehungsweise 30 Prozent (netto) ab.

Michael Franke, Geschäftsführer von Franke und Bornberg, sieht darin „deutliche Tendenzen zur Unterkalkulation“. Es gebe Versicherer, die nur die Hälfte der marktüblichen Durchschnittsprämie aufrufen. „Ein solches Pricing ist nicht allein mit einer strengen Risikoselektion zu rechtfertigen und gefährdet die Stabilität“, mahnt Franke. Die Freude über einen günstigen Beitrag könne schnell in eine böse Überraschung umschlagen, wenn Versicherer ihren Zahlbeitrag erhöhen müssten oder sogar Druck auf deren Regulierungspraxis entsteht.

Die wilde Fahrt der WWK

Genau dies hatten Kunden und Vermittler 2018 bei BU-Policen der WWK erleben müssen, als die Nettobeiträge im Bestand um bis zu 40 Prozent angehoben wurden (procontra berichtete). Auch Generali und Hanse Merkur hatten in der Vergangenheit an der Preisschraube beim BU-Nettobeitrag gedreht (procontra berichtete).

Sieht man sich die Preisbeispiel für die von Map-Report ausgewählten Berufe näher an, tritt die Gefahr von Unterkalkulation bei einigen Gesellschaften ziemlich offen zu Tage. Beispiel Bankkaufmann: Obwohl kaufmännische Angestellte zu den risikoarmen Berufen gerechnet werden, überraschen die Preisunterschiede beim Nettobeitrag, der im schlechtesten Fall bis auf den Bruttobeitrag angehoben werden kann.

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Im Schnitt bezahlt ein lediger Bankkaufmann (30; Nichtraucher) für 1.500 Euro BU-Rente bis zum Alter von 67 Jahren im Durchschnitt 113,71 Euro Monats-Bruttobeitrag. Mindestens rund 30 Prozent weniger verlangen Dialog, Basler, Hannoversche und mit großem Abstand Canada Life (53,8 Prozent weniger). Sehr viel vorsichtiger kalkulieren VPV, LV 1871, HUK-Coburg und Universa, die mindestens 26 Prozent mehr als der Durchschnitt verlangen. Die WWK hat ihre frühere Unterkalkulation offenbar völlig über Bord geworfen und verlangt jetzt Abwehrkonditionen (63 Prozent höherer Beitrag als der Durchschnitt).

Canada Life als Billig-Ausreißer

Dasselbe Bild zeigt sich beim Nettobeitrag, wo der Bankkaufmann im Modellfall derzeit durchschnittlich 75,11 Euro Monatsbeitrag zahlt. Während 20 Gesellschaften mehr verlangen, verlangen 18 zum Teil deutlich weniger. Fragen zur Kalkulation sollten sich laut Analyse alle Anbieter stellen, die 20 Prozent unter dem Durchschnitt verlangen, insbesondere im Modell Europa, R+V, Basler, Hannoversche, Interrisk und Canada Life.

Allerdings gilt bei Canada Life eine Besonderheit. Die BU-Police unterscheidet nicht zwischen Brutto- und Nettobeitrag, sondern weist nur einen einzigen, voll garantierten Zahlbeitrag aus. „Diese Kalkulation entspricht dem Standard für Risikoprodukte außerhalb Deutschlands“, sagte eine Sprecherin auf Nachfrage von procontra.

"Da der Tarif nicht mit den bei klassischen deutschen Risikoprodukten üblichen Kenngrößen wie Überschussbeteiligung oder Rückstellung für Beitragsrückerstattung verglichen werden kann, erscheint er in den gängigen Veröffentlichungen in Bezug auf Stabilität nicht“, so die Sprecherin weiter. Für die zugesagten Leistungen stehe Canada Life als „eine der finanzstärksten Versicherungsgruppen weltweit“ ein.

Update nach Erscheinen

Letzteres „ist nach meinem Kenntnisstand eine gewagte These“, schrieb Versicherungsmakler Gerd Kemnitz nach Erscheinen des Artikels an die Redaktion. Denn der deutsche Kunde schließe seine Police mit der Canada Life Assurance Europe plc (Irland) ab. Dass die kanadische Mutter für Leistungen der irischen Tochter einsteht, sei nicht sicher. „Nach meinen Recherchen gibt es nicht einmal eine Patronatserklärung“, so Kemnitz, der seine Kritik im Internet weiter ausführt.

Eine Patronatserklärung besteht tatsächlich nicht, bestätigte die deutsche Niederlassung. Aber man verfüge über eine der "derzeit besten von Assekurata vergebenen Bonitätsnoten".

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