Rechtsschutz: Diese Versicherer erhöhen die Beiträge
Die Kosten zur Durchsetzung von strittigen Rechtsansprüchen wachsen rapide. Nach einer GDV-Analyse von jährlich 1,4 Millionen Rechtsschutzfällen Ende 2018 hatten sich die durchschnittlichen Ausgaben für Anwälte und Gerichte von 2012 bis 2016 um 19 Prozent erhöht. Allein die Diesel-Abgasskandal-Rechtsschutzfälle kosteten die Versicherer bis Mai dieses Jahres 667 Millionen Euro (procontra berichtete).
Aktuell rechnet der Versicherer-Verband mit steigenden Fallzahlen im arbeitsrechtlichen Bereich, da aufgrund der Corona-Krise viele Arbeitsplatzverluste drohen. Telefonanfragen dazu häufen sich bereits bei den Rechtsschutzversicherern (procontra berichtete). Deshalb schlug der GDV schon im Juli eine „Gebührenanpassung mit Augenmaß“ vor.
Für Privatkunden bis zu 5 Prozent teurer
Nun wird das Ausmaß deutlich. Als unabhängiger Treuhänder hat die Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Ernst & Young im Auftrag des GDV kürzlich die Daten der Rechtsschutzversicherer bewertet und einen Bedarf für Beitragsanpassung von bis zu fünf Prozent in Privatkundentarifen mit Selbstbeteiligung vorgeschlagen. Arag (ab 1. Januar 2021) und Roland wollen dem folgen, HUK-Coburg, Örag und Continentale nicht, berichtet das Versicherungs-Journal. Andere große Anbieter mit mehr als einer Million Verträge im Bestand hätten sich nicht geäußert.
Für Bestandsverträge erfolgt die Beitragsanpassung frühestens ab dem 1. Oktober zu den jeweiligen Hauptfälligkeiten, für Neuverträge bei Roland Rechtsschutz offenbar ebenfalls schon ab diesem Datum. Als Ursachen nennt der Versicherer gestiegene Aufwendungen für Schäden der Kunden, darunter vor allem Darlehenswiderrufe und Rechtsstreitigkeiten rund um den Dieselskandal.
Itzehoer mit Beitragsanpassung und Service
Auch die Itzehoer Rechtsschutzversicherung, die in der jüngeren Vergangenheit Bestände von Alte Leipziger, HanseMerkur und Rechtsschutz Union aufgekauft hat und derzeit über 340.000 Policen im Bestand verfügt, erhöht den Beitrag um 5 Prozent. „Im Altbestand der Alte Leipziger findet die Beitragsanpassung ab Oktober bei Privatkunden und Landwirten statt, nicht bei Gewerbekunden“, sagt Clemens Cichonczyk, Geschäftsführer der Itzehoer Rechtsschutzunion, auf Nachfrage von procontra. Im Altbestand der Itzehoer selbst würden Verträge angepasst, die 2010 oder später abgeschlossen worden sind.
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Das Unternehmen betont aber die Zusatzleistungen wie den kostenlosen telefonischen Rechtsrat, der gerade in der Corona-Krise stark nachgefragt wird – vor allem bezüglich stornierter Reisen, arbeitsrechtlicher Probleme oder persönlicher Einschränkungen durch den Gesetzgeber.
Kostenloser Homepage-Check für Gewerbekunden
Das Internet nimmt für viele Branchen weiter an Wichtigkeit zu. „Gewerblich Versicherte, die eine Webseite für ihr Geschäft betreiben, können nach einer Wartezeit von drei Monaten ab Vertragsabschluss den kostenfreien Homepage-Check in Anspruch nehmen, bei dem ein juristischer Experte den Internetauftritt auf rechtliche Korrektheit prüft“, sagt Thiess Johannsen von der Itzehoer.
Zudem könnten Gewerbetreibende „zu attraktiven Vorteilskonditionen“ den genannten ABC-Service der Itzehoer nutzen. ABC steht für
Dieser Service ist beim Inkasso-Unternehmen Atriga normalerweise teurer, das jedoch „vergünstigte Staffelpreise“ bietet, solange ein Rechtsschutzvertrag bei der Itzehoer besteht, heißt es etwas geheimnisvoll auf Nachfrage.
Arag lenkt nach Kritik in BSV-Fall ein
Übrigens: Nachdem kürzlich unter fadenscheinigen Begründungen einem bei Arag rechtsschutzversicherten Gastronomen die Deckungszusage für den Prozess gegen seinen BSV-Versicherer (die Haftpflichtkasse) abgelehnt worden war (procontra berichtete), hat der Versicherer nun zurückgerudert und Deckungszusage erteilt, berichtet „versicherungstip“. Das wird auch den betreuenden Makler freuen, der sich über die Arag wegen der lapidaren Begründung der Ablehnung beschwert hatte.
Die Stiftung Warentest hatte zuletzt 49 Rechtsschutz-Tarife von 22 Anbietern für Privatkunden verglichen und dabei allenfalls gute Bewertungen abgegeben (procontra berichtete). Unter den guten Anbietern ist der Tarif „PBV Optimal“ der WGV am preiswertesten. Dass Billigheimer nicht unbedingt ein Kaufargument sind, davor warnen Makler seit langem – auch mit Blick auf die Leistungsregulierung (procontra berichtete).
Finanztest hatte auch das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage unter knapp 500 Mitgliedern des Deutschen Anwaltvereins veröffentlicht. Danach haben fast drei Viertel der befragten Rechtsanwälte negative Erfahrungen mit der WGV gemacht. Kritische Noten bekamen auch Itzehoer (samt aufgekauften Beständen von Alte Leipziger, HanseMerkur und Rechtsschutz Union) sowie NRV/VHV.
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