Riester-Rente: Kommt die neue Förderung in der bAV an?
„Es gibt viele Wünsche und Anregungen für Nachbesserungen am BRSG“, hatte Rechtsanwalt Marco Arteaga, Partner der Kanzlei DLA Piper, letzte Woche auf der 20. Handelsblatt-Jahrestagung „Betriebliche Altersversorgung“ betont (procontra berichtete). Er mahnte auch Vereinfachungen beim bAV-Riester an.
Bei Privat-Riester erfolge die Beitragszahlung heute, die endgültige Entscheidung über die Zulage komme aber erst im Folgejahr. Diese Verfahrensweise sei für bAV-Riester so nicht zu gebrauchen. „Eine Entscheidung wird vorher benötigt“, so Arteaga, denn „es muss zum Zeitpunkt der Entgeltumwandlung entschieden werden, ob diese aus dem Brutto- oder aus dem Nettoeinkommen erfolgen soll“.
Viele Nachteile bei bAV-Riester nun beseitigt
Grundsätzlich: Die Riester-Vorsorge hat es im Privatkundengeschäft bislang auf über 16,5 Millionen Verträge gebracht, doch in der bAV scheiterte das Modell. Das beginnt sich durch das BRSG zu ändern. Die wichtigsten Neuerungen, insbesondere für Geringverdiener:
Bei der betrieblichen Riester-Rente wird die Beitragszahlung weiterhin aus dem Nettolohn geleistet. Im Gegenzug ist die Rente später abgabenfrei – anders als bei der bAV nach Paragraf 3 Nr. 63 EStG, bei der die Beiträge aus dem Bruttolohn gezahlt werden.
Kombination beider Förderungen je nach Lebenslage
Dieses „Entweder-oder“ haben mehrere Versicherer nun geändert. „Wir bieten seit Anfang Februar 2019 das ‚Förder-Hopping‘ zwischen Entgeltumwandlung und bAV-Riester in einem Vertrag – ohne Tarifwechsel“, sagte Michael Rosch, Leiter Produktmanagement der HDI Lebensversicherung, auf der Tagung. Ein ähnliches Produkt bietet R+V, berichtete R+V-Vorstand Rüdiger Bach.
In seinem Vortrag nannte Rosch Details der neuen Lösung. „Es muss nur eine einzige Direktversicherung abgeschlossen werden“, so der Vorsorgeexperte. Arbeitnehmer sparen ihre Betriebsrente damit also je nach Lebens- und Finanzlage wechselweise aus zwei Töpfen an: entweder Entgeltumwandlung „aus dem Brutto" (nach Paragraf 3 Nr. 63 EStG) oder Riester-Rente (nach Paragraf 10 a EStG) aus dem Netto-Gehalt samt umfangreicher staatlicher Riester-Zulagen – oder beides gleichzeitig, indem der Beitrag aufgesplittet wird.
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Weniger Komplexität bei Riester durch Einbindung in die bAV
„Die Komplexität der Riester-Rente wird über die bAV entschärft und kann deren Stärken und Flexibilität nutzen“, meinte Rosch. So sei über den bAV-Vertrag keine Zertifizierung mehr erforderlich, da der Abschluss nicht nach Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz erfolgt. Die Höhe der Garantien würde der bAV-Zusage-Logik folgen. „Zugleich ist eine bedarfsgerechte BU-Absicherung über den bAV-Vertrag möglich“, gab sich Rosch optimistisch. Weitere Vorteile: Rentenzusagen mit Kapitalwahlrecht sind möglich, die Vererbung ebenfalls (keine Übertragung auf Ehepartner notwendig wie bei Privat-Riester) und die Einbeziehung der Riester-Förderung für vermögenswirksame Leistungen auch.
Umgekehrt löse die Einbindung der Riester-Förderung in die bAV bisherige Probleme, die innerhalb des Betriebsrentensystems immer wieder zu Reibungen führten: langwierige Krankheiten des Arbeitnehmers, Elternzeit und vor allem der Arbeitgeberwechsel. In all diesen Fällen könne die Förderung nach Paragraf 3 Nr. 63 aussetzen und in die 10a-Förderung wechseln.
bAV-Riester lohnt in vielen Lebenslagen
„Betriebsrente mit Riester-Förderung lohnt sich für alle Angestellten, besonders für Spitzenverdiener, Bezieher niedrigerer Einkommen (einschließlich Minijobber und Teilzeitkräfte), für Eltern von kindergeldberechtigtem Nachwuchs und aufgrund des Berufseinsteiger-Zuschusses für junge Berufstätige“, so Rosch. Ob ein Wechsel der Förderung innerhalb der Direktversicherung vorteilhaft ist, können Arbeitnehmer bei Bedarf selbst ermitteln. Dazu stellt HDI mit dem „bAV FörderFinder“ ein selbsterklärendes Online-Tool für Berater zur Verfügung, das vom Institut für Vorsorge und Finanzplanung entwickelt wurde.
Rechenbeispiel: Ein Mann, verheiratet mit einjährigem Kind, verdient 3.500 Euro brutto, seine Frau 1.500 Euro. Er wandelt 200 Euro Bruttoentgelt um und zahlt den Betrag in eine Direktversicherung, die Förder-Hopping erlaubt. Der Arbeitgeber zahlt 15 Prozent dazu (gesamt: 230 Euro brutto). Dann bezahlt er selbst netto nur rund 110 Euro monatlich und bekommt in der jetzigen Lebenslage eine Förderung in Höhe von 52 Prozent nach Paragraf 3 Nr. 63 EStG.
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Weitere Vereinfachung mit Standard-Riester?
Das ändert nichts daran, dass die politischen Bemühungen um ein Riester-Standardprodukt weitergehen. „Der Weg zu einem attraktiven standardisierten Riester-Produkt beginnt mit einer umfassenden Reform der Riester-Förderung“, sagt Dr. Peter Schwark, Geschäftsführer beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und Leiter des Kompetenzzentrums Altersvorsorge und Zukunftssicherung (procontra berichtete).
Die bAV-Lösung bietet zumindest einen interessanten Ansatz, die Komplexität zu entschärfen, wenn wenigstens ein Erwachsener in der Familie Arbeitnehmer ist und somit Entgelt umwandeln kann (Rechtsanspruch).
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