Ruhestandsplanung: Vermögen mit „Töpfchen“ genießen

Die finanzielle Gestaltung des Ruhestandes ist wegen magerer Zinsen eine Zumutung. Es gibt kein Patentrezept, doch Berater können bei der Ruhestandsplanung helfen. Finanzanalytiker Volker Looman sieht nur die Chance zu einer „Töpfchen-Wirtschaft“.

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07:05 Uhr | 20. Mai | 2021
Vor der Ruhestandsplanung braucht es eine Grundsatzentscheidung: Erhalt oder Verzehr des Kapitals? Fast 95 Prozent wünschen sich den Erhalt, weiß Volker Looman. Bild: Pixabay/luxstorm

Vor dem Start der finanziellen Ruhestandsplanung braucht es eine Grundsatzentscheidung: Erhalt oder Verzehr des Kapitals? Fast 95 Prozent wünschen sich den Erhalt, weiß Volker Looman. Bild: Pixabay/luxstorm

„Spare für die Zeit im Alter, auch wenn es dafür keine Zinsen gibt“, riet Finanzanalytiker Volker Looman in seiner FAZ-Kolumne und in procontra schon vor einiger Zeit. Zum Vermögen im Alter zählen auch die Barwerte, etwa von gesetzlicher und betrieblicher Rente, wird er nicht müde zu betonen.

Versicherungs- und Finanzmakler kümmern sich um die Altersvorsorge ihrer Kunden. Wird die dann ausgezahlt, endet die Arbeit des Maklers meistens. Doch wer kümmert sich danach um die Finanz- und Vorsorgesituation? Ruhestandsplaner oder Generationenberater nehmen den gesamten Ruhestand in den Blick, der oft 20 oder 30 Jahre dauert. Mit Zusatzqualifikation und gutem Netzwerk mit Rechtsberatern kann diese konzeptionelle Begleitung auch der bisherige Makler übernehmen.

Berater als Ruhestandsplaner?

„Der Bedarf ist riesig“, sagt Peter Härtling, Präsident des Bundesverbandes Der Ruhestandsplaner Deutschland (BDRD). Kunden unterlägen meist drei Irrtümern: Sie rechnen nur selten mit einem langen Leben und berechnen daher die Laufzeit ihrer Anlagen falsch, berücksichtigen zudem fast nie Inflation und Steuern und kalkulieren drittens Mehrausgaben im Alter nicht ein. Kaum ein Kunde besitze eine konzeptionelle Ruhestandsplanung – eine schmerzliche Leerstelle und „idealer Ansatzpunkt für den Berater, sich zum Ruhestandsplaner zu profilieren“ ermuntert Härtling.

Um die Wiederanlage ausgezahlter Lebensversicherungen nicht an andere Marktsegmente zu verlieren, haben auch einige Versicherer die Ruhestandsplanung entdeckt. „Der Großteil unserer Maklerbetreuer wurde zu Generationenberatern ausgebildet, um hier auch die komplette Unterstützung für die Makler bieten zu können“, sagt Verena Schmitt, Fachleiterin Generationenberatung und Private Banking bei der Württembergischen.

Wie Ruhestandsplanung aussehen könnte, berichtete Looman kürzlich in seiner FAZ-Kolumne. Ein Mann (65) und seine Ehefrau wohnen in einem 600.000-Euro-Eigenheim und bekommen 2.000 Euro gesetzliche Rente im Monat, die mit 3,0 Prozent bis zum 90. Geburtstag abgezinst rund 425.000 Euro wert ist. Hinzu kommen nach Auszahlung einer Versicherung 500.000 Euro Bargeld. Wohin mit dem Geld?

Wohin mit der LV-Auszahlung?

Trotz über 1,5 Millionen Euro Vermögen ist das Paar unglücklich. Das Haus ist längst Gewohnheit und wird zunehmend zu einer Last. Die Rente reicht „für Krankenkasse, Mineralwasser und Schwarzbrot“, schreibt Looman. Und die Freude über die halbe Million in bar ist auch nicht ungetrübt, da auf dem Girokonto Strafzinsen drohen und das Paar keine Idee für eine sichere und zugleich rentable Anlage hat. „Rendite und Sicherheit zusammen sind fromme Wünsche, die sich nicht erfüllen werden“, sagt Looman unverblümt.

Die üblichen Angebote hält er für fragwürdig. Da ist zunächst die Sofortrente, also die bekannte Wette zwischen Anleger und Versicherung. Wird der Kunde tatsächlich 90 Jahre alt, hat er für die 500.000 Euro Einsatz bei rund 1.900 Euro monatlicher Sofortrente knapp 570.000 Euro kassiert. Macht laut Looman 1,06 Prozent Rendite pro Jahr vor Steuern und nach Abzug von 18 Prozent Ertragsanteil 0,82 Prozent netto. Stirbt der Kunde vorher, sieht die Rechnung schlechter aus, lebt er länger, wird es rentierlicher.

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Haken und Ösen bei Sofortrente und Immobilie

Eine Alternative ist die Anlage der 500.000 Euro in eine vermietete Immobilie, davon 10 Prozent in die Anschaffungsnebenkosten. Kommen dabei 18.000 Euro Jahresmiete vor Steuern (16.000 Euro nach Steuern) heraus und die Miete steigt jedes Jahr um 1,0 Prozent, gibt es im Schnitt knapp 1.500 Euro Monatsrente davon. Am Ende könnte die Wohnung 580.000 Euro wert sein; das macht nach Looman 3,92 Prozent Rendite pro Jahr.

Ursache für die Differenz bei den Erträgen von knapp 400 Euro zugunsten der Sofortrente: Bei der Sofortrente wird das Geld verzehrt, bei der Immobilie dagegen vermehrt“, so Looman. Da braucht es schon vor dem Start eine Grundsatzentscheidung. Fast 95 Prozent wünschen sich den Erhalt des Kapitals, weiß der Finanzanalytiker aus vielen Gesprächen. Sein Tipp: „Gehören Sie zur Fraktion der Genügsamen, rate ich zur Immobilie, gehören Sie zu den Lebenshungrigen, muss man sich Mischungen aus Aktien und Anleihen mit Kapitalverzehr ansehen“, so Looman.

Der totale Kontrast zur Sofortrente sind 100 Prozent Aktien. Bei 6,0 Prozent vor Steuern und 4,42 Prozent nach Steuern stiege die Zusatzrente von 1.900 Euro (Sofortente) auf 2.730 Euro (Aktienrente). Wer den Schneid dazu hat, benötigt nur eine Direktbank und drei Indexfonds, so der Finanzanalytiker.

Mischung aus Aktien und Anleihen alle 10 Jahre „umtopfen“

Die meisten scheuen jedoch dieses Risiko. Daher wäre es in Loomans Augen schon ein Fortschritt, wenn das Ehepaar 250.000 Euro einfach zum Lebensgenuss verbraucht und nur die andere Hälfte in Aktien investiert. Dazu rät er zu vier „Töpfchen“, die zeitversetzt zu füllen sind und zu rund 2.300 Euro Zusatzrente bis zum Alter von 90 Jahren führen:

Am Ende bleiben, wenn Looman sich nicht verrechnet hat, noch 11.000 Euro übrig, die "für ein einfaches Begräbnis im kleinen Kreis ausreichen sollten". Und falls nicht, sind ja noch das Eigenheim und die gesetzliche Rente da.

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