Solidaritätszuschlag: Wer ab 2021 profitiert und wer nicht
Im Jahr 2021 entfällt der Solidaritätszuschlag (kurz: Soli). Der Zuschlag auf die Einkommensteuer war 1991 erstmals erhoben worden (3,75 Prozent). Mit dem Geld sollten der Aufholprozesses im Osten bewältigt, Erblastschulden finanziert, der Bund entlastet und die öffentlichen Haushalte konsolidiert werden. Daraus ist eine Dauerabgabe geworden, die Anfang 1998 auf 5,5 Prozent abgesenkt wurde. Ende 2019 läuft nun der Solidarpakt II aus und bietet damit Anlass, den Soli abzuschaffen.
Doch die SPD ziert sich. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bezifferte die Einnahmen aus dem Zuschlag auf Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Abgeltungsteuer bis heute auf insgesamt 275 Milliarden Euro. Ausgaben im Zusammenhang mit der deutschen Einheit hätten dagegen 383 Milliarden Euro gekostet. Diese Finanzierungsaufgaben nähmen ab, seien aber noch nicht verschwunden, so seine Argumentation.
Wer alles ab 2021 profitiert
Mitte November hat die GroKo daher beschlossen, den Soli „weitgehend abzuschaffen“. Nach dem Gesetz entfällt er – leider erst - ab 2021 für alle, die maximal 73.874 Euro brutto im Jahr verdienen. Wer mehr verdient, kann von der so genannten Gleitzone profitieren, die heftige Belastungssprünge ab dieser Summe verhindern soll. Unterm Strich sollen dadurch gut 90 Prozent der Zahler von Einkommensteuer von der Ergänzungsabgabe befreit werden, für weitere 6,5 Prozent innerhalb der Gleitzone soll er sinken. Bei einem Einkommen von bis zu 109.451 Euro brutto jährlich endet dann diese Zone.
Die konkreten Veränderungen hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSI), finanzwissenschaftliches Institut des Bundes der Steuerzahler, ausgerechnet (siehe Tabelle für Singles). Daten liegen auch für Ehepaar mit zwei Kindern bei einem Alleinverdiener vor.
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Nach BMF-Berechnungen soll der Zuschlag komplett für jeden entfallen, der jährlich weniger als 16.956 Euro pro Jahr an Einkommen- oder Lohnsteuer zahlt und allein steuerlich veranlagt ist. Bei zusammen Veranlagten ist die Grenze doppelt so hoch (33.912 Euro). Bis Ende 2020 gelten die verschwindend geringen Freigrenzen weiter: 972 Euro für die Einzel- und 1944 Euro für die Zusammenveranlagung. Eine Familie mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener muss erst ab 221.375 Euro Bruttojahreslohn den vollen Soli entrichten, ab 151.990 Euro wird er in der Milderungszone nur noch zum Teil erhoben.
Gänzlich freigestellt werden neben Arbeitnehmern mit entsprechend niedrigem Einkommen auch 88 Prozent der zur Einkommensteuer veranlagten gewerbetreibenden Soli-Zahler, etwa selbstständige Handwerker – sofern ihre Einkünfte ausschließlich aus dem Gewerbetrieb stammen.
Wer nicht von Erleichterungen profitiert
Dennoch kommt aus der Wirtschaft massive Kritik. Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, will sogar verfassungsrechtlich dagegen vorgehen. „Die Mehrzahl der Abgeordneten des Bundestags hat mit dem Soli-Beschluss sehenden Auges gegen unsere Verfassung verstoßen.“ Vor allem Unternehmer und gutverdienende Facharbeiter würden weiter belastet. „Der Soli ist somit eine Strafsteuer für die Mitte der Gesellschaft“, so Ohoven, dessen Verband bereits an einer Verfassungsbeschwerde arbeitet. Der Bund der Steuerzahler unterstützt bereits deine Musterklage vor dem Finanzgericht Nürnberg.
Verfassungsrechtlich brisant ist vor allem eine Frage: Darf der Gesetzgeber viele komplett vom Steuerzuschlag verschonen und andere weiterhin voll oder teilweise belasten? Die Meinungen von Staatsrechtlern gehen dazu auseinander. Doch auch Kapitalanleger fragen sich nun, warum der Soli weiterhin in voller bisheriger Höhe auf jeden Cent der Erträge oberhalb des Sparerfreibetrags gezahlt werden muss.
Vorsorgesparer schon wieder bestraft
Damit werden Vorsorgesparer nicht nur durch die Niedrigzinsen zur Rettung des Euro bestraft, sondern müssen neben Zinsverlusten weiterhin einen Steuerzuschlag hinnehmen, obwohl die Bundesregierung ja insbesondere die private und betriebliche Altersvorsorge stärken will (procontra berichtete).
Leichte Entlastungen bei den Sozialabgaben auf Betriebsrenten (procontra berichtete) will Scholz unter anderem mit einer Transaktionssteuer gegenfinanzieren und damit vor allem Aktienanleger schröpfen. Betroffen wären aber auch Aktienfonds und passive Exchange Traded Funds (ETF), zudem Fondspolicen, unter Umständen sogar fondsgebundene Riester- und Basisrentenverträge (procontra berichtete).
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