Zielgruppe Freiberufler: Freie Berufe frei beraten

Versicherungsmakler erhöhen ihre Umsatzchancen nicht nur durch Spezialisierung auf Inhalte, sondern auch auf Zielgruppen. Eine alles andere als homogene Zielgruppe sind Freiberufler. Wie Makler bei ihr punkten.

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09:11 Uhr | 09. November | 2022
Freiberufler Bild: AleksandarNakic

Der Berufsalltag von Freiberuflern wird von Risiken begleitet, die spezifische Absicherung erfordern. Dabei sind Pressefotografen häufig unterversicht, weil Standardpolicen auf sie nicht passen. Bild: AleksandarNakic

Freiberufler sollen persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige „Dienstleistungen höherer Art“ erbringen. Deren Absicherungsbedarf unterscheidet sich zum Teil dramatisch. Beispiel: Steuerberater liefern in erster Linie Beratungsleistungen. Fehler führen naturgemäß nicht zu Personen- oder Sachschäden, allerdings können erhebliche geldwerte Nachteile für die Mandanten entstehen. Solche Vermögensschäden lassen sich nicht über die Betriebshaftpflicht abdecken, sondern nur über eine gesonderte Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Für selbstständige Steuerberater ist sie gesetzlich sogar vorgeschrieben – die Deckungssumme muss mindestens 250.000 Euro betragen. Ohne Versicherungsschutz verliert der Steuerberater seine Zulassung.

Anders bei niedergelassenen Ärzten. „Dennoch ist jedem Arzt dringend zu raten, sich hinreichend zu versichern“, sagt Rechtsanwältin Andrea Schannath, Justitiarin des Virchowbundes. Für hinreichend und risikogerecht bei niedergelassenen und angestellten Ärzten hält die Axa-Tochter Deutsche Ärzteversicherung, die bereits über 100.000 Arzt-Haftpflichtfälle abgewickelt hat, eine Deckungssumme von 5 Millionen Euro für Personen- und Sachschäden und einer Million Euro für Vermögensschäden. Innerhalb der Ärzteschaft können diese Summen – je nach Spezialisierung unter 33 Fachrichtungen – noch deutlich variieren. Man sieht: Ohne Spezialisierung auf die Zielgruppe kommen Makler nicht weiter.

Beratungsalltag bringt oft die Zielgruppenspezialisierung

In Deutschland gibt es derzeit etwa 1,47 Millionen Freiberufler, darunter 431.000 in Heilberufen. Freiberufler beschäftigen rund 4,1 Millionen Mitarbeiter und erwirtschaften etwa 10,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 

Häufig beruht die Zielgruppen-Spezialisierung auf der bisherigen Berufserfahrung. Rebekka Frühbuß, Wirtschaftsberaterin und Versicherungsmaklerin von „Arzt im Blick“, berät niedergelassene und angestellte Ärzte, inzwischen aber nicht nur zur Risikoabsicherung und Altersvorsorge, sondern sie begleitet den gesamten beruflichen Werdegang. Beispiel Altersvorsorge: Als Arzt oder Mitglied anderer kammerfähiger freier Berufe wird man automatisch Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerkes – und eben nicht Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Die durchschnittliche Bruttorente ist bei Ärzten mit 2.457 mehr als doppelt so hoch wie in der GRV. Der Grund: Der Beitrag richtet sich zwar wie bei der GRV nach dem Einkommen, fließt aber nicht voll in eine Umlage, sondern wird überwiegend kapitalgedeckt für die eigene Rente jedes Einzahlers investiert.

„Zur berufsständischen Pflicht-Versorgung dürfen unabhängige Vermittler nicht beraten“, weiß Frühbuß. Daher bleiben nur Basisrente, bAV und private Altersvorsorge. Die bAV-Beratung für den Arzt lässt sie meist erst einmal außen vor. Der Grund: „Viele Berufseinsteiger, die zunächst angestellt sind, lassen sich früher oder später mit eigener Praxis nieder und können dann als Freiberufler gar keine bAV mehr für sich selbst nutzen“, so Frühbuß. In Bayern muss der niedergelassene Arzt nicht nur den Grundbeitrag von 18 Prozent (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) verpflichtend ins Ärzte-Versorgungswerk einzahlen, sondern bei Einkommen über der BBG nochmals 7 Prozent. „Da bleibt vielfach kein finanzieller Spielraum mehr für weitere Altersvorsorge“, erklärt die auf Heilwesen spezialisierte Maklerin. Die Versorgungswerke investieren in eigener Regie mit regional unterschiedlichem Ergebnis. Vielfach seien Rentensteigerungen zuletzt ausgeblieben, kritisiert die Beraterin.

Beratungsqualität zählt auch in anderen Bereichen. So benötigen viele Freiberufler für den Fall längerer Krankheit ein angemessenes Krankentagegeld (KTG). Doch die Bedingungen sind kundenunfreundlich, kritisiert Fachmakler Frank Dietrich aus Potsdam. „Bei einer zweiten Erkrankung innerhalb des Jahres dürfte das KTG gekürzt werden“, sagt er. Dies bestätigt eine Umfrage des Analyseunternehmens Premium Circle Deutschland unter 28 PKV-Anbietern. Die Herabsetzung droht laut AVB, wenn der Versicherte im zurückliegenden vollen Jahr schon Lohnfortzahlung oder KTG bekam. „Beides zählt vertragsgemäß nicht als Nettoeinkommen aus beruflicher Tätigkeit und kann im erneuten Krankheitsfall abgezogen werden“, kritisiert Geschäftsführer Hendrik Scherer.  

Pressefotografen sind oft unterversichert

Der Berufsalltag von Freiberuflern wird von Risiken begleitet, die spezifische Absicherung erfordern. Beispiel Presse-Fotograf: „Diese Zielgruppe ist technisch auf dem neuesten Stand, aber oft unterversichert, weil die üblichen Standardpolicen nicht passen“, sagt Benedikt Kreuzberg, Chief Underwriting Officer der mailo Versicherung in Köln, die auch mit Maklern kooperiert und sich auf Gewerbepolicen spezialisiert hat. Für Freelancer hält er drei Policen für unverzichtbar:

1. Geschäftsausstattung: Wenn Kameras, Laptops oder Tablets gestohlen oder zerstört werden, kann das zur existenziellen Bedrohung werden. Geschützt werden sollte die Ausstattung der Geschäftsräume und des Homeoffice.

2. Betriebshaftpflicht: Wenn Dritte Schadensansprüche geltend machen, kann es teuer werden. Mit eingeschlossen sein sollte immer die Abwehr unberechtigter Ansprüche an den Versicherten, also passiver Rechtsschutz.

3. Vermögensschadenshaftpflicht: Verstöße im Urheber-, Persönlichkeits-, Marken- und Lizenzrecht passieren schnell. Abmahnungen sind teuer und rufschädigend. Die Police sollte bei Vertragsstrafen schützen und Reputationsschäden absichern.

Für einen typischen Pressefotografen-Modellfall (50.000 Euro Jahresumsatz) empfiehlt Kreuzberg diese Absicherung: 25.000 Euro Büroinhalt (250 SB pro Schadenfall) inklusive Elektronikversicherung für 10.000 Euro Versicherungssumme und Klein-Betriebsunterbrechungsdeckung, eine 3,0 Millionen Euro schwere Betriebshaftpflichtpolice sowie 500.000 Euro VSH-Deckung. Das koste rund 736 Euro brutto (Tarif Multimedia). „Die Elektronik-Deckung wäre zum Neuwert versichert und auch Mehrkosten infolge Preissteigerungen (Preisdifferenz-Versicherung) sind abgedeckt“, so Kreuzberg.

Beim Preis-Leistungsvergleich helfen Online-Portale nur bedingt weiter. Oft heißt es dann für Freiberufler: „Ein reiner Online-Vergleich der Tarife ist an dieser Stelle wegen der Komplexität nicht zu empfehlen und wäre auch wenig aussagekräftig.“. Unter diesen Umständen sollte der Freelancer gleich den Rat eines Maklers einholen. Dies zeigt sich auch bei Cyberattacken, bei denen der Fotograf zum Beispiel durch Verschlüsselung von Systemen durch Ransomware nicht mehr an seine Fotodateien käme, bis er Lösegeld bezahlt. Mailo empfiehlt hier 50.000 Euro Deckungssumme zum Jahresbeitrag von 114 Euro (Cybersmart) samt Forensik, Soforthilfe und Wiederherstellung von Daten.