Zielgruppenanalyse: Wie Berater Millennials für sich gewinnen

Technik-affin und mit dem Smartphone aufgewachsen: Die Generation Y und Z gilt als häufig unterversicherte Kundenklientel, die ihre Finanzen lieber via Broker-App regelt und den Gang zum Vermittler scheut. So gewinnen Berater mit YouTube, TikTok und Co. die Zielgruppe für sich.

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08:12 Uhr | 02. Dezember | 2022
Millenials Bild: Kar-Tr

Auf welchen Social-Media-Kanälen ist der persönliche "Kunden-Avatar" unterwegs? Wer die Generation Y und Z beraten will, sollte sich darüber zunächst klar werden und sich dann entsprechend im Netz aufstellen. Bild: Kar-Tr

Den Sprung in die Selbstständigkeit wagen? Für ein Jahr ins Ausland wechseln, den Umzug ans andere Ende der Republik in Angriff nehmen oder doch ein Haus bauen? Wer der Generation Y oder Z angehört – und damit entweder nach 1981 oder 1995 geboren ist – ändert häufig seinen Lebensstil und variiert die Gewohnheiten. Denn wer jung ist, schlägt seine Zelte eben häufig neu auf. 

Für Berater ist die Generation der Millennials und Post-Millennials daher keine einfache Zielgruppe – zudem gilt sie oft als unterversicherte Kundenklientel, die ihre finanziellen Angelegenheiten lieber via Broker-App regelt und den Gang zum Vermittler scheut. Wo sollte also die Beratung der Generation Y und Z ansetzen? Sind YouTube, TikTok und Co. tatsächlich erfolgversprechende Kanäle, um die Zielgruppe zu erreichen? Und welchen Stellenwert hat in Zeiten der Pandemie noch die persönliche Vor-Ort-Beratung?

Beratung wird digital

Der Digital-Makler Bastian Kunkel ist seit Jahren Experte auf dem Gebiet der Social-Media-Kommunikation und kennt die Bedürfnisse der Zielgruppe. Er ist auf TikTok und Instagram präsent und hat einen eigenen YouTube-Kanal. „Die Generation Y und Z hinterfragt viel und ist kritisch – egal, ob es um Klimaproteste oder Versicherungen geht“, erklärt er. Darauf müssten Berater eingehen. Und weil Social Media eben der aktuelle Stand des Internets sei, führe daran auch kein Weg vorbei. „Du musst als Dienstleister auf diesen Plattformen unterwegs sein und dort die Leute abholen“, sagt Kunkel. „In Zukunft wird es da keinen Rückschritt geben, die Entwicklung wird weiter gehen.“ Beratung werde digitaler.

Deshalb rät er seinen Kollegen: Sich zunächst einmal klar darüber werden, wer die eigene Zielgruppe ist und sich die Fragen stellen: Wie sieht der persönliche Kunden-Avatar aus? Auf welchen Kanälen ist er unterwegs? Diese Kanäle müssten bespielt werden – ohne dabei auf allen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Denn das habe nur einen Effekt: Frustration und häufig das abrupte Ende der Social-Media-Aktivität.

Dass die digitale Beratung bei der jungen Generation im Fokus steht, kann auch der Dresdner Makler Stephan Busch bestätigen. Er führt mit seinem Kollegen Tom Wonneberger das Maklerbüro Progress und hat sich auf die Beratung der Generation Y und Z spezialisiert. 85 bis 90 Prozent der Kunden ließen sich mittlerweile digital beraten, sagt er – per Teams, Zoom oder Skype. Eine Folge der Pandemie. Vor Corona sei das bei rund 60 Prozent der Fall gewesen.

Geld ist kein Tabuthema

„Junge Leute wollen, dass ihre Fragen beantwortet werden. Aber sie wollen keine Produktvermittlung“, sagt Busch. Wichtig seien in seinen Augen vor allem Blogs, um die Zielgruppe zu erreichen. Für Social-Media-Posts empfiehlt der Makler: Die eigene Identität kommunizieren und die Leute auch mal zum Lachen bringen.

Sparen, ETFs, Kapitalanlage – aus Sicht von Busch seien das Trendthemen in der Zielgruppe. „In dem Bereich sind viele sogar sehr belesen“, hat er die Erfahrung gemacht. „Dafür rutscht die Absicherung der Arbeitskraft, die Biometrie im Allgemeinen in der Altersgruppe nach hinten.“ Hier sollten Berater ansetzen, der Einsatz zahle sich aus. Denn: „In der Generation Y und Z wird viel über Geld gesprochen. Wenn man als Makler da einen Fuß in der Tür hat, ist eine Weiterempfehlung fast garantiert.“

Standard-Produkte, die unkompliziert online abschließbar sind – aus Sicht von AfW-Vorstand Frank Rottenbacher sollten Makler in der Beratung der Generation Z darauf einen Fokus haben. Per se sei das Thema Versicherungen für die jungen Endverbraucher wenig spannend. Deshalb rät er Maklern dazu: Im Netz „passende Antworten zielgruppengerecht“ bereitzustellen.

Nicht jeder Vermittler müsse zum Social-Media-Influencer werden, meint Filip Schlosser, Hauptgeschäftsstellenleiter des Votum-Verbandes. Aber: „Bei einem Push-Markt wie der Finanzdienstleistungsbranche muss man die Menschen aktiv dort abholen, wo sie ihre Zeit verbringen“, sagt er. BVK-Präsident Michael H. Heinz ist davon überzeugt: Auch wenn sich die Generation Y und Z immer stärker auf sozialen Netzwerken über Versicherungen informiere, bleibe die persönliche Beratung unabdingbar – damit „keine Deckungslücken oder Unterversicherungen“ entstehen.

Social Media erzeugt Vertrauen

Die Münchner Maklerin Andrea Mayr arbeitet seit vier Jahren nur noch online, ohne physisches Büro. Ihre Beratungen erledigt sie per Skype oder Zoom und setzt zur besseren Visualisierung ein Whiteboard ein. „Das funktioniert super“, sagt sie. „Junge Leute wollen für die Beratung keine Wege mehr zurücklegen.“

Mit ihrer Beratung richtet sich Mayr ebenfalls vor allem an die Generation Y und Z. Posts auf Instagram und Co. findet sie nicht zwingend nötig, um die Zielgruppe zu erreichen. „Social Media ist die Kirsche auf der Torte“, sagt sie. Wichtiger sei es, über ein ordentliches Google-Profil und gute Bewertungen zu verfügen. Mayr selbst postet auf Instagram und TikTok und integriert dort viel von ihrer eigenen Persönlichkeit, zeigt sich beispielsweise im Gothic-Kostüm. Sie spielt gern damit, dass sie nicht dem Makler-Klischee entspricht. „Über Social Media erzeugt man Vertrauen, weil sich der Makler dort von einer persönlichen Seite zeigt“, erklärt sie.

Die Kombination aus hybrider Beratungspraxis und zielgruppenspezifischer Fokussierung auf Social-Media-Kanäle dürfte Vermittler auf ideale Art das Beratungssegment der Generation Y und Z erschließen. Und die Akquise lohnt sich – birgt eine derart frühzeitige Kundengewinnung doch großes Potenzial für eine langfristige Erweiterung des Bestands.