LV-Standmitteilungen: Transparenz lässt zu wünschen übrig

Kunden alter Rentenpolicen müssen sich mit geringeren Leistungen begnügen als geplant, da in den letzten Jahren kaum noch Überschüsse über die Garantie hinaus hinzukommen. Doch die Standmitteilungen sind weiter intransparent, wie ein Beispiel zeigt.

Author_image
07:03 Uhr | 09. März | 2021

Finanzanalytiker Volker Looman forderte in seiner wöchentlichen FAZ-Kolumne kürzlich dazu auf, alte Kapitalversicherungen hervorzukramen und zu überschlagen, ob die Transaktion noch lohnt oder angesichts der Niedrigzinsen inzwischen zu einem Verlustgeschäft geworden ist. Dazu sollte der Rückkaufswert in der Standmitteilung von vor fünf Jahren mit den Einzahlungen des Folgejahres verglichen und auf diese Weise bis zum Jahr 2020 die Verzinsung der letzten 60 Monate zu errechnen.

„Sollte eine Drei oder Vier vor dem Komma stehen, sind die Ergebnisse in Ordnung“, meint Looman. „Doch die meisten werden lange Gesichter ziehen, da nur eine Eins oder Zwei vor dem Komma steht“, fürchtet der Finanzanalytiker. Dann wäre die Beitragsfreistellung eine Option - samt einer alternativen Anlage des freiwerdenden Kapitals, etwa in Aktien. Allerdings gehen dann bei Vertragsbeginn vor 2005 auch die Steuervorteile der Police unwiederbringlich verloren.

Ein gut dotierter Beispielfall der Presseversorgung

Macht man sich als Berater Loomans Ansatz zunutze und überprüft, ob die ursprünglich angemessene Altersvorsorge kurz vor Toresschluss noch angemessen ist, kann man in Sachen Intransparenz scheitern. Beispiel Presseversorgung: Ein Kunde (64) steht ein Jahr vor der Auszahlung. Seit 29 Jahren zahlt er umgerechnet knapp 248 Euro monatlich in die private Kapital-Lebensversicherung samt BUZ-Schutz ein. 1993 waren ihm 78.417 Euro garantiert (Rechnungszins: 3,5 Prozent) und unverbindlich gut 200.000 Euro Ablaufleistung in Aussicht gestellt worden.

Dass die Prognose angesichts seit 15 Jahren andauernder Niedrigzinsen nicht mehr aufgeht, leuchtet dem Berater ein. Insofern ist die voraussichtliche Ablaufleistung laut der letzten Standmitteilung auf 121.000 Euro geschrumpft. Das ist nicht die Schuld des Versicherer-Konsortiums der Presseversorgung, sondern der Finanzpolitik der EU-Länder und folglich der EZB, die Altersvorsorgesparer systematisch benachteiligen.

Kein Rückkaufswert in der Standmitteilung genannt

Dennoch ist die Standmitteilung in mancherlei Hinsicht überraschend. Trotz zahlreicher Zahlen wird überhaupt kein Rückkaufswert ausgewiesen und somit Loomans Rechenvorschlag unmöglich gemacht. Verwirrend wird von einem „erreichten garantierten Kapital bei Ablauf“ gesprochen. Berater und Kunde interpretieren dies zunächst als Rückkaufswert und kommen so auf eine negative Verzinsung in den letzten fünf Jahren.

Die Aufregung ist groß, doch das Versorgungswerks der Presse stellt schriftlich klar: „Das angegebene Garantiekapital ist nicht der Rückkaufswert, sondern die Summe aus einer Reserve, die zur Erfüllbarkeit der 3,5 Prozent Verzinsung gebildet wird, und der vereinbarten Beiträge, zum Ende der Versicherungsdauer.“ Weiterer Wertzuwachs könne nur zustande kommen, wenn mehr als 3,5 Prozent Überschüsse erwirtschaftet werden.

Seite 1: Was an einer Standmitteilung zu bemängeln sein kann  Seite 2: Wie die Erlebensfallrendite bei der Presseversorgung ausfällt

Renditevergleich nur für Erlebensfall sinnvoll

Bei Betrachtung der Verzinsung sei ebenfalls wichtig zu wissen, dass lediglich die Beitragsanteile zur Altersvorsorge in die Entwicklung der genannten Reserve zum Garantiekapital einfließen, heißt es beim Versorgungswerk, dessen Geschäftsführer sich persönlich nicht zitieren lassen will. Daher müssten für die Verzinsung der Erlebensfallleistung die Beitragsanteile für BUZ-Schutz und Vertragsverwaltung abgezogen werden. Also gehen nur 166 Euro pro Monat in den ersten zehn Jahren in die Rechnung ein (dann sind die Vertriebskosten bezahlt), und danach rund 170 Euro monatlich.

Auf dieser Basis kommt die Presseversorgung auf 4,03 Prozent Erlebensfall-Rendite zum Vertragsende. „Bei dieser Renditeangabe bleibt unberücksichtigt, dass wir im Todesfall schon nach der ersten Beitragszahlung fast 77.000 Euro an die Hinterbliebenen ausgezahlt hätten“, macht die Presseversorgung auf eine weitere Problematik des Vergleichs von Kapitalversicherungen und einer reinen Geldanlage nach dem Prinzip des Sparbuchs aufmerksam.

Über 4,0 Prozent Rendite für Klassik-Anlage

In Euro ausgedrückt sieht das Ergebnis laut Presseversorgung so aus: In einem Jahr sind gut 125.000 Euro Ablaufleistung zu erwarten – einschließlich laufender Überschüsse aus dem BUZ-Schutz und Schlussüberschüssen aus dem BUZ-Schutz. "Beide Überschüsse haben über die gesamte Laufzeit die Überschussbeteiligung der Hauptversicherung erhöht“, schreibt das Versorgungswerk.

Als „reine“ Erlebensfall-Leistung bleiben knapp 117.000 Euro. Setzt man diese ins Verhältnis zu den gezahlten Beiträgen für die Hauptversicherung, ergibt sich die genannte Rendite von 4,03 Prozent, rechnet die Presseversorgung vor. Finanzanalytiker Volker Looman kommt beim Nachrechnen sogar auf 4,18 Prozent, doch das könnte Näherungsdifferenzen geschuldet sein, denn die Zinseszinsberechnung war identisch, wie die vorliegenden Dokumentationen zeigen.

Standmitteilungen bleiben sensibles Thema

Letztlich wirbt die Presseversorgung für Verständnis bei ihren Standmitteilungen: „Hier verschmelzen rechtliche Anforderungen mit den Anforderungen der BaFin und interne Anforderungen mit den Wünschen der Kunden“, heißt es. Zugleich sollte eine „Standmitteilung schlank und informativ sein“. Daher habe man in den letzten Jahren immer wieder mal Anpassungen vorgenommen. Dennoch bleibe „die Darstellung der Werte das sensibelste Thema überhaupt“.

Tatsächlich gehen auch andere interessante Werte nicht aus der Standmitteilung hervor, etwa zu Kosten des Vertrages und zum Gewinn des Versicherers. Zu beidem antwortet das Versorgungswerk: „In den Beiträgen sind auch sehr konservativ Verwaltungskosten eingerechnet, die wir über die Überschussbeteiligung wieder anteilig zurückgeben.“ Rein prozentuale Angaben zu den Verwaltungskosten würden in die Irre führen, weil die Gutschrift über die Überschussbeteiligung nicht berücksichtigt werden könnte.

Angemessener Ausgleich für die Allianz

Das Presseversorgungswerk legt Beiträge in einem eigenen Deckungsstock und einem eigenen Sicherungsvermögen an. Eine Verschmelzung mit den Allianz-Kunden findet nicht statt, betont die Geschäftsführung.

Da die Vertragsverwaltung über ein Konsortium mit HDI, Axa und R+V unter Federführung der Allianz Leben erfolgt, erhalte die Allianz dafür einen angemessenen Ausgleich, zu dessen Höhe keine Angaben gemacht wurden.

Seite 1: Was an einer Standmitteilung zu bemängeln sein kann  Seite 2: Wie die Erlebensfallrendite bei der Presseversorgung ausfällt