Immo-Tommy-Fall

„Influencer haben ihre Berechtigung, um den Immobilienkauf näher zu bringen"

Die Vorwürfe um den Influencer Immo Tommy haben hohe Wellen geschlagen. Immer wieder taucht dabei die Frage auf: Sollten Influencer - gerade im Finanzsektor - besser reguliert werden?

Author_image
14:08 Uhr | 16. August | 2024
IVD-Bundesgeschäftsführerin Carolin Hegenbarth

IVD-Bundesgeschäftsführerin Carolin Hegenbarth

| Quelle: IVD

Auf Instagram und TikTok gibt Influencer Immo Tommy Tipps, wie man mit Immobilien ein Vermögen aufbauen kann. Er verspricht Einsteigern mit seiner Hilfe die perfekte Investition. Tomislav Primorac nennt sich selbst "Europas größter Immobilieninfluencer". Nicht Makler, nicht Vermittler, nicht Berater, sondern Influencer. Kein geschützter Begriff und keine Erlaubnis wie sie bei Finanzberatern oder eben Immobilienkreditvermittlern nach § 34i GewO sonst üblich ist. Kein notwendiger Sachkundenachweis. Keine Berufshaftpflicht-Versicherung (Immobilienkreditvermittler-Haftpflicht) sowie keine Registrierung im Vermittlerregister.

"Das Geschäftsgebaren des Influencers Immo Tommy können wir im Einzelnen nicht bewerten", sagt auf Nachfrage von procontra die IVD-Bundesgeschäftsführerin Carolin Hegenbarth. Letztendlich diene dieser Fall als neuerlicher Beweis, dass man beim Immobilienkauf ausschließlich Profis zu Rate ziehen solle, deren Qualifikation transparent nachvollziehbar seien. "Influencer zu verbieten, halten wir weder für den richtigen noch für einen gangbaren Weg", so Hegenbarth. "Sie haben durchaus ihre Berechtigung, um auch unerfahrenen Kapitalanlegern den Immobilienkauf als eine Option nahezubringen. Die weiteren Schritte sollten dann aber mit Immobilien-Profis gegangen werden."

Kein Aufpasser für Influencer

Zwischen einem Influencer wie Immo Tommy und den Mitgliedern des Immobilienverband Deutschland IVD, also Immobilienberatern und Maklern, besteht ein großer Unterschied: Die IVD-Mitglieder müssen ihre Qualifikation nachweisen und verpflichten sich zu lebenslanger Weiterbildung. Außerdem erkennen sie die IVD-Standesregeln an. Unzufriedene Kunden von IVD-Mitgliedern können sich zudem an den Ombudsmann Immobilien als Vertrauensperson und Schlichter in Streitfällen wenden.

Immo Tommy wurde bisher wahrscheinlich in erster Linie von seinen Followern beaufsichtigt. Wie die Geschäfte von Immo Tommy zu bewerten sind, werden sehr wahrscheinlich Gerichte entscheiden müssen. Aber nach Kenntnissen über die bisherige Sachlage liegt es nahe, dass der Influencer zwar Kunden vermittelt, aber im entscheidenden Moment an Geschäftspartner übergeben hat.

Die Finanzaufsicht BaFin ist für Fälle wie den von Immo Tommy jedenfalls ersteinmal nicht zuständig. Die BaFin beaufsichtigt Banken und Finanzdienstleister, private Versicherungsunternehmen sowie den Wertpapierhandel. Nur wenn jemand Dienstleistungen in diesem Bereich erbringt, die einer Erlaubnis bedürfen, kommt die BaFin ins Spiel - bei einem vermeintlichen Betrug übernimmt die Staatsanwaltschaft.

Fokus auf die Banken

Die BaFin dürfte höchstens dann hellhörig werden, wenn sich der Verdacht erhärtet, dass Banken Kredite gegeben haben, die über den eigentlichen Wert der Immobilie hinausgehen und vor allem, wenn dies im größeren Stil geschehen sein sollte.

Laut dem Bericht von NDR und Spiegel dokumentieren Kreditverträge zweifelhafte Finanzierungskonstrukte der größten deutschen Bausparkasse Schwäbisch Hall mit verschiedenen Banken. Nach der Zusammenarbeit mit Immo Tommy befragt, sagt die Bausparkasse Schwäbisch Hall allerdings gegenüber procontra, dass sie keine Kooperation mit Immo Tommy hat und hatte. Zur Einschätzung des in der Presse beschriebenen Finanzierungsmodells sagte die Schwäbisch Hall weiter: Die Art der Finanzierung aus einer Kombination von Immobiliendarlehen und Bausparvertrag mit Bauspardarlehen – auch genannt Kombi-Kredit - sei durchaus üblich und habe je nach Kunde deutliche Vorteile. So sichere es den Kunden während der gesamten Laufzeit gegenüber Zinsschwankungen ab.

Der Anwalt von einigen Betroffenen, Georgios Aslanidis, geht davon aus, dass die betroffenen Käufer Schadenersatzansprüche geltend machen können. Diese könnten beispielsweise auf arglistiger Täuschung über den Wert der Immobilie oder auch Mängel der Immobilie beruhen. Daneben könnten auch Ansprüche aufgrund verschwiegener und/oder überhöhter Provisionen bestehen.