Wohngebäudeversicherung

GDV zementiert kräftige Beitragserhöhungen

Der Anpassungsfaktor 2023 für die Wohngebäudeversicherung fällt fünf Mal so hoch aus wie im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Woran das liegt und warum die tatsächlichen Beitragserhöhungen noch deutlich heftiger ausfallen könnten.

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14:10 Uhr | 11. Oktober | 2022
Für viele Kunden in der Wohngebäudeversicherung dürften die Beiträge im neuen Jahr noch kräftiger steigen als „nur“ um rund 15 Prozent… Bild: fizkes

Für viele Kunden in der Wohngebäudeversicherung dürften die Beiträge im neuen Jahr noch kräftiger steigen als „nur“ um rund 15 Prozent… Bild: fizkes

Aufgrund der Berichterstattung der vergangenen Monate hatten sich Immobilieneigentümer eigentlich schon darauf einstellen können. Doch die tatsächliche Zahl dürfte dann doch den einen oder die andere schockieren: Um 14,7 Prozent steigt der Anpassungsfaktor für Beiträge in der Wohngebäudeversicherung für das Jahr 2023 gegenüber 2022 an. Das hat am Montag der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kundgetan. Der Ausschlag ist sehr deutlich, hatte der durchschnittliche Anstieg in den vergangenen zehn Jahren doch nur bei drei Prozent gelegen.

Relevant ist der Anpassungsfaktor nur für Verträge, denen die gleitende Neuwertversicherung zugrunde liegt. Laut GDV betrifft dies allerdings fast alle vorhanden Policen dieser Sparte. Der Vorteil gegenüber einer starren Versicherungssumme liegt darin, dass Reparaturen oder Wiederherstellungen nach einem versicherten Schaden stets zu aktuellen Preisen übernommen werden. Das Gebäude ist also immer zu 100 Prozent versichert.

Um das zu gewährleisten, müssen die Beiträge aber stets an die Entwicklung der Material- und Lohnkosten angepasst werden. Deshalb werden für den Anpassungsfaktor der Baupreisindex für Wohngebäude und der Tariflohnindex für das Baugewerbe des Statistischen Bundesamts berücksichtigt. Genau diese Werte sind aufgrund der Corona-bedingten Produktionsstopps, Lieferkettenproblemen und Fachkräfteknappheit seit 2020 aber kräftig gestiegen. Die allgemein heftige Inflation gepaart mit abnormen Preissteigerungen für Energie tun ihr übriges. Gleichzeitig ist eine gleitende Neuwertversicherung wichtiger denn je, um in Zeiten schneller Geldentwertung nicht mit einer deutlichen Unterversicherung dazustehen, wenn es zum Schaden kommt.

Mindestens 15 Prozent Mehrbeitrag

Das Vergleichsportal Check24 beispielsweise hatte bereits im September auf Basis seiner eigenen Daten einen durchschnittlichen Beitragsanstieg für 2023 in der Wohngebäudeversicherung um durchschnittlich 15 Prozent prognostiziert – allerdings versehen mit dem Hinweis, dass dieser Anstieg allein durch den Anpassungsfaktor erfolgen werde. Das ist wichtig, denn dieser beinhaltet nur Daten zu steigenden Preisen, nicht aber zu steigenden Schäden. Denn der zweite große Faktor für die Beitragsentwicklung ist auch in der Wohngebäudeversicherung die Schadenentwicklung – und diese sieht düster aus.

Seit über 20 Jahren liegt die Combined Ratio der Sparte, laut GDV-Zahlen, bei über 100 Prozent. Zwar hatte die Branche die Marke im Durchschnitt der Jahre 2016 bis einschließlich 2020 knapp unterschreiten, also ganz knapp in den Gewinnbereich kommen können. Doch im vergangenen Jahr schlug die Flutkatastrophe mit aller Härte zu und die Combined Ratio schnellte für 2021 auf 139,2 Prozent nach oben. Zwar ist eine solche Jahrhundertflut nicht jedes Jahr zu erwarten, doch aufgrund des Klimawandels und der zunehmenden Flächenversiegelung durch den Menschen werden die zeitlichen Abstände zwischen solchen Ereignissen kürzer. Bekanntermaßen sind auch noch nicht alle Flutschäden aus 2021 abschließend reguliert beziehungsweise liegen bei Gericht, weshalb die Ereignisse auch die aktuelle Schadenentwicklung noch beeinflussen werden.

Was Vermittler jetzt tun können

Somit ist es durchaus realistisch, dass die Beitragserhöhungen bei vielen Versicherten für 2023 höher ausfallen werden als 15 Prozent. Logischerweise werden somit höhere Anpassungen bei den Versicherern wahrscheinlicher, die sich mit ihrer Wohngebäudesparte schon seit Jahren in der Verlustzone befinden.

Der GDV weist darauf hin, dass den Kunden im Falle einer Anpassungsfaktor-bedingten Beitragserhöhung kein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Man könne aber widersprechen, wodurch aber die gleitende Neuwertversicherung entfallen würde und das Gebäude möglicherweise schnell unterversichert wäre. Vermittler sollten solche Reaktionen ihrer Kunden derzeit auf dem Schirm haben und ihnen stattdessen auch die anderen Möglichkeiten zur Abfederung heftiger Beitragssprünge, wie die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung oder mittelfristig den Wechsel des Versicherers aufzeigen.