Beitrag der Aktuare zur Prävention in der PKV
Die World Health Organization (WHO) hat 1948 einen wichtigen Satz geprägt: Gesundheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit, nämlich das vollständige körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden. Diese Definition zeigt die Notwendigkeit auf, dass man nicht nur schon bestehende Krankheiten bekämpfen, sondern ihnen auch aktiv vorbeugen muss.
Das wird in der Regel unter dem Begriff „Prävention“ zusammengefasst. Gesundheit und Prävention gehen also Hand in Hand. Das wird umso deutlicher, wenn man sich die feineren Unterscheidungen des Präventionsbegriffes anschaut. Man differenziert nämlich zwischen primärer Prävention, die die Ursachen von Krankheiten vorbeugend bekämpft, sekundärer Prävention, die die Krankheitsfrüherkennung beschreibt, und tertiärer Prävention, was die Wiederherstellung des Gesundheitszustandes umfasst.
Gesetzgeber in der Pflicht
Die darauf zugeschnittenen gesetzlichen Regeln, die für die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) gelten, zeigen, dass die Anerkennung der Bedeutung von Prävention auch auf breite Zustimmung in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik stößt. Beispielsweise ist hier das neue Gesundheitsdatenschutzgesetz zu nennen. Es ermöglicht einer GKV, gezielte Präventionsmaßnahmen zu empfehlen, die auf der gesundheitlichen Situation eines Versicherten fußen. Hierdurch werden Gesundheitsdaten ausgewertet, ohne eine explizite Zustimmung einzuholen. Nun sind aber nicht alle Menschen in der Gesetzlichen Krankenkasse versichert. Und hier ist der Haken: Diese Regelung gilt nicht für Private Krankenversicherungen (PKV). Das erschwert es der PKV, individuell abgestimmte Präventionsmaßnahmen anzubieten.
Prävention ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, das breite Anerkennung hat. Insofern darf auch das Leitbild der PKV nicht nur die Kostenerstattung sein, sondern ebenso das Verhindern von Krankheiten und deren Folgen. Dafür braucht es eine Neuausrichtung in Richtung Förderung der Gesundheit von PKV-Versicherten. Man spricht in dem Kontext auch von einem „Gesundheitsmanagement“. Dennoch wird, wie oben beschrieben, vom Gesetzgeber eine rechtliche Lücke gelassen, die der PKV genau das erschwert.
Methoden des Aktuariats unterstützen zielgenaue Prävention
Aktuarinnen und Aktuare können in Sachen Gesundheitsmanagement eine tragende Rolle spielen. Denn neben der Tarifkalkulation und Bewertung von Risiken liegt es in dem Kontext in ihrer Verantwortung, diverse Präventionsangebote auf ihren Nutzen für Kosteneffizienz und gesundheitlichem Nutzen hin auszuwählen. Dafür setzen sie unter anderem auf Data Science-Methoden und statistische Verfahren. So macht es das Propensity Score Matching möglich, den Erfolg von Gesundheitsmaßnahmen zu messen, indem Vergleichsgruppen „statistischer Zwillinge“ gebildet werden.
Schwere Krankheitsverläufe lassen sich durch geeignete Prävention teilweise vermeiden. In dem Zusammenhang ist das Predicitve Modelling zu nennen. Dieses wird im Aktuariat eingesetzt, um ganz gezielt Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Beispielsweise können hiermit Krankheiten prognostiziert werden. Das ist deshalb wichtig, weil natürlich der jeweils richtige Versicherte für die passenden Programme identifiziert werden muss.
Sekundäre und tertiäre Prävention, also kurzgesagt Früherkennung und Behandlung, sind vom Leistungsbegriff der PKV zweifelsfrei abgedeckt. Leider gibt es darüber hinaus aber erhebliche rechtliche Unsicherheiten. Diese betreffen in erster Linie die primäre Prävention, also vorbeugende Maßnahmen. Hier fehlt eine eindeutige gesetzliche Grundlage, um die PKV in die Lage zu versetzen, diesem so wichtigen Bereich gerecht zu werden, und eine umfassende Gesundheitsstrategie zu verfolgen.
Fazit: Prävention
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Prävention wichtig und ein gesamtgesellschaftliches Erfordernis ist. Sowohl individuell als auch volkswirtschaftlich kommt ihr eine enorme Bedeutung zu. Aktuarielle Methoden können einen sehr wertvollen Beitrag bei der Implementierung eines präventiven beziehungsweise ganzheitlichen Gesundheitsmanagements leisten. Immerhin sind derzeit circa 10 Prozent der Menschen in Deutschland privat versichert – beispielsweise Selbständige, Beamte oder Angestellte, die über der Beitragsbemessungsgrenze liegen. Dass die Private Krankenversicherung hier ihren Anteil bei der Prävention leisten muss, sollte klar sein. Der Gesetzgeber ist gefordert, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen.