Steigende Zusatzbeiträge
Anne Klemm, Vorständin des BKK-Dachverbands, sieht die Akzeptanz des Gesundheitssystems in Deutschland gefährdet. Grund hierfür sei das hohe Milliardendefizit, das sich in der gesetzlichen Krankenversicherung für das kommende Jahr abzeichnet. Dieses dürfte sich laut Klemm eher am oberen Ende der Schätzungen befinden. Bislang waren die Krankenkassen von einem Minus zwischen 3,5 und sieben Milliarden Euro ausgegangen. Grund dafür seien unter anderem mögliche Kosten von Reformen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, unter anderem bei der Notfallversorgung.
„Wir befinden uns an einem Kipp-Punkt der Akzeptanz für das System“, erklärte Klemm gegenüber dem „Handelsblatt“. „Die Versicherten werden bei steigenden Beiträgen und wachsender Unzufriedenheit mit der Versorgung hinterfragen, wofür sie eigentlich mehr Geld zahlen.“
Um die finanzielle Lücke der Kassen zu füllen, dürften zum kommenden Jahr erneut die Zusatzbeiträge angehoben werden. Bereits für 2023 war der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 1,3 auf 1,6 Prozent gestiegen. Das dürfte nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein.
Gemäß dem bislang unveröffentlichten Finanzergebnis der GKV, das dem „Handelsblatt“ vorliegt, müsste der Zusatzbeitrag – je nachdem ob seitens der Politik noch finanzielle Unterstützung zu erwarten ist – um 0,2 bis 0,4 Prozentpunkte ansteigen.
Ob der Bund allerdings weitere Steuermittel zur Stabilisierung der Krankenkassen zur Verfügung stellen wird, ist zweifelhaft. Bundesfinanzminister Christian Lindner pocht verstärkt auf die schwarze Null und zeigt bislang wenig Bereitschaft, weitere Milliarden Euro lockerzumachen. Zugleich dürften höhere Zusatzbeiträge, die hälftig auch von den Arbeitgebern getragen werden, ebenfalls kaum im Interesse des FDP-Politikers sein.
Kritik an zusätzlichen Steuermitteln hatte zuletzt auch der Wirtschaftsweise Professor Martin Werding geäußert. Im Gespräch mit dem PKV-Verband zog er in Zweifel, dass der demografische Wandel, der die finanzielle Situation der Kassen noch verschärft, sich mittels Steuermittel auffangen lasse. „Wir müssen über die Ausgaben, wir müssen über die Effizienz der Ausgaben reden“, mahnte er stattdessen.
Eine Kürzung der Leistungen wird von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach allerdings abgelehnt. Auch andere Vorschläge, wie beispielsweise ein Selbstbehalt von bis zu 2.000 Euro, dürften für die Regierung nicht sonderlich attraktiv sein.