Standardtarif und Pflegezusatz

Bundesregierung sieht keinen PKV-Reformbedarf

Die Bundesregierung sieht laut einer Antwort auf eine kleine Bundestagsanfrage in der PKV offenbar wenig Handlungsbedarf, um Beitragssteigerungen im Alter abzudämpfen. Auch wie die Pflege künftig finanziert werden soll, bleibt unklar.

Author_image
14:07 Uhr | 26. Juli | 2023
PKV

Die Bundesregierung sieht bei der privaten Krankenversicherung derzeit keinen Reformbedarf.

| Quelle: Wirestock

Die Bundesregierung sieht derzeit offenbar keinen Reformbedarf in der privaten Krankenversicherung (PKV), um mögliche Beitragssteigerungen im Alter zu verhindern oder abzufedern. Dies geht aus einer Antwort des parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium Florian Toncar auf eine kleine Anfrage der Union-Bundestagsfraktion hervor.

Unter anderem hatte die Union nach der Wirksamkeit der im Jahr 2000 installierten Maßnahmen wie dem gesetzlichen Beitragszuschlag und der Überzinsverwendung gefragt. Nach Angaben von Toncar können mit diesen Maßnahmen Beitragssteigerungen erfolgreich abgedämpft werden. Untersuchungen der BaFin hätten dies bestätigt. Weitere Schritte sind deswegen nicht notwendig. „Die Bundesregierung plant derzeit keine weitergehenden Maßnahmen zur Änderung der Vorschriften zur Beitragsgestaltung in der privaten Krankenversicherung“, so Toncar.

Auch beim Thema Basistarif sieht man in der Bundesregierung keinen Grund, tätig zu werden. Zum Hintergrund: Versicherungsnehmer, denen im Alter die Beiträge über den Kopf wachsen, können in den Basistarif wechseln. Allerdings kann auch dieser ziemlich teuer sein. Ein Wechsel in den günstigeren Standardtarif ist hingegen nur möglich, wenn der Versicherungsnehmer vor dem 1. Januar 2009 in die PKV eingetreten ist.

Ausreichend Möglichkeiten zur Beitragssenkung

Daran will die Bundesregierung auch in Zukunft nicht rütteln. Wer im Alter die Beiträge senken möchte, habe ausreichend Möglichkeiten. So können sie von ihrem Tarifwechselrecht Gebrauch machen oder einen höheren Selbstbehalt vereinbaren, so Toncar. Dies sei in vielen Fällen günstiger als in den Basistarif zu wechseln. „Vor diesem Hintergrund plant die Bundesregierung nicht, die privaten Krankenversicherer zum Angebot eines günstigen Tarifes zu verpflichten“, schreibt der FDP-Politiker.

Auch habe die Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber, dass Versicherte, die sich in einem Sozialtarif (Standard-, Basis- oder Notlagentarif) befinden, bei der Behandlung von Ärzten bzw. Zahnärzten schlechter gestellt werden. Bislang habe die Bundesregierung nur von Einzelfällen erfahren, in denen Ärzte bzw. Zahnärzte die Behandlung verweigert hätten. Die Kassenärztliche bzw. Kassenzahnärztliche Vereinigung hätten der Bundesregierung jedoch glaubhaft versichert, dass diesen Einzelfällen schnell abgeholfen werden konnte.

Ausweichend äußert sich Toncar zum Vorschlag, jüngere Erwerbstätige zum Abschluss einer kapitalgedeckten Pflegezusatzversicherung zu verpflichten. Einen entsprechenden Vorschlag hatte jüngst ein vom PKV-Verband initiierter Expertenrat veröffentlicht. Toncar verwies darauf, dass die Bundesregierung bis Ende Mai kommenden Jahres Empfehlungen „für eine stabile und dauerhafte Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung“ erarbeiten wolle. Im Rahmen dieses Prozesses werden verschiedene Vorschläge erörtert und geprüft. Diesem Prozess wolle er aber nicht vorgreifen, so Toncar.

Ampel soll genauer hinschauen

Bei der CDU nimmt man die Antworten der Bundesregierung mit einer gewissen Portion Skepsis zur Kenntnis. So erklärt Stephan Pilsinger, in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Berichterstatter für das Thema PKV, dass ihn in letzter Zeit vermehrt Kritik von PKV-Versicherten erreicht habe, die über den Basistarif versichert sind. Diese hätten berichtet, dass sie von einigen Ärzten und Zahnärzten nicht behandelt wurden oder ihnen die volle Rechnungssumme nach Gebührenordnung in Rechnung gestellt wurde. Zum Hintergrund: Mediziner erhalten für die Behandlung von Versicherten aus dem Basistarif eine geringere Vergütung als für andere PKV-Versicherte. "Auch wenn das natürlich nur einen kleinen Teil aller PKV-Versicherten betrifft, muss die Ampel hier mal genauer hinschauen", fordert Pilsinger.

Dass Versicherungsnehmer, die nach 2009 in die PKV eingetreten sind, nicht mehr in den Standard-, sondern nur noch in den Basistarif wechseln können, bezeichnete Pilsinger als ernsthaftes Problem. "Das ist ein Relikt bzw. Kompromiss aus dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz von 2007, als die SPD in der ersten Großen Koalition mit der Union die PKV eigentlich abschaffen wollte. Da muss sich die SPD nun endlich einen Ruck geben und im Interesse finanziell schwächerer Versicherter eine Anpassung vornehmen."