Produkttest

Was taugt „Diagnose Leben!“ der Würzburger Versicherung?

Rund 500.000 Krebsneuerkrankungen werden Jahr für Jahr in Deutschland gezählt. Für die Versicherer sind Krebsversicherungen folglich ein interessantes Geschäft. Doch was taugen sie wirklich? Versicherungsmakler Oliver Mest hat für uns einmal genauer hingeschaut.

08:10 Uhr | 02. Oktober | 2023
Produkttest

Versicherungsmakler Oliver Mest testet in regelmäßigen Abständen für procontra Versicherungsprodukte. Diese Woche: die “Diagnose Leben” der Würzburger.

| Quelle: procontra

Diagnose: Krebs. Wer diese Diagnose bekommt oder miterlebt im persönlichen Umfeld, der ist zunächst einmal geschockt und in seinen Grundfesten erschüttert. Das gilt natürlich auch für alle finanziellen Aspekte, denn eine Krebserkrankung kann dazu führen, dass die Betroffenen etwa den Job verlieren oder deutliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Dazu kommen Mehrkosten, etwa für Therapien oder Betreuungsaufwand. Kein Wunder also, dass Krebsversicherungen gefragt sind. Aber was leisten sie wirklich? Etwa die „Diagnose Leben!“ der Würzburger, die bei der Diagnose Krebs zur Seite stehen soll?

Was leistet der Tarif?

Der Tarif sieht eine Leistung vor, wenn eine in den Bedingungen festgelegte Krebsart diagnostiziert wird. Dabei wird unterschieden zwischen Krebsarten für Kinder, Frauen und Männer. Bei Kindern bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind alle Krebserkrankungen mitversichert. Bei Frauen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr sind diese Krebsarten mitversichert:

  •       Mammakarzinom (Brustkrebs) an einer oder beiden Brüsten,

  •       Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) an einem oder beiden Eierstöcken,

  •      Tubenkarzinom (Eileiterkrebs) an einem oder beiden Eileitern,

  •       Uteruskarzinom (Gebärmutterkrebs),

  •       Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs),

  •       Vaginalkarzinom (Scheidenkrebs),

  •       Vulvakarzinom (Krebs der äußeren Schamlippen, einschließlich der Schamlippenhaut),

  •       Chorionkarzinom (Plazentakrebs).

Bei Männern erstreckt sich der Versicherungsschutz ab dem vollendeten 18. Lebensjahr auf diese Krankheitsbilder:

  •       Prostatakarzinom (Prostatakrebs),

  •       Peniskarzinom (Peniskrebs),

  •       Hodenkarzinom (Hodenkrebs),

  •       Nierenkarzinom (Nierenkrebs),

  •       Nierenbeckenkarzinom (Nierenbeckenkrebs),

  •       Harnleiterkarzinom (Harnleiterkrebs),

  •       Harnblasenkarzinom (Harnblasenkrebs),

  •       Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs).

 

Wird während der Vertragslaufzeit eine der versicherten Krebsarten diagnostiziert, wird das versicherte Diagnosegeld gezahlt: Bei Kindern sind das 10.000 Euro Einmalzahlung, Erwachsene können wählen zwischen einer Versicherungssumme von 25.000 und 50.000 Euro.

Dazu sind folgende Leistungen vom Versicherungsschutz mit umfasst:

  •   medizinische Assistance, etwa für eine ärztliche Zweitmeinung

  •   psychologische Betreuung

  •   Kosten für Stilberatung, wenn etwa eine Perücke getragen werden muss.

 

Begrenzt sind diese Leistungen auf einmalig 1.000 Euro. 

Die Beiträge sind ohne Altersrückstellung kalkuliert und betragen bei Kindern 6,90 Euro, bei Erwachsenen starten sie bei 9,90 Euro, wenn ein Diagnosegeld von 25.000 Euro vereinbart wird. In der letzten Altersgruppe ab 50 Jahren beträgt der Beitrag dann 29,90 Euro. Bei einem Diagnosegeld von 50.000 Euro reichen die Beiträge von 19,80 Euro bis 59,80 Euro im Monat.

Was sind die Vorteile?

Natürlich kann eine Einmalzahlung bei einer Krebsdiagnose hilfreich sein – das steht in Anbetracht der gravierenden Änderungen der Lebensumstände außer Frage. Und natürlich können auch die Zusatzleistungen hilfreich sein: Eine ansehnliche Perücke nach einer Krebserkrankung hilft den Betroffenen, die Krankheit zu überwinden, am Leben teilzuhaben und hoffentlich schnell zu genesen.

Was ist bei dem Produkt kritisch zu sehen?

Ja, es ist natürlich ein Vorteil, wenn ein schwer erkrankter Mensch finanzielle Hilfe bekommt. Es ist aber auch ein Produkt der vielen „Abers“! Eine Krebserkrankung erschüttert die Betroffenen in ihren Grundfesten und es bedarf einer umfassenden Absicherung, damit die medizinische Versorgung gewährleistet ist und wenigstens die finanziellen Folgen der Erkrankung überschaubar bleiben.

Dazu gehört eine Todesfallabsicherung des Partners und der Familie, falls der Krebs nicht besiegt werden kann. Dazu gehört eine Arbeitskraftabsicherung, damit ein wegfallendes Einkommen kompensiert wird. Eine leistungsstarke Zusatzversicherung oder eine starke PKV sind ebenfalls Garanten dafür, dass Menschen eine Chance haben, den Krebs zu besiegen.

Eine Einmalzahlung der Krebsversicherung von bis zu 50.000 Euro wirkt gering in Anbetracht dieser erforderlichen Absicherung. Die Beiträge allerdings sind alles andere als klein und gering: Wer die Versicherung mit Anfang 30 abschließt, zahlt bis Mitte 50 rund 12.000 Euro Versicherungsbeiträge für eine Einmalzahlung von 50.000 Euro. Zum Vergleich: Wer in einer günstigen Berufsgruppe mit Anfang 30 eine Berufsunfähigkeitsversicherung über 2.000 Euro abschließt, zahlt bis Mitte 50 insgesamt vielleicht 20.000 Euro Beiträge. Aber versichert ist dafür eine BU-Rente von 24.000 Euro im Jahr und damit eine theoretische Versicherungssumme von über 700.000 Euro bis zum Beginn der Altersrente. Und die kommt nicht nur bei einer von vielen Krebserkrankungen zur Auszahlung, sondern bei jeder Krankheit, die zur Berufsunfähigkeit führt. Bei der Krebsversicherung stimmt einfach die Relation von Risiko und Kosten für den Kunden nicht. Das gilt umso mehr, als ja viele Krebsarten, die häufig auftreten, gar nicht versichert sind: Dickdarm- und Enddarmkrebs etwa, Lungenkrebs oder Hautkrebs.

Wer ist die Zielgruppe? 

Krebsversicherungen werden mit Angst verkauft. Und genau diese Menschen, die Angst vor einer so gravierenden Erkrankung haben, sind die Zielgruppe, weil sie meist im Familienumfeld oder im Freundeskreis mit der Diagnose Krebs konfrontiert worden sind.

Tipps für den Vermittler und die Vermittlung

Eine Krebsversicherung wie die „Diagnose Leben!“ kann immer nur die letzte Vorsorgelösung sein, wenn Menschen gegen schwere Krankheiten finanziell gewappnet sein möchten. Diese Prämisse muss bei der Beratung immer im Vordergrund stehen und damit ist ein anderer Fokus wichtig: Auf die Arbeitskraftabsicherung, den Hinterbliebenenschutz, die ergänzende oder vollständige Gesundheitsvorsorge und – wenn man als Vermittler wirklich helfen will – sollte ein Schwerpunkt der Beratung auch die Notfallplanung sein, damit den Menschen in einem Ernstfall wirklich geholfen wird. Vorsicht auch bei der Gesundheitsfrage: Denn die Würzburger fragt eigene Krebserkrankungen der letzten zehn Jahre und Erkrankungen im engen familiären Umfeld ab. Das sollten Vermittler und Kunden im Blick behalten und sauber recherchieren, wenn tatsächlich ein Antrag gestellt werden soll. Wichtig ist bei einer solchen Ausschnittsdeckung übrigens immer die Dokumentation: Denn wenn dem Versicherten im Leistungsfall klar wird, wie gering sein Schutz eigentlich ist und welche Optionen es gibt, dann droht ein Haftungsfall, wenn der Vermittler nicht nachweisen kann, dass er die Optionen wie BU oder Risikoleben nicht angeboten hat. 

Das Fazit

Die „Diagnose Leben!“ ist wie so manch andere Krebsversicherungen auch eine reine Angst-Versicherung. Der Leistungsumfang ist doppelt eingeschränkt: Geleistet wird nur bei Krebserkrankungen und der Kreis der versicherten Erkrankungen ist auch eng gezogen. Dafür steht der Beitrag außer Verhältnis, infrage kommt der Schutz wirklich nur für Antragssteller, deren Vorsorge in den relevanten Bereichen wirklich perfekt ist.