Fondspolicen boomen. Ihr Anteil im Neugeschäft betrage bereits 50 Prozent, berichtet David Dyschelmann, Analyst bei der auf Versicherungsunternehmen spezialisierten Rating-Agentur Assekurata in einem Blog-Beitrag. „Aufgrund des weiterhin hohen Sicherheitsbedürfnisses der deutschen Sparer erscheinen insbesondere Fondspolicen mit Garantie eine passende Alternative zu den rein klassischen oder investmentorientierten Tarifen.“ Das Problem: Die Suche nach einem individuell passenden Vertrag sei sowohl für Versicherungsmakler als auch für Kunden gar nicht so einfach. Die komplexe Produktgestaltung erschwere die Vergleichbarkeit der Renten- und Kapitalleistungen.
Anlage mit Sicherheitsnetz
Dies ist das zentrale Ergebnis der 21. Assekurata-Studie zu Überschussbeteiligungen und Garantien, in welcher die Analysten erstmalig Fondspolicen mit Garantien untersucht haben. Gleichwohl ist die Fondsanlage mit Sicherheitsnetz bei deutschen Kunden beliebt. Das liegt auch an der hohen Inflation, die die Rendite von reinen Zinsprodukten, wie zum Beispiel einer klassischen Lebensversicherung, absacken lässt. Auch nach der jüngsten Leitzinserhöhung durch die Europäische Zentralbank um 0,25 Prozent auf 3,75 Prozent ist der Realzins weiterhin deutlich negativ, nämlich minus 4,95 Prozent.
Diese Verlustrendite ergibt sich durch Abzug des Zinssatzes von aktuell 2,25 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen, die in der Geldanlage von Versicherern eine maßgebliche Rolle spielen, von der hartnäckig hohen Inflationsrate in Deutschland in Höhe von 7,2 Prozent im April. Vor diesem Hintergrund bieten Fondspolicen mit Garantie zumindest die Aussicht auf eine positive Verzinsung. Wie groß die Chance ist, hängt auch davon ab, wie viel Geld aus den Beiträgen am Kapitalmarkt angelegt wird. „Die analog zum Aktiendepot höhere Rendite ist das Verkaufsargument“, betont Dyschelmann.
Topf-Wirtschaft der Versicherer
Laut Assekurata habe eine Fondspolice mit Garantie einen „hybriden Charakter“. Das Kundengeld fließt meist in zwei oder drei Anlagetöpfe. Einer davon ist das klassische Sicherungsvermögen eines Lebensversicherers, das dazu genutzt wird, die Kapitalgarantie sicherzustellen. Der Topf für die Fondsanlage ermöglicht Investitionen in freie Fonds oder gemanagte Portfolios. Von den 20 untersuchten Versicherern mit einem Marktanteil von in Summe 47 Prozent nutzen 14 zwei Töpfe und sechs drei Töpfe, bei denen noch ein Wertsicherungsfonds hinzukommt.
Die Aufteilung der Sparprämie auf die Töpfe erfolgt entweder in einem festen Verhältnis (statisch) oder es werden regelmäßige Umschichtungen (dynamisch) vorgenommen. In der Analyse sind die dynamischen Varianten leicht in der Überzahl. Ein Versicherer nutzt die dynamische Portfolioabsicherungsstrategie iCPPI (Swiss Life).
Keine Vorgaben der Aufsicht
Allein dieser unterschiedliche Aufbau erschwert die Vergleichbarkeit der Fondspolicen. Die Versicherer verstärken das Problem sogar noch, stellt Dyschelmann fest. Da die Performance des Investments im Vorhinein unsicher ist, arbeiten die Anbieter mit Hochrechnungsannahmen. „Und hier liegt eben die Krux an der Sache: Die konkrete Hochrechnungsmethode der einzelnen Anlagetöpfe unterliegt keiner aufsichtsrechtlichen Vorgabe. Hierdurch kann es – selbst bei identischen Zinsannahmen – in den berechneten möglichen Ablaufleistungen zu Rentenbeginn zu großen Unterschieden kommen.“
So liegt laut Studie die mögliche monatliche Rente bei den untersuchten Tarifen in einem breiten Korridor zwischen 136 Euro und 401 Euro. Ähnliche Unterschiede hat Assekurata für das mögliche Gesamtkapital zu Rentenbeginn festgestellt. Hier reicht die Spanne von fast 58.000 Euro bis hoch zu knapp 115.000 Euro. Aus all dem folgert Dyschelmann: „Die in Aussicht gestellten Vertragsleistungen hängen nicht nur von der angenommenen Wertentwicklung ab, sondern auch von der Hochrechnungsmethodik und dem Garantieniveau des jeweiligen Tarifs.“
Mal mit, mal ohne Kosten
Bei den Hochrechnungsmethoden unterscheidet man zwischen Netto- und Bruttomethode, also einmal Wertentwicklung nach Fondskosten und einmal vor Fondskosten. Die Nettomethode gilt als intransparent und wird laut Assekurata nur von zwei Studienteilnehmern genutzt. Doch die Bruttomethode führe auch nicht zwangsläufig zu einem „realitätsnahen Ergebnis“. Denn in beiden gängigen Varianten der Bruttomethode – gemäß GDV- oder PIA-Empfehlung – werde das gesamte Kapital mit einer universellen Annahme zur Gesamtperformance hochgerechnet. In Anbetracht der rückläufigen laufenden Verzinsung der vergangenen Jahre, erscheint auch dies mit Blick auf den „Topf“ des Sicherungsvermögens wenig zielführend, schlussfolgert der Versicherungsanalyst.
Mit diesem Problem gehen Versicherungsmakler unterschiedlich um. „Da denke ich nicht weiter drüber nach und nutze einfach meine Anbieter und Vergleich-Tools“, ist von Ein-Mann-Maklerbüros bei der Recherche zu hören. Allzu lax sollten Vermittler die schlechte Vergleichbarkeit aber nicht nehmen. Haftungsrisiken sind jedenfalls nicht auszuschließen. Die Recherche von procontra ergab, dass sich Rechtsanwaltskanzleien bereits gutachterlich mit dem Thema befassen.
Gesetzgeber könnte aktiv werden
Immerhin, betont Policen-Profi Dyschelmann: „Die Expertise eines versierten Beraters kann Abhilfe schaffen.“ Und weiter: „Oder eine Verbesserung der Vorgaben durch den Gesetzgeber bzw. von Seiten der Lebensversicherer selbst.“ Auf jeden Fall hätten die Anbieter weiterhin Verbesserungsbedarf in Sachen Transparenz.
Großmakler wie MLP setzen bei der Beratung zu Fondspolicen mit Garantie auf die unternehmenseigene Software und die dort verwendete einheitliche Bruttomethode. Alexander Kukovic, Senior Berater bei Hoesch & Partner betont: „Die dargestellten Ablaufwerte sind häufig eher sportlich angesetzt. Deshalb stellen wir immer in Frage, ob und wie der Versicherer seine im Angebot dargestellten Hochrechnungen in Zukunft tatsächlich dauerhaft einlösen können wird.“
Die Kennzahlen überprüfen
Um Transparenz im Vergleichsprozess zu haben, prüften die eigenen Berater drei Werte: Rentengarantiefaktor, Effektivquote und Finanzstärke des Versicherers. Um letztere zu ermitteln, sollten Berater zumindest bei Tarifen mit klassischer Verrentung Kennzahlen wie Vertragsanzahl, Nettobestandszuwachs, Nettoverzinsung sowie Solvenz- und Mindestkapitalanforderungen des Versicherers selbst prüfen.
Fazit: Fondspolicen sind zwar der Renner, vor allem jene mit Garantie. Aber im Interesse des Kunden muss sich jeder Makler mühen, um Vergleichbarkeit bei den von den Versicherern in Aussicht gestellten Leistungen zu schaffen. Die von Assekurata ermittelten Spannen bei der möglichen Monatsrente beziehungsweise beim möglichen Kapital zu Rentenbeginn sind jedenfalls gewaltig.