Auf dem Weg zum eigenen Deckungskonzept

„Deckungskonzepte verschaffen einen Beratungsvorsprung“

Welche Vorteile spezielle Deckungskonzepte für Makler bieten und warum sie vor einem Maklerwechsel schützen, erklärt Yvonne Franzen-Rommel, Produktmanagerin beim Deutschen Maklerverbund (DEMV).

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07:06 Uhr | 02. Juni | 2023
Yvonne Franzen-Rommel

Mittlerweile hat der Deutsche Maklerverbund (DEMV) über 30 Deckungskonzepte entwickelt. Wie genau ein Spezialversicherungsprodukt auf die Beine gestellt wird und warum es vor der Maklerhaftung schützt, erklärt Yvonne Franzen-Rommel, Produktmanagerin beim DEMV.

| Quelle: Deutscher Maklerverbund (DEMV)

procontra: Frau Franzen-Rommel, Sie erstellen spezielle Deckungskonzepte für Ihre Makler. Wo setzen Sie an, wenn Sie ein neues Deckungskonzept entwickeln wollen?

Yvonne Franzen-Rommel: Zunächst finden wir heraus, welche Sparte gerade besonders nachgefragt wird. Momentan ist das der private Sachbereich: Hausrat, Unfall, private Haftpflicht und Tierhalterhaftpflicht. Durch die Vergleichsrechner lässt sich das gut überblicken. Manche Makler geben uns auch Hinweise, welche Leistungen fehlen und aus ihrer Sicht besonders wichtig sind. Mittlerweile haben wir über 30 Deckungskonzepte entwickelt.

procontra: Wie geht es dann weiter?

Franzen-Rommel: Anschließend erstellen wir eine Tabelle über die bestehenden Produkte und Tarife der Gesellschaften, in der die versicherten Leistungen aufgeführt sind. Es gibt natürlich auch Leistungen, die nicht unbedingt sinnvoll und eher Marketing sind. Manchmal gibt es Leistungseinschlüsse, die erst einmal schön aussehen. Aber beim Blick in das Bedingungswerk sieht man eine Reihe von Ausschlüssen, die eine Schadenregulierung fast unmöglich machen. Wir kategorisieren also nach wichtigen, notwendigen und irrelevanten Leistungspunkten.

procontra: Was passiert dann mit diesem Überblick?

Franzen-Rommel: Diese Liste schicken wir dem Versicherer und gehen sie gemeinsam mit ihm durch: Mal empfehlen wir eine höhere Deckungssumme oder wir sehen bei einem anderen Versicherer Leistungen und fragen, ob wir sie hinzunehmen können. In die Überlegung nach dem besten Konzept fließen auch tarifunabhängige Überlegungen ein, wie das Verhalten des Versicherers bei der Schadenregulierung oder das Servicelevel. Es gibt so viele unterschiedliche Tarife und oft sind es nur Nuancen, die sich unterscheiden. Letztlich geht es darum, dass wir ein gutes bestehendes Produkt auswählen und verbessern. Am Ende entsteht ein Premiumprodukt.    

procontra: Das heißt, Basisprodukte sehen Sie sich gar nicht erst an?

Franzen-Rommel: Nein, an denen müsste zu viel gemacht werden. Da geht kein Versicherer mit. Wir konzentrieren uns auf die bestehenden leistungsstarken Produkte und das Preis-Leistungs-Verhältnis. Deckungskonzepte, in denen alles enthalten ist, kosten auch etwas. Tatsächlich werden unsere speziellen Deckungskonzepte aber von Maklern häufiger abgeschlossen als die Standardprodukte.

procontra: Warum ist das so?

Franzen-Rommel: Es gibt so viele unterschiedliche Tarife und oft sind es nur Nuancen, die sich unterscheiden. Unsere Makler können sicher sein, dass sich Spezialisten, Produktmanager und Gesellschaften Gedanken gemacht haben und noch einmal zusätzliche Leistungen eingeschlossen haben. Sie bekommen ein Rundumpaket. Es gibt aber noch Nebensparten, wenn man zum Beispiel eine Fahrradversicherung abschließen möchte, wird die nicht unbedingt in einem Vergleichsrechner angeboten. Das schließen die Makler manchmal noch über die Versicherer direkt ab.

Spezialmakler, die eigene Deckungskonzepte entwickeln, brauchen gute Umsätze.
Yvonne Franzen, Produktmanagerin beim Deutschen Maklerverbund (DEMV)

procontra: Welche Vorteile haben eigene Deckungskonzepte?

Franzen-Rommel: Diese Konzepte haben durch die besseren Versicherungsbedingungen ein Alleinstellungsmerkmal und Makler dadurch einen Beratungsvorsprung gegenüber dem Wettbewerb: Ein Kunde, dessen Makler über uns abschließt, erhält ja bessere Bedingungen. Dadurch werden im Schadenfall mehr Leistungen reguliert. Will der Kunde den Makler wechseln, verliert er diese Vorteile. Oft sieht er dann von einem Wechsel ab. Wir schützen also auch unsere Makler und ihre Bestände.

procontra: Kann ein Makler, der den DEMV verlässt, das Produkt mitnehmen?

Franzen-Rommel: Nein, er verliert dann das spezielle Deckungskonzept. Es ist aber selten, dass ein Makler aus dem Verbund geht, um als Einzelkämpfer weiterzumachen. Makler werden sich noch mehr den Verbünden anschließen, denn der Vorteil von Maklergemeinschaften ist, dass sie geschlossen gegenüber dem Versicherer auftreten und Wettbewerbsvorteile verhandeln, die ein Makler so nicht verhandeln kann. Aber wir sind nicht die einzigen, die spezielle Deckungskonzepte anbieten. Das ist ein enormer Druck, man steht ständig unter Strom. Für Makler ist der Wettbewerb der Verbünde um die besten Deckungskonzepte von Vorteil, insbesondere bei der Maklerhaftung.  

procontra: Warum?

Franzen-Rommel: Die Konzepte sind vollgestopft mit Leistungen, im Schadenfall ist der Kunde geschützt. Das macht auch die Schadenregulierung einfacher. Außerdem sind die Bedingungen in den Spezialprodukten besser formuliert. Man muss im Schadenfall nicht lange rätseln, ob etwas abgedeckt ist oder nicht. Schließlich sind die Versicherungsbedingungen selbst für Makler oft nicht immer verständlich. Zudem ist die Handhabung über unsere DEMV-Vergleichsrechner einfacher, das heißt Makler müssen nicht lange suchen, wo etwas ist, sondern bekommen die speziellen Konzepte gleich angezeigt. Wichtig ist, dass die guten Deckungskonzepte in gewohnte Abschlussstrecken integriert sind, so dass der Makler sie so einfach wie möglich anbieten und abschließen kann. Gerade hier trennt sich aber die Spreu vom Weizen.

procontra: Warum nehmen die Versicherer die Leistungserweiterungen nicht einfach selbst vor?  

Franzen-Rommel: Sie sind oft an die bestehenden Versicherungsbedingungen gefesselt. Die können nicht alle zwei bis drei Jahre verändert werden, eine Anpassung dauert. Die Versicherer haben recht starre Systeme, in denen ihre Tarife eingebettet sind. Ein weiteres Produkt bedeutet für sie sehr viel Arbeit. Für den Versicherer ist es ein Vorteil, wenn er sieht: Hier gibt es viele angebundene Partner, die Nachfrage wird hoch sein.

procontra: Ihre Deckungskonzepte kann der Versicherer aber selbst nicht offerieren?

Franzen-Rommel: Nein, wenn Makler direkt über die Gesellschaften gehen würden, bekommen sie das Produkt dort nicht. Darauf kann auch kein außenstehender Makler zugreifen, sie sind ausschließlich unseren angeschlossenen Maklern vorbehalten. Auch Kunden, die nicht über unsere Makler gehen, kommen nicht an die Produkte ran, in anderen Vergleichsrechnern tauchen sie nicht auf.

procontra: Wie gelingt es, ein Konzept erfolgreich beim Versicherer zu platzieren?

Franzen-Rommel: Verbünde benötigen eine große Anzahl an professionellen Maklern, die zu ihren Kunden jahrelange Beziehungen aufgebaut haben. Das schützt am besten vor Versicherungsbetrug und sorgt für eine gute Schadenquote. Zudem muss der Kontakt zum Versicherer vertrauensvoll sein. Spezialmakler, die eigene Deckungskonzepte entwickeln, brauchen gute Umsätze.

procontra: Woran kann das Vorhaben scheitern?

Franzen-Rommel: Es kann sein, dass der Versicherer nicht mit den Punkten, die wir als wichtig erachten, mitgeht. Oder das Produkt ist kalkulatorisch nicht stemmbar, vielleicht weil es ein erhöhtes Risiko gibt. Manchmal dauert es dem Versicherer zu lange, bis ein Tarif mit der Deckungserweiterung im Vergleichsrechner eingestellt ist. Es kann Monate dauern, bis ein Tarif mit der Deckungserweiterung drin ist. Da sagen Versicherer auch mal: Bis dahin haben wir schon wieder einen anderen Tarif, der das alles beinhaltet. Um das zu umgehen, verschaffen wir uns den Marktüberblick und schauen uns die Produkte vorher genau an.

procontra: Wie häufig muss ein Konzept im Nachgang aktualisiert werden?

Franzen-Rommel: Wir bewerten jährlich die Deckungskonzepte und Sondervereinbarungen und sehen uns an, wo es Weiterentwicklungsbedarf gibt, wo Bedingungen wieder angehoben worden und wieder alle Leistungen enthalten sind. Wenn bestimmte Kriterien nicht mehr erfüllt sind oder perspektivisch nicht mehr erfüllt werden können und die Schadenquote nach oben geht, ist es für Versicherer nicht mehr sinnvoll, die Police in den nächsten Jahren auszubauen oder überhaupt noch anzubieten. Dann wird das Deckungskonzept eingestampft. Deswegen muss man sich im Vorfeld auch die Schadenquoten ansehen.

procontra: Das klingt nach viel Arbeit.

Franzen-Rommel: Je mehr Produkte man rausbringt, desto mehr Arbeit ist es. Dann muss man mit der Gesellschaft nachverhandeln und prüfen, ob das Konzept in dem Vergleichsrechner auch darstellbar ist. Bis die Nebenvereinbarung durch die Gesellschaft ausgearbeitet ist, vergeht bis zu einem Jahr. Wir haben uns daher selbst schon gefragt, ob das Sinn macht, weil es eben ein enormer Arbeitsaufwand ist.

Vor- und Nachteile von Spezialkonzepten?

  • Verständlicheres Bedingungswerk

  • Kunden bleiben eher ihrem Makler treu

  • Leichtere Schadenregulierung

  • Makler verlieren Spezialkonzept durch Verbundwechsel

  • Unübersichtliches Angebot, weil jeder Verbund eigene Spezialkonzepte anbietet

  • Versicherer kann Deckungskonzept wieder vom Markt nehmen

procontra: Ist der häufigste Grund, dass das Konzept nach Implementierung für den Versicherer nicht funktioniert, eine hohe Schadenquote?

Franzen-Rommel: Ja, es kann aber auch sein, dass das Konzept nicht richtig vom Vergleichsrechner angezeigt werden kann. Wir hatten mal einen Tarif in der Unfallversicherung, der ohne Gesundheitsfragen abgeschlossen werden konnte. Das Problem war aber, dass wir genau das in dem Vergleichsrechner nicht richtig abbilden konnten. Dann haben die Makler weiterhin die Gesundheitsfragen gestellt und ausgefüllt. Der Versicherer hat dann die Angaben und hat im schlimmsten Fall den Antrag abgelehnt. Damit geht der Vorteil des Tarifs verloren, er kommt schlicht nicht zum Einsatz.

procontra: Haben Sie selbst auch Produkte wieder ad acta gelegt, also „eingestampft“?

Franzen-Rommel: Nein, das war bisher noch nicht notwendig. Unsere Kriterien bei Auflegung eines Deckungskonzeptes haben das bisher verhindert.

procontra: Verliert ein Kunde den Schutz, wenn ein Spezialkonzept wieder aus dem „Sortiment“ genommen wird?

Franzen-Rommel: Kunden behalten den Schutz. Aber wir sehen uns an, welcher Versicherer vergleichbare Leistungen anbietet und nachrutschen könnte. Da ist sehr viel Bewegung im Markt.