Svenja Richartz schafft mit Blockchain eine neue Versicherungsbörse
Es steckt ziemlich viel Geschichte in Hamburg. Nicht nur in der Stadt und ihrer hanseatischen Tradition. Mit einem Blick auf die Entwicklung der Versicherungsbranche wird das einmal mehr deutlich. Vor 466 Jahren, im Jahr 1558 nämlich, wurde der Grundstein der Versicherungsbörse in Hamburg gelegt. Denn einem Hamburger Kaufmann wurde gestattet, eine „Freie Börse“ für Handel zu errichten. Auch Versicherungsverträge wurden hier vermittelt und abgeschlossen.
„Zur Versicherungsbörse bin ich zufällig gekommen, so wie ich zuvor per Zufall in die Transport- und Seefahrtversicherung gekommen bin“, sagt die promovierte Juristin Svenja Richartz. Seit 2019 ist sie im Vorstand und leitet als Vorsitzende die Hamburger Versicherungsbörse. „Wer in der Transportversicherung landet, kommt meist per Zufall dorthin. Denn in der Ausbildung zu Versicherungskaufleuten spielt dieser Zweig leider überhaupt keine Rolle. Und das, obwohl die erste Pflichthaftpflichtversicherung auf deutschem Boden aus Schiffspassagen entstanden ist. Denn die Verkäufer von Passagen von Deutschland in die Vereinigten Staaten, die so genannten Auswanderungsexpedienten, wurden verpflichtet, über eine Versicherung zu gewährleisten, dass die Menschen, während sie auf ihre Passage warteten, nicht auf Hamburger Stadtgebiet verelendeten“, sagt Svenja Richartz.
Blockchain-System seit knapp einem Jahr aktiv
Im Oktober 2018 wurde der Präsenzbetrieb der Börse eingestellt, und es gab die ersten Überlegungen für einen digitalen Börsensaal. Doch wie könnte ein digitales System aussehen? „Die Bedürfnisse der Mitglieder nach einem Handelsplatz führten uns schließlich zu unseren Anforderungen und mit diesen Anforderungen suchten wir einen passenden Technologieanbieter“, berichtet Richartz. Nach vielen Gesprächen, Ideen und einigen Testläufen entstand letztlich eine Börse, die auf einer Blockchain-Technologie basiert. Damit ist eine klassische Datenbank nicht notwendig. Das System funktioniert dezentral und bietet damit höchste (Ausfall-)Sicherheit.
„Seit beinahe einem Jahr sind wir mit diesem System live und konnten bereits einige Verbesserungen auf Anregung unserer Mitglieder umsetzen. Dieser digitale Handelsplatz eröffnete uns zudem die Möglichkeit, nicht nur im Hamburger Raum, sondern bundesweit aktiv zu werden. Der Name ‚Hamburger Versicherungsbörse‘ hatte sich damit überholt, und es wurde die ‚Hanseatische Versicherungsbörse‘. Unsere Mitglieder und Börsenbesucher sitzen nun neben Hamburg auch in Bremen, Düsseldorf oder Braunschweig“, so die Juristin, die ihren Hauptjob als Head of Legal bei Hanseatic Broking Center GmbH ausübt.
Die Hanseatische Versicherungsbörse lebt von ihren Mitgliedern
Für die Zukunft sieht Svenja Richartz auf der Plattform neben dem Schließen der Verträge auch zum Beispiel die Abwicklung von Schäden oder der Austausch von Abrechnungsdaten. „Der Handelsplatz lebt von seinen Mitgliedern. Je mehr (Rück-) Versicherer und Versicherungsvermittler mitmachen, desto vielfältiger und lebendiger wird er. Die Börse selbst ist und bleibt neutral und berücksichtigt alle Interessen. Sie stellt lediglich die technologische Infrastruktur für den datenschutzkonformen, revisionssicheren Handel mit Versicherungsprodukten per digitalem Handschlag zur Verfügung.“