Unerlaubte Telefonwerbung: Tausende Beschwerden über Versicherungsbranche

Knapp 10.000 Beschwerden über unerlaubte Werbeanrufe von Versicherungs- und Finanzdienstleistern gingen 2020 bei der Bundesnetzagentur ein – Tendenz steigend. Doch was dürfen Makler und Co. eigentlich am Telefon?

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08:01 Uhr | 15. Januar | 2021
Besonders häufig gingen 2020 bei der Bundesnetzagentur Beschwerden über unerlaubte Werbeanrufe aus der Versicherungs- und Finanzbranche ein. Bild: Adobe Stock/fizkes

Besonders häufig gingen 2020 bei der Bundesnetzagentur Beschwerden über unerlaubte Werbeanrufe aus der Versicherungs- und Finanzbranche ein. Bild: Adobe Stock/fizkes

Die Bundesnetzagentur verzeichnet seit Jahren einen deutlichen Anstieg bei den Beschwerden über die Versicherungs- und Finanzbranche. Konkret geht es um schriftliche Beschwerdefälle über unerlaubte Werbeanrufe, die Verbraucher bei der Bonner Behörde eingereicht haben. Im Jahr 2020 waren es insgesamt 63.273. Das ist ein neuer Höchstwert, nachdem die Anzahl von 2018 (62.247) auf 2019 (54.242) merklich zurückgegangen war.

Von dieser Gesamtheit gingen im vergangenen Jahr 9.981 schriftliche Beschwerden auf das Konto der Versicherungs- und Finanzbranche. In diesem Segment ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Denn in 2019 waren es noch 5.961 Fälle und im beschwerdelastigeren Jahr 2018 sogar nur 3.758, wie die Behörde procontra auf Nachfrage bestätigte.

In die Statistik der Bundesnetzagentur werden schriftliche Beschwerden über Werbeanrufe aufgenommen, für die seitens der Verbraucher keine Einwilligung vorliegt oder gegen die sogar ein Werbewiderruf ausgesprochen wurde. Ob es sich in diesen Fällen letztlich tatsächlich um einen unerlaubten Werbeanruf gegenüber Verbrauchern handle, stünde aufgrund laufender Ermittlungen noch nicht in allen Fällen fest, heißt es dazu erklärend aus der Presseabteilung der Behörde.

Hohe Bußgelder verhängt

In vielen Fällen erhärtet die Aufarbeitung der Fälle aber den Verdacht der Beschwerdeführer. So musste die Bundesnetzagentur feststellen, dass Verbrauchern am Telefon oder im Nachgang Verträge untergeschoben wurden. Andere seien aggressiv beschimpft und mit dutzenden Anrufen überzogen worden. In einigen Fällen hätten sich die Anrufer sogar als Behördenvertreter ausgegeben – wie etwa in einer Reihe von Betrugsanrufen als angeblicher BaFin-Präsident Felix Hufeld – um das Vertrauen der Angerufenen zu erlangen.

Gegen unlauter agierende Unternehmen geht die Bundesnetzagentur verstärkt vor, mit Ermittlungsverfahren und Bußgeldern. Diese erreichten im vergangenen Jahr den Höchststand von 1.351.500 Euro. Unter den abgeschlossenen Verfahren für 2020 finden sich unter anderem ein Auftraggeber für allgemeine Versicherungswerbung (25.000 Euro Bußgeld), ein Auftraggeber für Anrufe zum Thema Zahnzusatzversicherung (50.000 Euro Bußgeld) und ein Callcenter, das unter anderem Versicherungen bewarb (40.000 Euro Bußgeld).

Die Zahlen der Bundesnetzagentur stehen im Gegensatz zum Beschwerdeaufkommen, das andere Institutionen für die Versicherungsbranche ausweisen. So war die Anzahl der Beschwerden, die bei der BaFin über Versicherer eingingen, zuletzt in vielen Sparten rückläufig. Die Anzahl der Beschwerdefälle zu Versicherungsvermittlern, die der Ombudsmann führt, ist nicht nur weiter absteigend, sondern auch seit Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau. Auch wenn vom geplanten Provisionsdeckel in der Lebensversicherung schon länger nichts mehr zu hören war, so soll darin eigentlich die Beschwerdequote von Vermittlern eine Rolle spielen.  

Was dürfen Vermittler am Telefon?

Doch was dürfen Makler und Co. eigentlich am Telefon? Wann sind Werbeanrufe erlaubt und wann nicht? Für die Beantwortung dieser Frage muss zwischen Privat- und Gewerbekunden unterschieden werden. Denn bei Verbrauchern muss eine ausdrückliche und klar definierte Einwilligung für Anrufe vorliegen. Bei Geschäftskunden liegen die Voraussetzungen mit der sogenannten mutmaßlichen Einwilligung etwas niedriger. Dass Vermittler jeden Gewerbetreibenden aber einfach anrufen und beraten können, ist ein weit verbreitetes Gerücht – und schlichtweg verboten.

Welche Voraussetzungen für Werbeanrufe B2C und B2B genau vorliegen müssen und welche Strafen bei Zuwiderhandlung drohen, erklärt Peter Breun-Goerke, Syndikusrechtsanwalt der Wettbewerbszentrale, im procontra-Interview.