Schadenfall der Woche

Warum in einer kleinen Stadt die Versicherungsprämien explodieren

In den USA gerät der Markt für Wohngebäudeversicherungen zunehmend außer Kontrolle. Warum die Prämien auch in schadenarmen Regionen davongaloppieren und nicht mehr dem Risiko entsprechen, zeigt ein Blick nach Oklahoma.

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13:07 Uhr | 18. Juli | 2024
Schadenfall der Woche

Zwei Jahre dauerte das Verfahren um den insolventen Goldhändler PIM, 200 Zeugen wurden währenddessen vernommen.

| Quelle: procontra

Was meinen Sie: Wo ist es in den USA am teuersten, sein Haus zu versichern? In Kalifornien, das im Sommer regelmäßig von schweren Waldbränden heimgesucht wird? In New Orleans, einer Stadt, die zu 70 Prozent unter dem Meeresspiegel liegt? Weit gefehlt. Mit die höchsten Prämien im Bezug auf den Hauswert werden in Enid gezahlt, einer kleinen Stadt rund 90 Minuten fahrzeitnördlich von Oklahoma City. Dabei entspricht das Risiko vor Ort in keinem Fall dem Risiko an den oben genannten Orten. Eine Auswertung der „New York Times“ zeigt nun, dass Hausbesitzer in der Mitte sowie in Teilen des Südwestens des Landes deutlich mehr für ihre Wohngebäudeversicherung zahlen als anderswo.

Während die amerikanische Versicherungsindustrie auf das kleinere Risikokollektiv in den Staaten des Mittleren Westens bzw. höhere Betrugszahlen vor Ort verweist, liegt eine wesentliche Ursache laut „New York Times“ anderswo. Denn offenbar wird in einzelnen Staaten den Forderungen nach Prämienerhöhungen eins zu eins entsprochen, während die zuständigen Behörden in anderen Bundesstaaten genau nachschauen, ob die Prämienerhöhungen gerechtfertigt sind. Zur Erklärung: In den USA ist der Versicherungsmarkt nicht zentral reguliert – dies übernehmen hier die Bundesstaaten.

So hat in Oklahoma der zuständige gewählte Versicherungs-Beauftragte Glen W. Mulready bislang noch keine Forderung nach einer Prämienerhöhung seitens der Versicherer abgelehnt. Er glaube daran, dass Wettbewerb, und nicht Regulierung der beste Weg sei, die Prämien niedrig zu halten. Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass die Prämien in den Counties von Oklahoma um 70 Prozent höher lagen als in den Counties in angrenzenden Staaten, wie Kansas, Texas oder Arkansas. „Familien mit demselben Risikoprofil zahlen völlig unterschiedliche Beträge, um sich vor Schaden zu schützen“, sagt Benjamin Keys von der Universität of Pennsylvania. Zusammen mit Philip Mulder von der University of Wisconsin hat der Wissenschaftler ermittelt, dass Bewohner in Enid durchschnittlich 2.113 Dollar im Jahr für ihre Wohngebäudeversicherung bezahlten – das entsprach 3,5 Prozent ihres Hauswerts in Höhe durchschnittlich 60.000 Dollar. Das entspricht dem Sechsfachen des nationalen Durchschnitts.

Prämienerhöhungen mit Folgen

Eine weitere Studie von Ishita Sen (Harvard Business School) offenbart zudem eine weitere Erkenntnis für die hohen Prämien im vergleichsweise schadenarmen Oklahoma: Kommt es in streng regulierten Staaten zu hohen Schäden, tendierten die Versicherer dazu, die Prämien in Staaten zu erhöhen, in denen die gewünschten Prämienerhöhungen viel leichter durchgewunken werden. Mit anderen Worten: Hausbesitzer in Oklahoma subventionieren beispielsweise Hausbesitzer in Kalifornien, wo es besonders schwierig ist, die Prämien anzuheben und wo sich zuletzt immer mehr Versicherer vom Markt zurückzogen.

Für die Menschen in Oklahoma haben die hohen Versicherungsprämien jedoch schwerwiegende Folgen. Potenzielle Hauskäufer entscheiden sich für kleinere Objekte, berichtet ein Makler aus Enid. Hausbesitzer müssen ihr Eigenheim verkaufen, weil die Prämien geradezu explodieren.

„Ich persönlich denke, wir stecken in großen Schwierigkeiten“, sagte Dr. Keys. „Das sollte in den Wohnungsmärkten im ganzen Land die Alarmglocken läuten lassen.“