Grobe Fahrlässigkeit

Ungenutztes Gebäude: Wer den Leitungswasserschaden zahlen muss

Ein aktuelles Urteil des OLG Frankfurt hat sich damit beschäftigt, inwieweit Versicherungsnehmer verpflichtet sind, die vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften genau einzuhalten, besonders bei ungenutzten Gebäuden. Und zu welchen Leistungskürzungen das führen kann.

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13:08 Uhr | 30. August | 2024
Schaden in einer alten Wand

Bei Verletzung von Sicherheitsvorschriften könnte die Versicherung die Leistung kürzen oder ganz verweigern, insbesondere bei grober Fahrlässigkeit.

| Quelle: Simon McGill

Im vorliegenden Fall ging es um einen erheblichen Leitungswasserschaden durch Frost, der am 26. Januar 2017 festgestellt wurde. Das Gebäude war zu diesem Zeitpunkt bereits seit mindestens November 2016 ungenutzt und die wasserführenden Anlagen und Leitungen waren nicht entleert oder abgesperrt. Die Pflichtverletzung bestand im Nichtentleeren von wasserführenden Leitungen. Das kann als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden und zu erheblichen Leistungskürzungen der Versicherung führen. Andererseits muss die Versicherung die Voraussetzungen für einen vollständigen Leistungsausschluss klar nachweisen.

Laut den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 2003) der Beklagten ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, bei ungenutzten Gebäuden alle wasserführenden Anlagen abzusperren und zu entleeren. Bei Verletzung dieser Sicherheitsvorschrift könnte die Versicherung die Leistung kürzen oder ganz verweigern, insbesondere bei grober Fahrlässigkeit.

Besonders knifflig in diesem Fall: Die Klägerin hatte das Gebäude zwar erworben, war aber zum Zeitpunkt des Schadenseintritts in einem Rechtsstreit über den Kaufvertrag und die Eigentumsverhältnisse an dem Haus. Das Gericht musste also nicht nur entscheiden, ob Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorlag mit den entsprechenden Kürzungen der Versicherungssumme, sondern auch darüber, ob die Klägerin oder der ehemalige Eigentümer diese Pflichten hätte erfüllen müssen.

Die Klägerin hatte ein Schreiben vom 10.11.2016 aufgesetzt und dort den Ex-Eigentümern mitgeteilt, sich nicht um die Beheizung kümmern zu wollen. Eine solche allgemeine Erklärung reicht jedoch für das Gericht nicht aus, um die Pflichten des Versicherungsnehmers auf Dritte zu übertragen. Vielmehr war erforderlich, dass er die angesprochenen Personen ganz genau anweist, welche Vorsorgemaßnahmen zu treffen sind. Das Schreiben vom 10.11.2016 hat laut Gericht bei verständiger Würdigung vorrangig dazu gedient, etwaigen Schadenersatzansprüchen der ehemaligen Eigentümer wegen der Verletzung von Pflichten und einer damit etwaig einhergehenden Verschlechterung der Sache zu begegnen.

Grobe Fahrlässigkeit gegeben

Deshalb geht das Gericht sogar wegen dem Schreiben von grober Fahrlässigkeit aus, denn: Denn wer jemanden darauf hinweist, dass er sich um die Heizung kümmern müsste, um Schäden durch Einfrieren oder ähnliches zu verhindern, zeigt, dass der Klägerin bewusst war, dass Maßnahmen erforderlich sind, um das Anwesen vor entsprechender Auskühlung zu schützen. Das ordnungsgemäße Beheizen von Räumen mit wasserführenden Leitungen oder die vollständige Entleerung und das Absperren der Leitungen sind die einzigen und auch allgemein bekannten Möglichkeiten, Frostschäden an diesen zu verhindern. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Versicherungsnehmer den Zeugen über den bloßen Hinweis hinaus, dass er selbst nicht für eine Beheizung sorgen werde, weitere Vorgaben zu Art und Umfang von Kontrollen oder zur Entleerung und Absperrung der wasserführenden Leitungen gemacht hat. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass er selbst die Zeugen oder die von diesen getroffenen Maßnahmen kontrolliert hat. Der Versicherungsnehmer hat vielmehr allem Anschein nach auf ein entsprechendes Verhalten der Zeugen gesetzt. Deshalb geht das Gericht in dem Fall von grober Fahrlässigkeit aus.

Keine gröblichste Pflichtverletzung wegen des Rechtsstreits

In dem vorliegenden Fall wurde der Klägerin aber dann doch mildernd angerechnet, dass sie sich in einem Rechtsstreits über die Eigentumsverhältnisse über das Gebäude befunden hatte, weshalb mangels gröblichster Pflichtverletzung keine vollständige Leistungsfreiheit des beklagten Versicherers angenommen wurde.  In Abwägung aller Umstände erachtet der Senat aufgrund des erheblichen Verschuldens des Versicherungsnehmers eine Kürzung der Leistung um 75 Prozent mithin auf 25 Prozent für angemessen. Bei 25 Prozent von 604.447,60 Euro muss der Versicherer nun lediglich 151.111,90 Euro zahlen.