Urteil bestätigt
Das OLG Schleswig hat in einem Beschluss vom 14.10.2024 – 16 U 63/24 – ein vorausgegangenes Urteil des Landgerichts Kiel bestätigt, in dem es um die falsche Beantwortung von Risikofragen beim Abschluss eines Cyberversicherungsvertrages ging. Die Versicherung kann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam anfechten, wenn Risikofragen „ins Blaue hinein“ beantwortet wurden. Eine Täuschungsabsicht oder Arglist muss nicht gegeben sein.
Im Jahr 2020 kam es bei einer Klägerin, einem Holzgroßhändler aus Norddeutschland, zu einem Hackerangriff auf das IT-System. Die Klägerin hatte zuvor eine Cyberversicherung abgeschlossen und wollte nun Schadensersatzansprüche geltend machen. Doch die Versicherung erklärte nach einer forensischen Analyse den Rücktritt vom Vertrag und erklärte sich für leistungsfrei. Grund dafür war die fehlerhafte Beantwortung der Risikofragen im Antragsprozess, insbesondere hinsichtlich der fehlenden Sicherheitsupdates und Virenschutzprogramme auf mehreren zentralen Rechnern.
Die Klägerin hatte beim Ausfüllen des Risikofragebogens in einem Online-Portal der Versicherung fälschlicherweise angegeben, dass alle Rechner des Unternehmens mit aktueller Sicherheitssoftware ausgestattet seien und dass alle erforderlichen Updates durchgeführt würden. Tatsächlich jedoch war ein Server mit einem veralteten Betriebssystem ohne Sicherheitsupdates und ohne Virenschutz im Einsatz, was der Klägerin nicht aufgefallen war. Der Zeuge J., Leiter der IT-Abteilung, hatte diese Fragen „ins Blaue hinein“ beantwortet, ohne die IT-Infrastruktur des Unternehmens hinreichend zu überprüfen, und sich dabei auf die Arbeit eines verstorbenen Mitarbeiters verlassen.
Das Landgericht Kiel wies die Klage der Klägerin ab und bestätigte die Anfechtung des Vertrags seitens der Versicherung. Das bestätigt jetzt auch das OLG Schleswig. Die Richter argumentieren, dass die fehlerhaften Angaben zu den Sicherheitsvorkehrungen der Klägerin eine arglistige Täuschung darstellten. Auch wenn der Zeuge J. angab, die Fehler „geflissentlich übersehen“ zu haben, sei dies kein fahrlässiger Fehler, sondern eine bewusste Vernachlässigung seiner Pflichten. Die unrichtigen Antworten auf die Risikofragen hätten die Klägerin bei wahrheitsgemäßer Beantwortung möglicherweise den Versicherungsschutz gekostet, was die Anfechtung des Vertrags gerechtfertigt mache.
Wie die Wirth-Anwälte bereits zu dem Urteil des Landgericht Kiel auf ihrer Website ausführten, betont dieses die Wichtigkeit wahrheitsgemäßer Angaben bei der Beantwortung von Risikofragen im Versicherungsantragsprozess. Versicherungsnehmer müssen sich vor Abgabe der Antworten ausreichend über ihr eigenes System informieren. Das Urteil bestätigt, dass Versicherer bei arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer berechtigt sind, vom Vertrag zurückzutreten. Die Entscheidung zeigt die Bedeutung einer sorgfältigen und vollständigen Offenlegung aller relevanten Risiken bei Vertragsabschlüssen im Versicherungsbereich.