Urteil

Ausschluss wegen psychischer Erkrankung bei Restschuldversicherungen unwirksam

Sieg für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Eine Ausschlussklausel in den Restschuldversicherungen der Société Générale ist aus Sicht des Landgerichts Hamburg unwirksam. Doch rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, der Versicherer hat bereits Berufung eingelegt.

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11:08 Uhr | 09. August | 2024
Landgericht Hamburg

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erzielte vor dem Hamburger Landgericht im Streit um eine Ausschlussklausel in einer Restschuldversicherung einen Sieg.

| Quelle: Morris MacMatzen / Freier Fotograf

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat einen juristischen Sieg vor dem Hamburger Landgericht erzielt. Im Streit mit der Société Générale (SOGECAP) war es um eine Ausschlussklausel in deren Restschuldversicherungen gegangen.

Hier heißt es: „Der Versicherungsschutz ist ausgeschlossen bei psychischen Erkrankungen.“ Die Versicherung muss folglich bei einer Arbeitsunfähigkeit in Folge einer psychischen Erkrankung nicht zahlen.

Aus Sicht der Verbraucherzentrale ist dieser Ausschluss jedoch zu weit gefasst und benachteilige die Versicherungsnehmer damit unangemessen. Dieser Auffassung schloss sich auch das Hamburger Landgericht an. Im Gegensatz zum Ausschluss von „behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen“ greife die in diesem Fall vorliegende Klausel auch bei nicht behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen. Das heißt: Selbst wenn die psychische nur eine Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung ist, kann der Versicherer die Leistung verweigern. Hierdurch sei der Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt, so das Gericht.

Das Urteil könnte aus Sicht der Verbraucherzentrale weitreichende Folgen haben. „Der Ausschluss psychischer Erkrankungen ist in derartigen Versicherungen sehr verbreitet und spielt in der Praxis eine große Rolle, da mehr als ein Drittel aller Menschen, die vorzeitig aus dem Beruf ausscheiden, dies wegen psychischer Erkrankungen tun“, schreiben die Verbraucherschützer in einer Pressemitteilung. Die Quote bei Arbeitsunfähigkeit dürfte ähnlich hoch liegen.

Berufung eingelegt

Noch ist das Urteil allerdings nicht rechtskräftig. Der Versicherer habe bereits Berufung eingelegt, so dass sich nun das Oberlandesgericht Hamburg mit dem Fall befassen muss. „Damit muss die Versicherung den von uns geltend gemachten Folgenbeseitigungsanspruch zunächst nicht umsetzen, kommt also erst mal umhin, alle Versicherten zu informieren, dass der Risikoausschluss nicht wirksam ist und vergangene Leistungsverweigerungen keinen Bestand haben“, teilt Rita Reichard, Versicherungsexpertin bei der Verbraucherzentrale mit.

Dennoch raten die Verbraucherschützern Kunden des Versicherers, denen 2021 die Leistung verweigert wurde, rechtlich gegen die Ablehnung vorzugehen. Schließlich verjähren ihre Ansprüche zum Ende dieses Jahres. Kunden, deren Leistungsanspruch 2022 oder später verneint wurde, können indes noch das Urteil des OLG Hamburg abwarten.

Die Verbraucherschützer stehen Restschuldversicherungen allgemein kritisch gegenüber. Diese seien sehr teuer und leisteten aufgrund vieler Ausschlüsse nur selten. Zudem werden Verbraucher bei der Kreditaufnahme bei einer Bank häufig zum Anschluss einer solchen Versicherung gedrängt – die Banken erhalten hierfür teils sehr hohe Provisionen.

Dieser Praxis will die Bundesregierung mit einer sogenannten „Cooling-Off“-Phase begegnen. Finanzinstitute dürfen ab Januar 2025 den Darlehensabschluss nicht mehr mit dem Verkauf einer Restschuldversicherung koppeln – stattdessen müssen mindestens sieben Tage dazwischen liegen. Der Versichererverband GDV sieht hierin allerdings einen Verstoß gegen das Europarecht und hat Verfassungsklage gegen diese Regelung eingelegt.