Der Sommer macht sich schon jetzt bemerkbar, viele Menschen planen bereits ihren Urlaub. Häufig wird in diesem Zusammenhang auch eine Reiserücktrittskostenversicherung abgeschlossen. Allerdings kommt es hierbei häufiger zu Streit, ob der Versicherer tatsächlich zahlen muss. Ein aktuelles Urteil des OLG Schleswig-Holstein (Az: 16 U 74/23) stärkt aktuell die Position der Versicherungsnehmer.
Ein Mann wollte mit seiner Frau und seinem Sohn im Februar 2020 nach Kuba reisen. Kostenpunkt: 8.400 Euro. Im November 2019 buchte der Mann die Reise. Wenige Tage später stürzte seine Frau von einer Leiter und zog sich hierbei unter anderem eine Schürfwunde am Knöchel zu.
Um sich gegen die Stornogebühren abzusichern, schloss der Mann im November 2019 eine „Jahres-Reise-Karte“ ab, die auch eine Reiserücktrittsversicherung beinhaltete. Deren Vertragsbedingungen besagten:
„Versichert ist auch die unerwartete Verschlechterung einer bereits bestehenden Erkrankung.“
Voraussetzung für die Leistung der Versicherung sei aber, dass in den letzten sechs Monaten vor Buchung keine Behandlung aufgrund dieser Erkrankung erfolgt war.
Nun infizierte sich die Schürfwunde der Frau, es entwickelte sich ein Geschwür, ein sogenannter Ulkus. Im Dezember wurde daraufhin eine Hauttransplantation notwendig. Der Mann stornierte daraufhin die Reise. Zu seiner Überraschung weigerte sich jedoch die Versicherung, die ihm berechneten Stornokosten zu erstatten.
Nachdem zunächst das Landgericht Itzehoe der Versicherung Recht gegeben hatte, entschied das OLG Schleswig-Holstein nun zu Gunsten des verhinderten Urlaubers.
Anders als noch seine Vorinstanz sah das OLG in der Schürfwunde und dem Ulkus zwei unterschiedliche Erkrankungsbilder. Zwar wäre der Ulkus durch die Wunde nicht entstanden, allerdings habe es zu seiner Entstehung erst einer Infizierung bedurft. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe es jedoch noch keine Anzeichen für eine Infizierung gegeben.
Das Argument der Versicherung, dass man die einzelnen Erkrankungsfolgen aus dem Sturz der Frau einheitlich betrachten müsse, da es sich bei dem Sturz um einen Schadenfall handele, ließ das Gericht nicht gelten. „Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers knüpfen die Vertragsbedingungen die Ersatzpflicht der Versicherung nicht an den Schadensfall, sondern an den Eintritt einer unerwarteten schweren Erkrankung“, befand das Gericht.
Selbst wenn man der Sichtweise des Landgerichts folgen würde und davon ausgehe, dass es sich bei der Schürfwunde am Bein und dem Geschwür/ Ulkus um die gleiche Erkrankung handele, die sich lediglich unerwartet verschlechtert habe, müsse die Versicherung zahlen. Denn eine Vernehmung der Ärzte ergab nicht, dass diese die Wunde jemals behandelt hatten.
Die Versicherung muss somit für die anfallenden Stornokosten aufkommen.