Versicherer kassieren Hohn und Spott

Das Thema Betriebsschließungsversicherung hat jetzt sogar seinen Platz in der "Heute-Show" gefunden - gut weg kommen die deutschen Versicherer hierbei nicht. Auch in Frankreich bewegt das Thema die Gemüter, gegen die Axa erging ein erstes Urteil.

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13:05 Uhr | 25. Mai | 2020
Die "Heute-Show" des ZDF zeichnete die deutsche Versicherungswirtschaft in einem sehr unvorteilhaften Bild.

Die "Heute-Show" des ZDF zeichnete die deutsche Versicherungswirtschaft in einem sehr unvorteilhaften Bild. Bild: Adobe Stock/Jamrooferpix

Gewöhnlich gilt: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Im Streit um die Betriebsschließungsversicherung haben jedoch den Schaden die betroffenen Gastwirte, den Spott ernten hingegen die Versicherer.  

Nachdem verärgerte Gastwirte bereits vor einigen Wochen unter dem Titel „Erik und die Verunsicherten“ ein beißendes, gegen die Versicherungswirtschaft gerichtetes Spottvideo veröffentlicht hatten, schaffte es das Thema nun sogar in die „Heute-Show“ des ZDF, dem Flaggschiff der deutschen Fernsehsatire (im Video ab Minute 8).

Und auch hier kam die Versicherungswirtschaft nicht sonderlich gut weg. Als fiktiver Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft gibt der Komiker Christian Ehring den unempathischen und gierigen Versicherungsmanager, für den bestehende Verträge bestenfalls Absichtserklärungen sind, die im Schadensfall für die Versicherer keinerlei Bestandskraft haben. Die Weigerung der Versicherungen, für entstandene Schäden zu zahlen, lässt Ehring in der Aussage gipfeln: „Wenn ich nirgendwo mehr hin kann, wo meine Versicherung nicht zahlt, dann kann ich ja nur noch zuhause saufen.“

Auch der sogenannte „bayerische Kompromiss“, nach welchem einige Versicherer sich dazu bereit erklärt haben, für 10 bis 15 Prozent der vereinbarten Schadensumme aufzukommen, findet in den Augen der „Heute Show“ wenig Zustimmung – er sei schlicht eine Möglichkeit für die Versicherer, sich billig aus der Affäre zu retten.  

Natürlich fällt die hier vorgebrachte Kritik sehr holzschnittartig aus und lässt weitestgehend außer Acht, dass einige Versicherer, wie die Signal Iduna oder HDI, sehr wohl Gastronomen entschädigen, bei anderen Versicherern eine Leistung im jeweiligen Bedingungswerk klar ausgeschlossen ist.  

Bei einigen Versicherern sind die Bedingungswerke jedoch höchst uneindeutig gehalten, so dass für die betroffenen Gastronomen durchaus die Chance besteht, ihre Forderungen gerichtlich durchzusetzen. „Wir raten weiterhin, jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die nunmehr getroffene Vereinbarung auch der individuellen Situation entspricht und der dargestellte Kompromiss auch individuell einen fairen Interessenausgleich zwischen Versicherer und Kunden darstellt“, erklärte hierzu der Berliner Fachanwalt Tobias Strübing (Kanzlei Wirth).

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Rückenwind erhalten die Betroffenen dabei durch ein Verfügungsurteil des Landgerichts Mannheim (Az: 11 O 66/20), das grundsätzlich eine Leistungspflicht der beklagten Versicherung anerkannte.

Auch einige hundert Kilometer weiter westlich, in Frankreich, beschäftigt das Thema Betriebsschließungsversicherung mittlerweile die Gerichte. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, musste dort die Axa-Versicherung eine juristische Niederlage einstecken.  

Geklagt hatte der Pariser Gastronom Stephane Manigold, der seit Mitte März seine vier Restaurants geschlossen halten musste. Für die Erstattung des entstandenen Schadens wollte die Axa jedoch nicht aufkommen. Seine Verweigerungshaltung begründete der Versicherer damit, dass die Lokale nicht aufgrund eines Corona-Ausbruches, sondern aufgrund eines vorsorglich verhängten Lockdowns der französischen Regierung geschlossen worden waren.

Gericht entscheidet gegen Axa

Dieser Argumentation folgte das Pariser Handelsgericht jedoch nicht und verwies darauf, dass es der Versicherer versäumt habe, im Versicherungsvertrag Pandemierisiken explizit auszuschließen. „Das ist ein Sieg für alle“, jubelte Manigold gegenüber Reuters, nachdem ihm das Gericht eine Entschädigung in Höhe von 45.000 Euro zugesprochen hatte.  

Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht – die Axa kündigte bereits eine Berufung an. Auch in Deutschland dürfte ein höchstinstanzliches Urteil erst in einigen Jahren fallen – die Erfolgschancen lägen für die betroffenen Gastronomen dabei bei 50 Prozent, schätzt BDVM-Vorstand Hans-Georg Jenssen. Diese müssen es sich folglich gut überlegen, ob sie den langen juristischen Weg beschreiten wollen, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Viele Gastronomen scheinen sich laut Medienberichten davon aber nicht abschrecken lassen zu wollen – sie wollen klagen.

Das Thema Betriebsschließungsversicherungen dürfte die Versicherer folglich noch einige Jahre begleiten – den Imageschaden kassiert die Branche jedoch bereits schon heute.

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