Restschuldversicherungen

Versicherer ziehen wegen Abschlussverbot vors Bundesverfassungsgericht

Ab kommenden Jahr soll zwischen Abschluss eines Darlehensvertrags und einer Restschuldversicherung mindestens eine Woche Abstand herrschen. Die Versicherer sehen hierin einen Verstoß gegen das Europarecht und ziehen nach Karlsruhe.

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11:07 Uhr | 15. Juli | 2024
Bundesverfassungsgericht

Die Versicherungsindustrie will gegen das einwöchige Abschlussverbot bei Restschuldversicherungen gerichtlich vorgehen und wendet sich mit einer Verfassungsbeschwerde ans Bundesverfassungsgericht.

| Quelle: Clarini

Zum frisch finanzierten Smart-TV gleich noch eine Restschuldversicherung dazu? Das soll ab 1. Januar des kommenden Jahres nicht mehr so einfach möglich sein. Denn das Zukunftsfinanzierungsgesetz sieht künftig eine sogenannte Cooling-Off-Phase vor. Im Gesetzestext heißt es hierzu: „Der Versicherer darf einen Restschuldversicherungsvertrag, der sich auf einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag bezieht, nur dann schließen, wenn der Versicherungsnehmer die Vertragserklärung frühestens eine Woche nach Abschluss des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags abgegeben hat.“

Diese Neuregelung will die Versicherungsindustrie allerdings nicht akzeptieren und zieht nach Karlsruhe. Der GDV hat zusammen mit 22 Unternehmen eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. „Diese Cooling-off-Phase ist aus unserer Sicht europarechtswidrig”, sagt Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des GDV. Konkret argumentieren die Versicherer mit einem Verstoß gegen die europäische Verbraucherkreditrichtlinie. Diese gebe vor, dass Versicherer ihren Kundinnen und Kunden eine Restschuldversicherung zeitgleich zum Abschluss des Darlehensvertrages anbieten können sollen.

Versicherer sehen Schutzlücke

Aus Sicht des GDV werde durch das vorgeschriebene Cooling-Off den Kreditnehmern die Möglichkeit genommen, sich sofort zu versichern. Dadurch entstehe eine Schutzlücke. „Passiert etwas in der ersten Woche, stehen Kundinnen und Kunden ohne Versicherungsschutz da“, so Schumann. 

Aus Sicht des GDV sei das einwöchige Abschlussverbot zudem nicht erforderlich, da Kunden und Kundinnen die Restschuldversicherung nach Abschluss binnen 30 Tagen widerrufen könnten.

Restschuldversicherungen stehen seit einigen Jahren verstärkt in der Kritik. Verbraucherschützer bezweifeln, dass die Versicherungen aufgrund umfangreicher Ausschlüsse und Wartezeiten überhaupt leisten. Eine Marktuntersuchung der BaFin aus dem vergangenen Jahr ergab, dass es im Betrachtungszeitraum von 2019 bis 2022 tatsächlich nur wenige Leistungsfälle gab. „In Bezug auf den Gesamtbestand der Verbraucherdarlehensverträge mit Restschuldversicherung lag der Anteil an Versicherungsfällen bei den meisten Kreditinstituten unter 3 Prozent“, heißt es hier.

Allerdings geben die untersuchten Banken an, dass sie ihr Leistungsangebot in den vergangenen Jahren stark überarbeitet und beispielsweise Karenz- und Wartezeiten verkürzt sowie die Leistungsdauer bei bestimmten Ereignissen erhöht haben.

Zum Abschluss gedrängt

Kritisiert wurde in der Vergangenheit auch immer wieder, dass Kunden vermittelt wird, einen Kredit nur bei Abschluss einer Restschuldversicherung zu erhalten. Hier ergaben Testkäufe durch die BaFin, dass im Großteil der Beratungsgespräche (74 Prozent) den Kunden auch mündlich – und nicht nur schriftlich – erklärt wurde, dass der Abschluss freiwillig sei. Sechs Prozent der Testkäuferinnen und Testkäufer fühlten sich zum Abschluss einer Restschuldversicherung allerdings gedrängt. „Die Beraterinnen und Berater führten in diesen Fällen überwiegend aus, dass der Verbraucherdarlehensvertrag nur mit Abschluss einer Restschuldversicherung möglich ist.“

Für die Versicherer ist das Geschäft mit Restschuldversicherungen durchaus von Bedeutung. Das Prämienvolumen lag laut GDV im Jahr 2022 bei etwa vier Milliarden Euro, berichtet das „Handelsblatt“.