Urteil

Wann sind Aussagen des Versicherungsvertreters rechtlich bindend?

Häufig ist der Versicherungsvertreter der erste Ansprechpartner nach einem Schadenfall. Auf seine Aussagen, ob Versicherungsschutz besteht, darf man sich allerdings nicht blind verlassen, wie ein aktueller Fall zeigt.

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10:04 Uhr | 11. April | 2025
Blick auf den Nürburgring bei Nacht

Auf dem Nürburgring kann man auch mit seinem Privatfahrzeug Runden drehen – allerdings empfiehlt sich zuvor ein Blick ins Kleingedruckte des Versicherungsvertrages.

| Quelle: Juergen Barth

Viele Menschen rennen nach einem Schadensfall erst einmal zu ihrem Versicherungsvertreter mit der Frage, ob der Versicherer für den entstandenen Schaden aufkommt. Doch ist die Aussage des Versicherungsvertreters rechtlich bindend? Über diese Frage wurde jüngst vor dem Saarländer Oberlandesgericht gestritten (Az: 5 U 119/23).

Im konkreten Fall ging es um eine sogenannte „Tourismusfahrt“ auf dem Nürnburgring – hierbei können Menschen mit ihrem Privatfahrzeug auf der weltberühmten Rennstrecke fahren. Der Sohn einer Versicherungsnehmerin kam diesem Angebot nach und drehte mit einem BMW M2 seine Runden auf der Rennstrecke. Hierbei  kam er jedoch von der Straße ab und überschlug sich mit seinem Fahrzeug.

Kein Schutz für Touristenfahrten

Den entstandenen Schaden – abzüglich Selbstbehalt und Verkaufswert des beschädigten Fahrzeugs – in Höhe von knapp 29.000 Euro wollten die Versicherungsnehmer im Anschluss von der Versicherung wiederbekommen. Allerdings hieß es hier in den Versicherungsbedingungen:

Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die bei Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten. Darüber hinaus besteht kein Versicherungsschutz für Fahrten auf Motor-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt (z.B. bei Gleichmäßigkeitsfahrten, Touristenfahrten).

Als man nach dem Unfall jedoch den zuständigen Versicherungsvertreter informierte und diesen fragte, ob der Schaden durch die Vollkasko-Versicherung gedeckt sei, antwortete dieser mit: „Ja ist versichert.“

Später folgte auch noch eine Mail, in der der Vertreter darüber informierte, dass der Schaden nun bearbeitet werde. Erst später verweigerte der Versicherer schließlich die Zahlung. Der Fall landete vor Gericht, wo die Kläger vor dem Saarbrücker Landgericht auch erst einmal Recht bekamen. Zwar enthalte der Versicherungsvertrag besagte Ausschlussklausel – allerdings könne sich der Versicherer aufgrund des deklatorischen Schuldanerkenntnisses ihres Mitarbeiters nicht darauf berufen.

OLG sieht keine rechtlich bindende Zusage

Das Oberlandesgericht des Saarlands wertete den Fall jedoch anders. Aus seiner Sicht stellte die Aussage „Ja, ist versichert“ keine rechtlich bindende Zusage da. So hatten sich die Versicherungsnehmer lediglich informell über den Versicherungsschutz informiert. Dem Vertreter war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht der konkrete Unfallhergang bekannt gewesen. Doch selbst wenn er über die Einzelheiten Bescheid gewusst hätte, habe es sich bei den Aussagen des Vertreters nicht um eine rechtsgeschäftliche Schuldanerkenntnis des Vertreters gehandelt, sondern lediglich um eine unverbindliche Fehleinschätzung.

Weder die Aussage des Vertreters noch die Beauftragung eines Gutachters oder andere Äußerungen seitens der Versicherung stellen laut Gericht ein Schuldanerkenntnis dar. Dafür hätte es zuvor Streit oder Unklarheit geben müssen, die mit einer ausdrücklichen Erklärung beseitigt werden sollte – das war aber nicht der Fall.

Da der Unfall auf der Rennstrecke laut Versicherungsbedingungen eindeutig nicht versichert war, lehnte das OLG eine Leistungspflicht des Versicherers ab. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.