Große Unterschiede bei Kapitalanlageausschlussklauseln

Anlegern droht böse Rechtsschutz-Überraschung

Die Deutschen gehen bei der Geldanlage mehr ins Risiko. Kommt es dabei jedoch zu Streitigkeiten, können sich Anleger nicht ohne Bedenken auf ihre Rechtsschutzversicherung verlassen. Zwischen den einzelnen Anbietern gibt es große Unterschiede.

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15:08 Uhr | 04. August | 2023
Kapitalanlageausschlussklausel

Bei Thema Kapitalanlage gibt es bei Rechtsschutzversicherugen sehr große Unterschiede.

| Quelle: Bet_Noire

Lange Zeit galten die Deutschen als die Anlage-Analphabeten Europas: Statt ihr Geld an den Kapitalmärkten zu investieren und am Börsenboom der vergangenen Jahre zu partizipieren, horteten sie ihr Erspartes auf Sparkonten. Mittlerweile ist aber ein Umdenken erkennbar: „Deutschland kann Aktie“ titelte im Januar 2023 das Deutsche Aktieninstitut, das jedes Jahr die Zahl der Aktionäre in Deutschland ermittelt. 12,9 Millionen Deutsche waren 2022 in Aktien, ETF oder Fonds investiert – das waren 830.000 Aktiensparer mehr als noch ein Jahr zuvor.

Kommt es allerdings zum Streit über die Geldanlage, sollten sich die Anleger nicht uneingeschränkt auf ihre Rechtsschutzversicherung verlassen – denn viele Bedingungswerke schließen Kapitalanlagestreitigkeiten aus. Nicht immer sind sich die Versicherungsnehmer dieses Ausschlusses bewusst, wie ein Blick in den aktuellen Jahresbericht des Ombudsmanns zeigt. Hier berichtet Ombudsmann Wilhelm Schluckebier, dass der Ausschluss des Rechtsschutzrisikos für verschiedene Kapitalanlagegeschäfte im vergangenen Jahr „besonders beschwerdeträchtig“ war – vor allem im Zusammenhang mit Kryptowährungen.

Große Unterschiede bei Ausschlüssen

Allerdings gingen in der Vergangenheit auch Beschwerden zu anderen Anlageprodukten ein, wie Schluckebier auf procontra-Nachfrage berichtet. „Neben Aktien- und anderen Wertpapiergeschäften können das auch vermögenswirksame Leistungen, Giro- und Tagesgeldkonten, eine Briefmarkensammlung oder vereinzelt auch Lebens- und Rentenversicherungen sein.“

Auch wenn zuletzt mehr Deutsche zu einem größeren Risiko bei ihrer Geldanlage bereit waren, habe sich die Zahl der Beschwerden in den vergangenen Jahren nicht groß verändert. Das sieht jedoch hinsichtlich der Fassung der Ausschlüsse in den jeweiligen Bedingungen anders aus. Beschränkten Versicherer in der Vergangenheit den Risikoausschluss auf Spiel- und Wettverträge, wird mittlerweile der Erwerb, die Veräußerung, die Verwaltung und die Finanzierung von Kapitalanlagen aller Art ausgeschlossen.

Stellt sich die Frage: Was verstehen die Versicherer unter einer Kapitalanlage? Beziehungsweise: Welche Ausnahmen machen die Versicherer vom Kapitalanlageausschluss? „Hier sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern enorm“, erklärt Versicherungsmakler und Rechtsschutz-Experte Sven Nebenführ. „So sind beispielsweise Gebäude- und Gebäudeteile, wenn sie denn selbst genutzt werden, vom Versicherungsschutz in der Regel wieder eingeschlossen.“ Unterschiede gibt es aber vor allem beim Ausschluss von Kapitalanlagen, die in irgendeiner Art und Weise mit Aktien zu tun haben. Dazu zählen auch Fondspolicen.

Manche Versicherer schließen diese wiederum ein. So heißt es bei der Arag beispielsweise klipp und klar: „Als Kapitalanlagen gelten nicht Lebens- und Rentenversicherungen, auch fondsgebundene Versicherungen dieser Art.“ Bei der K/S Auxilia erstreckt sich der Rechtsschutz im Hinblick auf Lebensversicherungen neben Riester- und Rüruprenten hingegen nur auf Renten- und kapitalbildende Lebensversicherungen mit Garantiezins.

Die Roland spricht in ihren Versicherungsbedingungen von Lebens- und Rentenversicherungen, die vom Risikoausschluss nicht betroffen sind. Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher allerdings, dass dies jedoch – selbst in der Standard-Deckung – auch bei Fondspolicen gelte.

Kein Ausschluss von Krypto-Investments

Mit dem Ergänzungs-Baustein „Plus-Baustein Privat“ könnten Anleger darüber hinaus Geldanlagen aller Art bis zu einer Summe von 50.000 Euro absichern, bemerkt der Unternehmenssprecher. „Hierbei spielt es keine Rolle, in welches Anlagemodell unsere Kund:innen investiert haben.“ Einen Ausschluss bestimmter Anlagemodelle, wie beispielsweise Krypto-Investments sehen die Bedingungen hier nicht vor.

Eine weitere Variante bietet die Itzehoer. Diese schließt in ihrem Komfort-Tarif im Bereich Versicherungen alles bis auf die betriebliche Altersversorgung sowie geförderte Altersvorsorgeprodukte aus. Letztere sind abschließend als Rürup- und Riester-Renten definiert, heißt es auf procontra-Nachfrage. Das heißt: Streitigkeiten zu Lebens- und Rentenversicherungen bleiben vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, auch wenn sie steuerlich gefördert sind.

Mehr Versicherungsschutz bietet auch hier der Top-Tarif. Dazu heißt es in den Bedingungen: „Versichert sind rechtliche Streitigkeiten in ursächlichem Zusammenhang mit Kapitalanlagen bis zu einer Anlagesumme von 15.000 Euro je Rechtsschutzfall.“ Anders als bei der Roland gibt es aber auch Ausschlüsse: So sind Konflikte im Zusammenhang mit der Produktion, dem Kauf, dem Verkauf, der Verwaltung und der Finanzierung von Krypto-Währungen ebenso vom Versicherungsschutz ausgenommen wie Beteiligungen an geschlossenen oder offenen Immobilienfonds.

Neben der Frage, ob für die jeweilige Anlageklasse überhaupt Versicherungsschutz gewährt wird, ist auch diejenige nach den jeweiligen Sublimits entscheidend. Die genannten Summen variieren von Versicherer zu Versicherer. Auch die Frage, ob das Sublimit für den Gesamtbestand der Kapitalanlagen oder für jede Kapitalanlage einzeln gilt. Über einen derartigen Fall berichtet in seinem Jahresbericht der Ombudsmann. Der Fall konnte dank seiner Mithilfe zugunsten des Versicherungsnehmers gelöst werden, auch weil die zugrundliegende Klausel in den Versicherungsbedingungen – „Der Anlagebetrag darf die Summe von 20.000 Euro aber nicht übersteigen“ – nicht eindeutig genug gefasst war. Dennoch lohnt sich auch hier ein genauer Blick in die Versicherungsbedingungen.

Komplizierte Versicherungsbedingungen

Diese sind für den Laien allerdings oftmals nur mit Mühe nachvollziehbar. „Bei manchen Versicherungsbedingungen braucht man eine halbe Stunde, um die Einschlüsse zu verstehen“, bemerkt Makler Nebenführ kritisch. Wer seine Versicherung beispielsweise über einen Vergleichsrechner abschließt, bekommt die Unterschiede der einzelnen Tarife zudem nicht in der erforderlichen Tiefe aufgeschlüsselt.

Grob lässt sich festhalten: „Je geringer die Prämie, desto geringer auch die Leistung“, so Nebenführ. Doch wenn es um Details wie die Ausprägung des Ausschlusses von Kapitalanlagestreitigkeiten geht, kommt der Kunde um einen Gang zum Spezialisten nicht herum.