Aktiv-versus-Passiv

„Laufen die Märkte gut, fällt eine Outperformance schwerer“

Eine Scope-Analyse bescheinigt nur einem von fünf aktiven Fonds eine Outperformance. Woran das liegt, was KI ändern wird und in welchen Marktphasen aktive Fonds dennoch ihre Stärke ausspielen, erklärt Analyst László Harsányi im procontra-Interview.

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10:03 Uhr | 13. März | 2025
Aktiv-Passiv-Studie Scope

Scope-Analyst László Harsányi über die Erkenntnisse der "Aktiv versus Passiv"-Studie aus seinem Haus.

| Quelle: Scope Fund Analysis

procontra: In Ihrer “Aktiv versus Passiv”-Studie haben sie die Outperformance von aktiven Fonds genauer analysiert. Was sind Haupterkenntnisse daraus?

László Harsányi: Für die Studie haben wir acht Peergroups mit insgesamt rund 2.000 aktiven Fonds untersucht. Drei Erkenntnisse möchte ich hervorheben: Zum einen ergab sich über alle Peergroups hinweg eine durchschnittliche Outperformance Ratio von 19,1 Prozent. Das heißt, etwa einem von fünf Fonds gelang es 2024, die Benchmark zu schlagen. Ein zweites Ergebnis ist der Vergleich zum Vorjahr. Hier schnitten die Peergroups Aktien Emerging Markets, Aktien Nordamerika, Aktien weltweit und Aktien Deutschland schlechter ab als im Vorjahr.

Und drittens die absolute Betrachtung: Hier rangieren Aktien Emerging Markets, trotz eines leichten Rückgangs im Vergleich zu 2023, mit einer Outperformance Ratio von 31 Prozent nach wie vor ganz vorn, während sich Aktien Deutschland weiter verschlechterten und 2024 mit gerade einmal 2 Prozent am Ende wiederfanden.

procontra: Was sind die Gründe für dieses schlechtere Gesamtzeugnis für ein aktives Fondsmanagement?

Harsányi: Die Märkte mussten in der jüngeren Vergangenheit eine Reihe globaler Schocks verdauen. Der Ukrainekrieg, Inflationsanstieg und die damit einhergehenden, teilweise drastischen Zinsentwicklungen in beide Richtungen erschwerten die Arbeit aktiver Manager. So konnten im Durchschnitt weniger Fonds über drei Jahre eine Outperformance erzielen als über fünf Jahre. Außerdem spielt die „5-10-40“ Richtlinie der OGAW eine Rolle. Sie besagt, dass maximal 10 Prozent des Fondsvermögens in ein Wertpapier investiert werden darf. Gleichzeitig dürfen alle Aktien mit mehr als 5 Prozent Gewicht zusammen höchstens 40 Prozent des Portfolios ausmachen.

Wenn nun Werte durch eine höhere Marktkapitalisierung ihren Einfluss auf den Index erhöhen – beispielsweise SAP in Deutschland oder der taiwanesische Chiphersteller TSMC – dann dürfen Portfoliomanager diese Titel nur begrenzt halten. Laufen diese Titel dann außerordentlich gut, profitiert der Index stärker davon als das aktive Portfolio. Zudem lässt sich beobachten: Wenn die Märkte gut laufen, fällt es aktiven Fondsmanagern schwerer, eine Outperformance zu erzielen.

procontra: Dann muss der deutsche Aktienmarkt sehr gut gelaufen sein, denn Ihre Analyse attestierte nur 2 Prozent der Fonds eine Outperformance.

Harsányi: Das liefen sie auch. Hinzu kommt aber, dass die Indizes meist auf Large Caps fokussiert sind. Der MSCI Germany erzielte 2024 eine Rendite von +18,5 Prozent. Der MSCI Germany Small Caps hingegen ein Ergebnis von -12,5 Prozent. Nebenwerte sind allerdings genau das Mittel, mit dem Fondsmanager versuchen, die Benchmark zu schlagen. Genauer gesagt, sind sie jene Beimischung, womit das überhaupt gelingen kann, wenn der Index so stark von Large Caps geprägt ist. Läuft die Performance von Large und Small Caps dann so auseinander wie in den vergangenen zwei Jahren, gelingt es nur wenigen Fonds, die Benchmark zu schlagen. Das erklärt überwiegend die Outperformance-Ergebnisse 2023 und 2024 von 7,8 bzw. 2 Prozent.

procontra: Gibt es Märkte oder Marktphasen, in denen eine aktive Variante besser funktioniert als eine passive?

Harsányi: Natürlich. Gerade in ineffizienten und volatilen Märkten ergeben sich für aktive Strategien bessere Chancen, den Markt zu schlagen. Das bestätigt unsere Studie auch für Aktien Emerging Markets. Ebenso in Phasen, wo die Märkte korrigieren, kann ein aktives Management die vollen Rückschläge, die ein Index mitnimmt, abfedern.

procontra: Dennoch wird die „Aktiv-oder-Passiv“-Debatte oft über die Kosten geführt, was aktiven Fondsmanagern oft zu kurz greift. Andererseits belegt ja Ihre Studie, dass den höheren Kosten in vier von fünf Fällen keine besseren Renditen folgen. Ist es da verwunderlich, dass gerade die Gruppe der Selbstentscheider nur noch ETF in ihren Portfolios haben will?

Harsányi: Der ETF-Boom hält an und wir beobachten, dass sich der Markt der aktiven ETF sehr stark entwickelt. Dort wird nicht nur ein Index eins zu eins abgebildet, also passiv gemanagt. Sondern es können auch aktive Strategien in einer kostengünstigeren ETF-Hülle umgesetzt werden. Das ist sicherlich auch eine Reaktion der Gesellschaften darauf, dass gerade junge Anleger sehr kostenaffin sind und einfache, transparente Lösungen bevorzugen.

KI kann gerade im Research-, Analyse- und Reportingbereich einen wichtigen Beitrag leisten, die Kosten eines aktiven Fondsmanagements zu senken.
László Harsányi

procontra: Woran können sich Berater orientieren, wenn sie ihren Kunden einen aktiven Fonds empfehlen wollen, dem es mit einer höheren Wahrscheinlichkeit gelingt, seine Benchmark zu schlagen?

Harsányi: Wir betrachten für unser Scope-Rating eine Reihe quantitativer und qualitativer Kennzahlen. So können beispielsweise die Volatilität, der Track Record, Tracking Error, die laufenden Kosten oder der maximale Wertverlust wichtige Hinweise auf eine mögliche Outperformance geben. Natürlich ist es immer eine Betrachtung der Vergangenheit ohne Garantie für die Zukunft, aber als Indizien sind diese Kennzahlen sehr hilfreich.

procontra: KI findet mittlerweile in allen Branchen ihren Einsatz. Kann sie aktive Strategien unterstützen oder ist sie eher noch ein Argument, darauf zu verzichten?

Harsányi: Ich glaube, die Möglichkeiten, ein aktives Fondsmanagement zu unterstützen, überwiegen. Wir beobachten, dass immer mehr Fonds künstliche Intelligenz einsetzen. Das kann, gerade im Research-, Analyse- und Reportingbereich, einen wichtigen Beitrag leisten, die Kosten eines aktiven Fondsmanagements zu senken. Damit lässt sich nicht nur der angesprochene Kosten-Ertrags-Vergleich mit den ETF positiver gestalten, sondern auch die Rationalität bei Anlageentscheidungen erhöhen.


Zur Person: László Harsányi ist CESGA-zertifizierter Fondsanalyst bei Scope Fund Analysis. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Fondsratings, Research und Analysen zu den jährlichen Scope Awards. Zuvor analysierte er Aktien und andere liquide Anlagen in der privaten Vermögensverwaltung bei ODDO BHF und war Finanzanalyst bei Morgan Stanley. Harsányi hat einen Master in Money and Finance von der Goethe-Universität Frankfurt.

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