Regulierungspraxis

Wie Sach-Makler das Risiko von Leistungskürzungen reduzieren können

Die Regulierungspraxis der Versicherer hat sich verschärft. Worauf Sach-Makler vor und nach Vertragsabschluss achten sollten, damit es im Schadenfall nicht zur Leistungskürzung oder gar Totalausfall kommt.

12:09 Uhr | 23. September | 2024
Brandschutz Regulierung
| Quelle: Getty_Andrew Bret Wallis

Mit Schäden von mindestens sieben Milliarden Euro durch Wetterextreme rechnet der GDV für 2024. „Die Schadenleistungen durch Naturereignisse haben erheblich zugenommen. Dass die Sachversicherer heute mit deutlich angezogener Handbremse in die Regulierung gehen, hängt genau damit zusammen“, sagt Versicherungsberater und Schadenprofi Konrad Hahn von der gvp aus Würzburg.

Klauseln, aber auch die Rechtsprechung, die es zu bestimmten Schadenszenarien gibt, werden „noch intensiver geprüft und ins Spiel gebracht, Obliegenheiten penibel unter die Lupe genommen. Insbesondere bei den Punkten, die zu Kürzungen berechtigen würden“, beißen die Gesellschaften sich fest. Es läuft auf eine anteilige Schadenzahlung hinaus, beginnend bei 5 oder 10 Prozent. „Wir haben aber auch Fälle, wo um 50 bis 70 Prozent gekürzt werden sollte.“

Oft werden Brandschutzthemen ins Feld geführt. Bei Feuer gibt es meist Großschäden und von daher auch sehr umfangreiche Pflichten, die der Betrieb erfüllen muss. Brandschutzauflagen und Elektrorevision, der sogenannte E-Check, stehen dabei ganz oben. „In großen Betrieben läuft das in der Regel recht ordentlich“, stellt der Versicherungsberater fest. Gerade in kleinen und mittelständischen Betrieben werde das Thema E-Check aber „noch nicht immer richtig ernstgenommen und auch auf Bauernhöfen teils übersehen. Er findet entweder gar nicht statt oder nicht im vorgeschriebenen Intervall“.

Im Kleingedruckten versteckt

Vielleicht sähe es anders aus, wenn im Kleingedruckten gleich auf der ersten Seite ganz deutlich stünde: Der Betrieb ist nur angemessen versichert, sofern er auch sämtliche Obliegenheiten einhält. Und eine ganz wichtige davon ist die Prüfung der elektrischen Licht- und Kraftanlagen. Aber so ins Detail wollen die Gesellschaften dann offenbar doch wieder nicht gehen. „Obliegenheiten sind im Kleingedruckten oft nur sehr kurz gehalten, eher unscheinbar“, urteilt Hahn. – „Der Versicherer macht es sich da sehr einfach und schreibt dort eher pauschal: Es sind alle gesetzlichen und behördlichen Auflagen einzuhalten“, äußert sich in diesem Sinne auch der Sachverständige Bert Heidekamp aus Berlin.

Obliegenheiten werden penibel unter die Lupe genommen. Insbesondere bei den Punkten, die zu Kürzungen berechtigen würden.
Konrad Hahn Versicherungsberater und Geschäftsführer gvp, Würzburg

Manchmal stehen im Versicherungsvertrag aber auch weitergehende Auflagen, als der Gesetzgeber vorsieht. Oder, auch das hat Hahn erlebt: Die besagte Elektrorevisionsklausel, auf die sich die Gesellschaft beruft, greift nicht. Der E-Check war im Gebäudevertrag gar nicht vereinbart und die angesetzte Leistungskürzung von 30 Prozent nach seiner Intervention aus der Welt. Der Makler muss folglich sehr gut im Stoff stehen und sich gegebenenfalls nochmals vergewissern.

Was Schadenursachen angeht, werden Bauunterlagen immer wichtiger, so Hahns Hinweis. Denn mit jedem Bauantrag sind auch Brandschutzbestimmungen verbunden wie etwa eine Brandwand. „Das prüfen die Versicherer immer und in 70 bis 80 Prozent der Fälle werden auch Mängel festgestellt. Öfter als man glauben möchte, sparen sich Betriebe die teure Brandwand sogar.“

Nicht sakrosankt

Oder andersherum: Nach einem Schaden machen die Behörden plötzlich eine Brandwand zur Auflage. „Das sind oft Kosten über 100.000 Euro“, bezieht sich Hahn auf ein aktuelles Beispiel. Die Argumentationslinie des Versicherers: Die Brandwand war vorher nicht da, gehört deshalb nicht zum Schaden und wird folglich nicht bezahlt. Hier kommt es dann darauf an, wie die Klausel zu Mehrkosten beim Wiederaufbau durch behördliche Auflagen formuliert ist. „Auch im Abgleich mit Urteilen lässt sich die Argumentation des Versicherers dann möglicherweise entkräften.“ Dazu müsse man aber überhaupt erst einmal erkennen, dass man etwas unternehmen kann. „Der Versicherer sagt bei der Auslegung einer Klausel ja nicht: Das kann man vielleicht auch anders sehen. Sondern er behauptet erst einmal: So ist es.“ Auch da muss der Makler sich stark und kundig machen.

Der Hinweis auf bestimmte Obliegenheiten gehört aus Heidekamps Sicht gleichfalls zum Maklerrepertoire. Aber auch der Versicherer habe Pflichten. Bei Verzögerung der Regulierung biete Paragraph 1 a Versicherungsvertragsgesetz da interessante Ansätze – „noch relativ neu, kaum einer kennt ihn“.