Wohngebäude: Wie Makler von der energetischen Sanierung profitieren
Ob effizientere Heizungsanlagen, neue Fenster, der Einbau einer Fassadendämmung oder eine neue Photovoltaikanlage auf dem Dach: In Deutschland wird saniert. Die schlechte Nachricht dabei: nicht genug. Im vergangenen Jahr wurden lediglich 0,69 Prozent der Immobilien in Deutschland energetisch saniert, ermittelte der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle. Will man die Klimaziele erreichen, wäre eine Quote von zwei Prozent notwendig.
Dennoch werden Sanierungsmaßnahmen für Makler zu einem strategischen Thema. Zur Verdeutlichung: Trotz ungenügender Quote wurden 2024 immer noch rund 265.000 Wohneinheiten bundesweit saniert. „Als Makler kommt man um das Thema energetische Sanierungen nicht mehr herum“, ist Nico Streker überzeugt. Die Dekarbonisierung des Gebäudesektors wird an Relevanz gewinnen, ist sich der Lübecker Versicherungsmakler sicher.
Gesetzgeber macht Druck
Auf der einen Seite macht der Gesetzesgeber Druck. So herrscht in vielen Bundesländern mittlerweile eine Solarpflicht. Wer beispielsweise im größten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen ein neues Haus mit einer Fläche von mehr als 50 Quadratmetern baut, ist seit 1. Januar dieses Jahres zur Installation von Photovoltaik-Anlagen verpflichtet. Ab kommendem Jahr soll diese Regel auch für Dachsanierungen gelten. Zwar unterscheiden sich die Regeln von Bundesland zu Bundesland, ein Trend lässt sich jedoch herauslesen: Der Gesetzgeber erhöht schrittweise den Druck.
Als Makler kommt man um das Thema energetische Sanierungen nicht mehr herumNico Streker
Anderswo kommt der Druck aus anderer Richtung: So hat vor kurzem Mannheim als erste Großstadt entschieden, ihr Gasnetz bis 2035 stillzulegen. Die bislang hieran angeschlossenen Haushalte müssen sich nach einer Alternative umschauen – beispielsweise dem Einbau einer Wärmepumpe. Auch in anderen Städten in Deutschland gibt es ähnliche Überlegungen: Der steigende CO2-Preis und die rückläufige Zahl der Nutzer macht den Betrieb der Gasnetze immer kostspieliger.
Wert der Immobilie halten oder steigern
Doch es braucht nicht immer politischen Druck, um die Menschen von einer Investition in ihr Haus zu überzeugen. Laut einer Allensbach-Umfrage im Auftrag der Initiative Klimaneutrales Deutschland plant ein Großteil der Hausbesitzer hierzulande in den nächsten Jahren enorme Investitionen in PV-Anlagen, Wärmepumpen oder sogenannte Home Energy Management Systeme. Vollkommen selbstlos ist die hohe Investitionsbereitschaft allerdings nicht. „Viele Hausbesitzer beschäftigen sich mit dem Thema, um den Wert ihrer Immobilien zu halten oder zu steigern“, ist Versicherungsmakler Streker überzeugt. Tatsächlich kann eine energetische Sanierung den Wert einer Wohnung deutlich erhöhen. Eine Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeigte 2024, dass eine Wohnung mit der höchsten Energieeffizienzklasse A+/A zum damaligen Zeitpunkt rund 650 Euro je Quadratmeter teurer war als eine vergleichbare Wohnung mit der Energieeffizienzklasse D/E.
Vor allem jüngere Familien sanieren häufig, hat der Lübecker Makler beobachtet. Die Gründe hierfür sind naheliegend. „Aufgrund der hohen Immobilienpreise können sich viele junge Familie meist nur ältere Immobilien leisten. Diese werden dann sukzessive saniert“, so Streker. Makler, die das Thema auf dem Schirm haben, gewinnen auf diese Weise eine höchst attraktive Zielgruppe.
Zahlreiche Touchpoints mit den Kunden
Zudem gibt es im Laufe des Beratungsprozess zahlreiche Touchpoints mit den Kunden. Der Lübecker Makler stellt fest: Häufig wird aufgrund begrenzter Barmittel keine Komplettsanierung vorgenommen, vielmehr starten die meisten Hausbesitzer mit einzelnen Maßnahmen, wie beispielsweise dem Einbau neuer Fenster. Häufig folgen darauf zeitlich versetzt jedoch weitere Maßnahmen. „Es ist ein Prozess“, sagt Streker. Ein Prozess, den der Makler aktiv begleiten kann. „Wer sich beispielsweise eine Wallbox für sein neues Elektroauto ins Haus baut, wird auch drüber nachdenken, sich später eine PV-Anlage aufs Dach zu packen“, ist Streker überzeugt.
Anpassung der Versicherungssumme
Für Makler gibt es folglich einiges zu tun. Im Vordergrund steht dabei vor allem die Anpassung der Versicherungssumme in der Wohngebäudeversicherung. Durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen kann der Wert einer Immobile beträchtlich steigen. Um eine Unterversicherung zu vermeiden, muss entsprechend die Versicherungssumme angepasst werden.
Zudem kann die ein oder andere energetische Sanierungsmaßnahme auch ein Gefahrerhöhung darstellen, die dem Versicherer angezeigt werden. Genannt sei hier beispielhaft die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf dem Gebäude. Diese können nicht nur Brände verursachen, sondern auch die Löscharbeiten erschweren, da der Brandherd eventuell schwerer zu erreichen ist.
Für Makler stellt sich dabei die grundsätzliche Frage: Wie erfahre ich überhaupt von den Sanierungsplänen meiner Kunden? Die Maklergruppe Martens & Prahl hat dafür Kooperationen mit Energieberatern bzw. anderen Sachverständigen geschlossen. Im Rahmen des Beratungsgesprächs weisen diese ihre Kunden auf mögliche versicherungstechnische Auswirkungen des Umbaus/ Ausbaus hin – Tipps zum passenden Maklerunternehmen gibt’s gleich inklusive.
Wärmepumpen: nur partiell versichert?
Auch produktseitig bewegt sich bei dem Thema einiges. Beispiel bei der Absicherung von Wärmepumpen. Ein Thema, das nach den vergangenen Querelen um das Heizungsgesetz gerade wieder an Bedeutung zu gewinnen scheint. So wurden im ersten Halbjahr 2025 erstmals mehr Wärmepumpen (139.500) verkauft als Gasheizungen (132.500).
Vor gut zwei Jahren waren Wärmepumpen über die Wohngebäudeversicherung nur partiell versichert. Insbesondere beim Umfang der versicherten Gefahren klafften Lücken im Versicherungsschutz. „Das hat sich grundsätzlich verbessert“, erklärt Versicherungsmakler Oliver Mest. Viele Versicherer würden mittlerweile auch bei Diebstahl – einer damals weit verbreiteten Versicherungslücke – zahlen. „Aber trotzdem müssen Kunden genau hinschauen“, warnt Mest. So sind Wärmepumpen bei der Allianz in der Basis-Linie der Gebäudeversicherung weiterhin nicht gegen Diebstahl abgesichert, bei der Domcura ist der Schutz von EE-Anlagen nur im Exklusiv-Schutz inbegriffen, ansonsten brauche es den Abschluss eines Zusatzbausteins. „Das ist also kein Selbstgänger, sondern man muss auch als Vermittler schauen, was genau abgesichert ist und was erst durch einen Zusatzbaustein oder Tarifwechsel eingeschlossen wird“, so Mest.
Das ist also kein Selbstgänger, sondern man muss auch als Vermittler schauen, was genau abgesichert ist und was ggf. erst durch einen Zusatzbaustein oder Tarifwechsel eingeschlossen wirdOliver Mest
Mest rät Kunden dazu, auf einen Allgefahreneinschluss zu achten. „Dann ist die Wärmepumpe eigentlich rundum gut abgesichert." Wer über die Gebäudeversicherung keinen Schutz finde, sollte die Wärmepumpe separat mit einer Allgefahrenabsicherung schützen. Wichtig sei es zudem darauf zu achten, dass der Neuwert und nicht bloß der Zeitwert abgesichert ist. „Sonst bleibt man trotzdem auf einem Teil der Neuanschaffungskosten sitzen, wenn es nur den Zeitwert gibt im Schadensfall.“
Insgesamt verzeichnet Mest eine große Nachfrage – aller politischer Diskussion um die Wärmepumpe zum Trotz. „Die war nie weg, die starke Nachfrage. Für Bauherren ist es heute eigentlich kein Thema mehr, eine Wärmepumpe einzubauen und zu versichern - da kommt kaum meist nichts anderes mehr ins Haus. Und im Bestand haben wir seit vielen Jahren eine starke Nachfrage, wenn umgerüstet wird.“
Schleswiger setzt Anreize in der Wohngebäudeversicherung
Doch es gibt weitere Ansätze, dass Thema energetische Sanierung aufzugreifen: Mit einem bislang einzigartigen Ansatz hat die Schleswiger im vergangenen Jahr das Thema energetische Sanierung systematisch in die Wohngebäudeversicherung integriert. Das Besondere: Die Energieeffizienzklasse des Hauses beeinflusst nicht nur die Höhe der Prämie, sondern entscheidet auch über den Zugang zu den erweiterten Tarifoptionen „Top“ und „Top Plus“.
„Je besser die Energieeffizienzklasse, desto umfassender der Schutz – und desto niedriger die Prämie“, erklärt Thomas Chrismann, CEO des Versicherers. Gebäude der Klasse H erhalten zwar weiterhin Basisschutz, zahlen jedoch bis zu 30 Prozent mehr. „Wer hingegen saniert und seine Effizienzklasse verbessert, profitiert nicht nur finanziell, sondern erhält auch besseren Schutz. Wir wollen schließlich Anreize für mehr Nachhaltigkeit schaffen.“
Bei der Aufnahme der Energieeffizienzklasse in die Reihe der Schadenlastkriterien handelt es sich nicht um eine nachhaltig gefärbte Werbemaßnahme. Tatsächlich zeigt die Empirie: Es gibt eine Korrelation zwischen Energieeffizienzklassen und der Schadenhäufigkeit. Dies zeigt beispielsweise eine Untersuchung des aktuariellen Beratungsunternehmens msk sowie des Proptech-Unternehmens Skendata.
Die Empirie zeigt eindeutig einen Zusammenhang zwischen Energieeffizienz und Schadenhäufigkeit.Thomas Chrismann
Ein Grund hierfür ist sicherlich die Tatsache, das energieeffiziente Gebäude meist neuerer Bauart sind. Doch es gibt weitere Gründe, berichtet Chrismann. „Der Kunde ist beim Thema Versicherung eher auf den Worst Case aus. Kleinere Schäden reguliert der eher selbst.“ Zudem würden diese Kunden häufig auch weitere Modernisierungen an ihren Häusern vornehmen, beispielsweise Wasserwächter einbauen.
Dass die Energieeffizienzklasse nun auch als Schadenlastkriterium dient, ist laut Chrismann keine bloße ESG-Kosmetik: „Die Empirie zeigt eindeutig einen Zusammenhang zwischen Energieeffizienz und Schadenhäufigkeit.“
Andere Versicherer sollen folgen
Studien des Aktuariats Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) sowie des PropTech-Unternehmens Skendata belegen diesen Zusammenhang. Ein wesentlicher Grund: Energieeffiziente Gebäude sind meist neuer oder umfassend modernisiert, verfügen häufiger über technische Schutzsysteme wie Wasserwächter – und infolgedessen richten die Versicherungsnehmer ihren Fokus zunehmend auf die Absicherung von Worst-Case-Szenarien aus.
Für Chrismann steht fest: „Wir haben das Produkt nicht geschaffen, um unsere Umsätze sprunghaft zu steigern. Sondern vor allem auch um ein Zeichen zu setzen – für mehr Nachhaltigkeit im Wohngebäudesegment.“ Sein Wunsch: Dass andere Versicherer folgen. „Wenn unsere Initiative dazu beiträgt, die Welt ein klein wenig grüner zu machen, dann haben wir unser Ziel erreicht.“
Das Thema Nachhaltigkeit mag ein wenig aus der öffentlichen Debatte verschwunden sein – für Hausbesitzer wird es hingegen wichtiger werden. Makler sind gut beraten, sich diesem Trend nicht zu verschließen.
Long Story short
In Deutschland steigt die Nachfrage nach energetischen Sanierungen, jedoch bleibt die Sanierungsquote hinter den Klimazielen zurück. Makler spielen eine zentrale Rolle, indem sie Hausbesitzern bei Sanierungen unterstützen und versicherungstechnische Anpassungen vornehmen. Ein Versicherer probiert nun ein vollkommen neuen Ansatz