Altersvorsorge: Jeder Neugeborene soll 4.000 Euro bekommen
„Die Renten sind sischa“ – der bekannte, im gemütlich hessischen Akzent vorgetragene Ausspruch von Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm hat für junge Menschen kaum noch eine Bedeutung: Vielfach ist der Glaube an eine existenzsichernde Rente erschüttert. Laut einer GfK-Umfrage im Auftrag der Generali sind rund drei Viertel der 18-bis 32-Jährigen (insgesamt 1.000 wurden befragt) über das sinkende Rentenniveau besorgt. Bei der Frage nach den größten Problemen ihrer Generation landete die Altersvorsorge auf Rang drei – gleich hinter dem Klimawandel und Pandemien.
Wie lässt sich die junge Generation unterstützen? Der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker meldete sich nun mit einem Vorschlag zu Wort. Gegenüber „Spiegel online“ sprach sich der Abgeordnete aus Rastatt dafür aus, jüngeren Menschen eine Anschubfinanzierung für die Altersvorsorge durch den Staat zu ermöglichen – Whittaker nennt seine Idee „Kinderrentengeld“.
4.000 Euro für jedes Kind
So sollen bei der Geburt eines Kindes 4.000 Euro vom Staat in einen staatlich verwalteten Fonds, der das Geld breit gestreut an den Kapitalmärkten anlegen soll, eingezahlt und über eine Laufzeit von 67 Jahren investiert werden. Whittaker geht dabei von einer durchschnittlichen Jahresrendite von sechs Prozent aus (DAX-Durchschnittsrendite minus Inflation): Das ergäbe nach 67 Jahren eine Summe von 200.000 Euro (nach heutiger Kaufkraft).
„Das ist ungefähr der Betrag, der Altersarmut verhindert“, sagte Whittaker gegenüber „Spiegel online“. Hinzu käme noch die normale umlagenfinanzierte gesetzliche Rente sowie eventuelle Einnahmen aus der betrieblichen Altersversorgungen sowie aus privaten Lebens- und Rentenversicherungen.
Bei einer Geburtenzahl von derzeit 800.000 Kindern in Deutschland pro Jahr käme man auf Kosten von 3,2 Milliarden Euro. „Das ist eine vergleichsweise günstige Investition“, erklärte Whittaker. Allerdings würde es dabei nicht bleiben – denn die gesetzliche Rentenversicherung dürfte aufgrund des Renteneintritts geburtenstarker Jahrgänge in den kommenden Jahren deutlich höhere Kosten veranschlagen. Ein viel diskutiertes Gutachten aus dem Bundeswirtschaftsministerium hatte vergangene Woche vorgerechnet, dass – sofern die Bundesregierung an den vereinbarten Haltelinien für Renten- und Beitragsniveau festhält – der Steuerzuschuss zur gesetzlichen Rente massiv ansteigen würde. Während heute Ausgaben für die Rente bereits ein Viertel des Staatshaushaltes ausmachen, drohe dieser Anteil in der Zukunft auf bis zu 60 Prozent zu steigen, rechneten die Experten vor.
Ähnliche Vorschläge von CSU und FDP
Zudem würde die Idee von Whittaker erst langfristig das Altersarmutsproblem adressieren – selbst wenn das Kinderrentengeld noch in diesem Jahr beschlossen und eingeführt würde, wäre – bei einem Renteneintrittsalter von 67 Jahren – mit einer ersten Auszahlung erst 2088 zu rechnen.
Vollkommen neu ist der Vorschlag übrigens nicht. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Landesgruppe der CSU ein Strategiepapier vorgelegt, das einen staatlichen Generationen-Pensionsfonds vorsah. Im Gegensatz zu Whittakers Idee würden in diesen nicht 4.000 Euro zur Geburt, sondern Monat für Monat bis zum 18. Lebensjahr 100 Euro eingezahlt werden – insgesamt also 21.600 Euro. Auch die FDP hat einen solchen Vorschlag in ihrem aktuellen Parteiprogramm: Sie möchte allerdings nur 1.000 Euro pro Neugeborenem in die von ihr vorgeschlagene Aktienrente investieren.
Ob es ein Vorschlag dieser Art hingegen ins offizielle Wahlprogramm der CDU schafft, bleibt abzuwarten. Auffallend ist beim Überblick über die bereits vorliegenden Programmentwürfe der anderen Parteien jedoch ein Trend hin zu einem staatlich organisierten Kapitalfonds. Während die FDP einen solchen im Rahmen ihrer Aktienrente fordert, sprechen sich SPD und Grüne für einen öffentlich-rechtlichen Fonds aus, der als Ersatz für die in ihren Augen gescheiterte Riester-Rente dienen soll.