Grüne wollen Finanzberatung „vom Kopf auf die Füße stellen“

Als zweite Partei haben die Grünen einen Programmentwurf für die kommende Bundestagswahl vorgestellt. Die Riester-Rente bezeichnet die Partei als völligen Fehlschlag, beim Thema Finanzberatung plädiert sie für umfangreiche Änderungen. Die Details.

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12:03 Uhr | 19. März | 2021
Ablehnung Bundestag Rente Altersarmut Opposition Altersvorsorge

Drei Vorschläge, um Altersarmut zu bekämpfen, wurden im Bundestag abgelehnt. (Symbolbild) Shutterstock.com / Maryna Pleshkun

Die Grünen befinden sich momentan im Aufwind: Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg baute die Partei am vergangenen Wochenende ihr Ergebnis weiter aus und wird mit Winfried Kretschmann aller Voraussicht nach auch in den kommenden Jahren den Ministerpräsidenten im Südwesten der Republik stellen. Bundesweit legten die Grünen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa um drei Prozent zu und würden demnach bei der kommenden Bundestagswahl auf 21 Prozent aller Stimmen kommen.  

Umso gespannter war allgemein auf die Präsentation des Wahlprogramms gewartet worden – ihren Entwurf für die Zukunft stellten die Parteivorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock an diesem Freitag nun vor. Mit insgesamt 136 Seiten ist der Programmentwurf deutlich länger als der der SPD, die ihr Wahlprogramm bereits Anfang März vorgestellt hatte.  

Für Makler sind dabei die folgenden Punkte wohl am interessantesten:  

Bürgerversicherung: Wie auch bereits die Sozialdemokraten sprechen sich die Grünen für die Einführung einer Bürgerversicherung aus. Als Gründe hierfür geben sie an, dass viele gesetzlich Versicherte länger als Privatpatienten auf Termine bei Fachärzten warten müssten sowie die Tatsache, dass viele privat Versicherte sich die Prämien in der PKV nicht mehr leisten könnten.  

„Die Bürgerversicherung bezieht alle in die Finanzierung eines leistungsstarken Versicherungssystems ein. Auch Beamte, Selbstständige, Unternehmer*innen und Abgeordnete beteiligen sich mit einkommensabhängigen Beiträgen“, heißt es im Programmentwurf. Als Einkommen sollen dabei nicht nur Löhne und Gehälter zählen, Beiträge sollen auch auf Kapitaleinkommen erhoben werden.  

Als ersten Schritt plane man, die Versorgung gesetzlich Versicherter zu stärken – beispielsweise bei der Erstattung von Brillen.  

Rente: Bei der gesetzlichen Rente plant die Partei, das durchschnittliche Rentenniveau nicht unter die Marke von 48 Prozent sinken zu lassen. „Bei einem weiteren Absinken wären immer mehr Menschen auf Grundrente angewiesen und die Akzeptanz der gesetzlichen Rente wäre gefährdet“, lautet die Befürchtung.

Um das Rentenniveau zu sichern, will die Partei die Einnahmenseite ausbauen, beispielsweise durch eine Stärkung der Frauenerwerbstätigkeit, ein neues Einwanderungsgesetz und höhere Löhne. Auch bei der Rente sprechen sich die Grünen für eine Bürgerversicherung aus, in die auch anderweitig nicht abgesicherte Selbstständige und Abgeordnete einzahlen sollen.  

Die in dieser Legislaturperiode eingeführte Grundrente soll in eine Garantierente umgewandelt werden, an der Rente mit 67 halte man grundsätzlich fest. Allerdings wolle man es den Menschen einfacher machen, selbst entscheiden zu können, wann sie in Rente gehen.  

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Altersvorsorge: Grundsätzlich sprechen sich die Grünen für kapitalgedeckte Altersvorsorge zusätzlich zur gesetzlichen Rente aus – allerdings nicht in Form der Riester-Rente. Diese bezeichnen die Grünen in ihrem Programm als völligen Fehlschlag. „Die Produkte sind teuer und undurchschaubar und haben zum Teil eine geringere Rendite als Omas Sparstrumpf. Profitabel sind sie oft nur für die Versicherungswirtschaft oder dank der öffentlichen Förderung“, heißt es im Programmentwurf.  

Statt die Riester-Rente zu reformieren soll sie in einen staatlichen Bürgerfonds überführt werden – ein entsprechendes Konzept hatte die Partei bereits 2019 präsentiert. Hier behält der Staat einen Teil des Bruttolohns jedes Arbeitnehmers ein und investiert diesen unter anderem in Aktien. Durch eine Opt-out-Regel werde ein Volumen sichergestellt, das die Verwaltungs-kosten gering hält, „die Risiken breit streut und auf teure Garantien verzichten kann“.

Arbeitgeber sollen zudem verpflichtet werden, in Zukunft eine betriebliche Altersversorgung anzubieten, können den Bürgerfonds hierfür aber nutzen.  

Finanzberatung: Umfangreiche Änderungen planen die Grünen beim Thema Finanzberatung. Diese soll vom Kopf auf die Füße gestellt werden, da sie nach Ansicht der Partei die Kunden nicht sachgerecht berate. „Häufig werden Kund*innen Finanzprodukte angedreht, die für sie zu teuer, zu riskant oder schlicht ungeeignet sind. Diese Produkte sind häufig gut für die Gewinne der Banken und Versicherungen, aber schlecht für die Kund*innen“, heißt es entsprechend im Entwurf.  

Um das zu gewährleisten spricht sich die Partei für eine schrittweise Abkehr von der Provisions- und einem Übergang zur Honorarberatung aus. Man wolle ein einheitliches Berufsbild für Finanzberater schaffen, die darüber hinaus allesamt von der BaFin beaufsichtigt werden sollen. Diese soll zudem von ihrem Recht, schädliche und irreführende Finanzprodukte zu untersagen, stärker Gebrauch machen.

Noch handelt es sich jedoch erst einmal nur um einen Entwurf des Parteiprogramms. Bis zum Juni, wenn ein Parteitag über die finale Version entscheidet, kann es noch zu Änderungen im Programm kommen.

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