Krankenversicherung, Rente, Altersvorsorge: Was die SPD plant

Als erste Partei hat sich die SPD mit einem Wahlprogrammentwurf an die Öffentlichkeit gewagt. Bei den Ideen zu Rente, Krankenversicherung und Co. finden sich viele Klassiker der Partei wieder.

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10:03 Uhr | 02. März | 2021
Fordert eine paritätisch finanzierte Pflegeversicherung, die alle Pflegekosten übernimmt: SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach.

Fordert eine paritätisch finanzierte Pflegeversicherung, die alle Pflegekosten übernimmt: SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach. Bild: Picture Alliance

Während die Union noch nicht weiß, wer für sie im Rennen um die Kanzlerschaft antreten wird, ist man bei der SPD schon ein paar Schritte weiter: Als erste Partei stellten die Sozialdemokraten ihr als „Zukunftsprogramm“ tituliertes Wahlprogramm für die Bundestagswahl im Herbst vor (kann hier heruntergeladen werden).  

Auf insgesamt 64 Seiten zurrt die Partei ihre Ideen, Konzepte und Vorhaben für die kommenden Jahre fest. Neben einer Abschaffung von Hartz IV (soll durch ein Bürgergeld ersetzt werden), einer Einkommenssteuerreform (geringe und mittlere Einkommen sollen besser gestellt, die oberen fünf Prozent stärker herangezogen werden) und einem Tempolimit für Autobahnen (130 Kilometer/Stunde) präsentiert die SPD auch einige Vorschläge, die für die Versicherungswirtschaft interessant bzw. unerfreulich, kaum aber überraschend sein dürften.  

Bürgerversicherung: „Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem braucht eine stabile und solidarische Finanzierung. Wir werden eine Bürgerversicherung einführen. Das bedeutet: Gleich guter Zugang zur medizinischen Versorgung für alle“, heißt es hierzu im Programmentwurf. Diese soll auch das Thema Pflege mit einschließen, wodurch die Eigenanteile „deutlich“ sinken sollen. Für Pflegebedürftige mit kleinen und mittleren Einkommen sollen die Eigenanteile zudem gedeckelt werden. „Zukünftige Kostensteigerungen werden solidarisch über einen Mix aus moderat steigenden Pflegeversicherungsbeiträgen und einem dynamischen Bundeszuschuss finanziert“, sagt das Wahlprogramm.  

Rente: Weiterhin gilt die gesetzliche Rente für die SPD als zentraler Baustein, damit Arbeitnehmer auch im Alter an den gewohnten Lebensstandard anknüpfen können. Darum soll die gesetzliche Rente weiter gestärkt werden – ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent wird dabei als Zielmarke vorgegeben.  

Ein höheres Renteneintrittsalter lehnen die Sozialdemokraten allerdings ab. Entsprechend hatte sich der SPD-Jungpolitiker Kevin Kühnert bereits in einer vom GDV organisierten Diskussion geäußert. Nun heißt es schwarz auf weiß: „Wir lehnen eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ab, weil sie für viele, die nicht länger arbeiten können, eine Rentenkürzung bedeutet und ungerecht ist.“ Der gesetzliche Anspruch, dass langjährig Versicherte vor Erreichen der Regelaltersgrenze abschlagsfrei in Rente gehen dürfen, solle beibehalten werden.  

Zudem sollen auch Beamte, Selbstständige und Mandatsträger – also auch die Mitglieder des Deutschen Bundestages – zukünftig in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.  

Weiterhin plädiert die SPD für eine „geschlechtergerechte Rente“. Da weiterhin überwiegend Frauen für die Erziehung von Kindern bzw. Pflege von Familienangehörigen beruflich zurückstecken, sollen familienbedingte Tätigkeiten in Zukunft „gerechter behandelt“ werden. „Langjährige Pflege von Eltern, Schwiegereltern oder anderen Familienmitgliedern dürfen sich nicht mehr negativ auf die Rente auswirken und die eigene Altersarmut bedeuten“, heißt es hierzu im Programmentwurf, der hier allerdings nicht in die Tiefe geht und keine konkreten Lösungsansätze formuliert.  

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Betriebliche Altersversorgung: Die betriebliche Altersversorgung soll weiter gestärkt werden. Ziel sei es, „dass deutlich mehr Beschäftigte in einer betrieblichen Altersvorsorge abgesichert sind“, formuliert es die Partei. Trotz vermehrter Reformbemühungen in dieser Legislaturperiode hat sich der Verbreitungsgrad in der betrieblichen Altersversorgung nicht wesentlich erhöht.

Hier setzt die SPD weiter auf die sogenannte „Nahles-Rente“, das durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz eingeführte Sozialpartnermodell. Diese tarifvertraglich vereinbarten kollektiven Altersversorgungsformen sollen in Zukunft – geht es nach dem Willen der SPD – bevorzugt werden; noch wartet Deutschland aber auf das erste Sozialpartnermodell. Im Gespräch mit procontra zeigte sich Lars Golatka, Leiter des Geschäftsbereichs bAV bei der Zurich, optimistisch, dass ein erstes Modell in diesem Jahr an den Start gehen werde.

Von einer gesetzlichen Verpflichtung zur betrieblichen Altersversorgung ist – im Gegensatz zum Wahlprogramm 2017 – indes keine Rede mehr. 

Private Altersvorsorge: Wenig Neues im Vergleich zum vorherigen Wahlprogramm findet sich zum Thema private Altersvorsorge. Erneut äußert die Partei ihre Unzufriedenheit mit der Entwicklung der Riester-Rente. Eine Reform dieser hatten sich Union und SPD vor vier Jahren in den Koalitionsvertrag geschrieben – passiert ist bislang jedoch nichts, eine Einigung in dieser Legislaturperiode erscheint mittlerweile höchst unwahrscheinlich.  

Vage bleiben in diesem Zusammenhang die Reformideen der SPD: Im Programmentwurf heißt es lediglich, dass bei klassischen privaten Angeboten der Altersvorsorge bürokratische Hemmnisse abgebaut und Kosten gesenkt werden sollen. Hiermit könnte auch der angestrebte Provisionsdeckel in der Lebensversicherung gemeint sein, der – wenig überraschend – im Programmentwurf keine explizite Erwähnung findet, von der SPD in dieser Legislaturperiode jedoch auch nicht durchgesetzt werden konnte. 

Darüber hianus betont die SPD ihr Engagement für die Einführung eines Standardproduktes in der Altersvorsorge, „das kostengünstig ist, digital und grenzüberschreitend angeboten wird“.  

Noch ist das letzte Wort über das Wahlprogramm jedoch nicht gesprochen bzw. geschrieben. Endgültig beschlossen wird es erst auf dem Bundesparteitag der Sozialdemokraten am 9. Mai.

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