Lebensversicherung: Was Garantien an Rendite kosten

Moderne Lebensversicherungsprodukte mit intelligenter Garantie haben Zukunft. Doch Berater müssen sie nicht nur verstehen, sondern ihren Kunden auch die Kosten auseinandersetzen. Das ist nicht so einfach, daher gibt es hier Hilfestellung vom Experten.

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07:03 Uhr | 29. März | 2019
Marc Glissmann hat bei unterschiedlichen Garantiemodellen unterschiedliche Kosten – gemeint ist die entgangene Rendite - beobachtet. Das hängt mit der jeweiligen Konstruktion des Modells zusammen, sagt der Experte.

Marc Glissmann hat bei unterschiedlichen Garantiemodellen unterschiedliche Kosten – gemeint ist die entgangene Rendite - beobachtet. Das hängt mit der jeweiligen Konstruktion des Modells zusammen, sagt der Experte. Bild: Pohl

Die meisten „gefühlt fondsgebundenen“ Produkte mit Garantie basieren auf der klassischen Lebens- oder Rentenversicherung. „Produkte, die ohne Klassik (= Deckungsstock) auskommen, sind noch immer die absolute Ausnahme“, sagte Marc C. Glissmann während seines Vortrages beim Fachkongress 2019 der Maklergenossenschaft Vema. Grund: Das Kernelement klassischer Produkte, der Risikoausgleich im Kollektiv und in der Zeit, soll erhalten bleiben, ergänzte der geschäftsführende Gesellschafter und Mitbegründer der infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH.

Die Garantie werde hingegen reduziert, etwa auf den Erhalt einer endfälligen Garantie. Diese Reduktion werde häufig fälschlicherweise als Abschied von der Klassik verstanden. Im Folgenden ging Glissmann vor einigen hundert Partner-Maklern der VEMA auf die unterschiedlichen Produktentwicklungen und Garantiemodelle ein.

Jegliche Garantie kostet Rendite

Einige sind wegen der Niedrigzinsphase und starker Schwankungen auf den Kapitalmärkten im Neugeschäft schon wieder ganz oder teilweise vom Markt verschwunden. Glissmann nannte hier insbesondere Variable Annuities, indexierte Tranchenprodukte, Höchststandsfonds-Systeme und einige der With-Profits-Produkte. Andere kämen auch immer stärker unter Druck, insbesondere konventionelle Klassik-Policen mit Garantieverzinsung.

Nicht überraschend: Jegliche Garantie kostet Rendite, also Geld. Allerdings je nach Garantiemodell auch unterschiedlich viel. Dabei geht es um eine möglicherweise entgangene Rendite des Kunden, die auf die Konstruktion des Garantiemodells (Opportunitätskosten) zurückzuführen ist. „Eine echte Kostendiskussion innerhalb der Garantiemodelle ist eine sehr komplexe Angelegenheit“, schränkte Glissmann ein.

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Renten mit Indexpartizipation (Index-Policen) seien im Grunde nichts anderes als konventionelle Rentenversicherungen, bei denen die Überschussbeteiligung zur Finanzierung der Indexpartizipation verwendet wird, wobei die Renditen des Kunden durch Cap oder eine Quote begrenzt werden (procontra berichtete). Die Gewinne werden einmal jährlich gesichert. „Dieses Anlagemodell führt nach unseren Beobachtungen tendenziell zu ungefähr 0,5 bis 1,5 Prozent Renditeminderung“, sagte Glissmann auf Nachfrage.

Verluste wirken sich nicht auf das Vertragsguthaben aus. Bei Verzicht auf die Indexbeteiligung bleibt es bei einer herkömmlichen, sicheren Verzinsung, beim Index-Turbo wird jedoch das Guthaben des Kunden teilweise mitgenutzt (procontra berichtete).

Stets gibt es Vor- und Nachteile

Generelle Vorteile von Index-Policen: „Der Kunde muss keine Anlageentscheidungen treffen, hat Transparenz durch Verwendung bekannter Indizes, trägt keine Verlustrisiken für die Beiträge oder die Zuwächse der Vorjahre und genießt den Schutz einer konventionellen Rentenversicherung“, sagt Glissmann. Nachteile: Die Renditechancen sind durch Cap oder Partizipationsquote begrenzt, der Erfolg hängt stark von der Volatilität der zugrunde liegenden Kapitalmärkte ab und sinkende Überschussbeteiligungen wirken sich negativ auf die Indexpartizipation aus.

Neuere Garantiemodelle setzen bei Fondspolicen an. Das Ziel sei eine höhere Effizienz durch Begrenzung des Einflusses des konventionellen Sicherungsvermögens. „Der Kunde soll im Rahmen der Fondspolice eine möglichst hohe Investmentquote in Sachanlagen unter Berücksichtigung sinnvoller Garantien erhalten“, meint Glissmann. Dabei hätten sich drei Garantiemodelle etabliert: dynamische Wertsicherungsmodelle (mit Wertsicherungsfonds), (i)CPPI-Garantiemodelle und neuere Hybridmodelle (Zwi-Topf-Modelle).

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Dynamische Wertsicherungsmodelle bieten eine Erlebensfallgarantie, die damit billiger als bei Klassik-Policen ist und weniger Rendite kostet. Die Aufteilung des Sparbeitrages in Deckungsstock, Garantiefonds und freier Fondsanlage hängt vor allem von drei Dingen ab, sagt Glissmann: Entwicklung der Kapitalmärkte, Garantiehöhe und Garantiezeitpunkt beziehungsweise Restlaufzeit. Wertsicherungsfonds garantieren dabei, dass zu einem vorgegebenen Stichtag (meist monatlich) ein bestimmter Prozentsatz des Anfangskapitals vorhanden ist, zum Beispiel 80 Prozent am Monatsende. „Damit muss der Versicherer nur den Worst Case absichern“, so Glissmann.

Vorteile: Erstmals folgt die Kapitalanlage in einer Rentenversicherung der Entwicklung auf den Kapitalmärkten. Die Chance auf hohe Fonds- und Aktienquote wird verknüpft mit einer garantierten Erlebensfallleistung. Der Kunde kann die freie Fondsauswahl treffen und unter Umständen sogar das Garantiemodell selbst beeinflussen. Nachteile von dynamischen Wertsicherungsmodellen: Der Umschichtmechanismus ist meist nicht transparent und damit für den Kunden nicht nachvollziehbar. Viel Geld bleibt unter Umständen im konventionellen Sicherungsvermögen, die Verwaltung der Kapitalanlagen ist relativ aufwendig und die Garantieerzeugung (auch im Wertsicherungsfonds) relativ teuer. „Da monatlich die Garantie gesichert wird, sind in unseren Musterberechnungen mit ausgewählten Fonds ungefähr 1,2 bis knapp 2,0 Prozent Renditeminderung durch Kosten zu erwarten“, sagte Glissmann auf Nachfrage.

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Können (i)CPPI-Garantiemodelle, wo eine tagesaktuelle automatische Aufteilung und Umschichtung zwischen Deckungskapital und Aktienfonds erfolgt, besser abschneiden? „Ja“, sagt Glissmann. Begründung: Es gibt ein kundenindividuelles Zusammenspiel von Deckungsstock und Fondsanlage. Der Kunde könne die Fondsanlage selbst bestimmen, zudem erfolge automatisch eine börsentägliche Überprüfung und automatische Umschichtung. Unterm Strich blieben auch bei (i)CPPI-Garantiemodellen Vor- und Nachteile. Vorteile: Es besteht die Chance auf höhere Renditen - durch tagesaktuelle Umschichtung -, wobei der Kunde Anlageentscheidungen selbst treffen kann (wenn er will). Zudem wird die Fondsanlage nicht durch das Garantiemodell vorgegeben oder eingeschränkt.

Nachteile: Es entsteht ein erhöhter Aufwand durch tagesaktuelle Anpassungen, zur Fondsanlage werden meist aktiv gemanagte Produkte mit gegenüber passiv anlegenden Produkten höheren Fondskosten vorgegeben (auch wenn Kick-backs zur Kostenreduktion genutzt werden) und bei Schwankungen an den Kapitalmärkten ist man meist zu prozyklischem Umschichten verdammt. Last but not least „ist phasenweise ein hoher Deckungsstockanteil vorhanden“, sagt Glissmann. Am besten funktioniert dies in guten Börsenjahren, während das Modell in schlechten Jahren an seine Grenzen kommt. „Da täglich die endfällige Garantie gesichert wird, sind in unseren Musterkombinationen mit ausgewählten Fonds ungefähr 1,1 bis 1,8 Prozent Renditeminderung durch Kosten zu beobachten“, so Glissmann.

Renaissance der Hybridmodelle

„Derzeit erleben wir eine Renaissance der Hybridmodelle“, hat Glissmann beobachtet. Gemeint ist eine Kombination aus Deckungsstock und einer individuellen Fondsanlage. Dabei gibt es eine jährliche Überschussbeteiligung (häufig ohne garantierte Mindestwertsteigerung). Produktabhängig können ergänzende Kapitalanlagen (etwa Fonds oder Indexanlagen) eingebunden werden. Der Kunde erhält gegebenenfalls eine endfällige, garantierte Erlebensfallleistung, teilweise mit Einschränkungen beim garantierten Rentenfaktor.

Aber auch diese Zwei-Topf-Garantiekonzepte haben Vor- und Nachteile. Vorteile: Konzepte mit monatlicher Anpassung ermöglichen verstärkten Einsatz von Fondsanlagen. Die Renditen des Deckungskapitals werden als Teil der Kapitalanlagen verstanden. Die endfällige Erlebensfallgarantie bietet dem Kunden zusätzliche Sicherheit. Nachteile: Das anteilige Deckungskapital begrenzt die Renditechancen. Die Investmentanlage ist teilweise von der Volatilität der zugrunde liegenden Kapitalmärkte abhängig. Und: Hohes Garantieniveau und kurze Laufzeiten wirken sich negativ auf den Investmentanteil aus.

Fazit von Glissmann: Versicherer verzichten zunehmend auf die Trennung zwischen investment-orientierten Rentenversicherungen mit und ohne Garantie. Garantiehöhen werden flächendeckend variabler und veränderbar.

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