Die Einführung eines Provisionsdeckels in der Lebensversicherung und der Restschuldversicherung wird immer wahrscheinlicher. Zumindest nimmt der entsprechende Gesetzentwurf dafür seit Wochen Hürde um Hürde. Auch, wenn sich die Vermittlerverbände kürzlich unter Nennung zahlreicher Gründe vehement gegen die Verdienstgrenze ausgesprochen haben. Von einem Interessenvertreter wurde dabei auch betont, dass durch das Kommunikationsverhalten der zuständigen Politiker der Eindruck entstehe, man sei gar nicht wirklich an einem Austausch von Argumenten interessiert.
Zumindest weicht die Bundesregierung momentan keinen Meter vom Referentenentwurf des Finanzministeriums zurück. Vielmehr betonte sie als Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion die Wichtigkeit des Provisionsdeckels zur Vermeidung von Fehlanreizen in der Versicherungsvermittlung. In der Antwort heißt es:
Der Anreiz, ausreichend Vertragsabschlüsse herbeizuführen und damit ein erhöhtes Einkommen zu erzielen, sei geeignet, einen Konflikt mit der Pflicht des Vermittlers herbeizuführen, im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln. Vor diesem Hintergrund soll die Einführung eines Provisionsdeckels, unabhängig vom Vertriebsweg, Fehlanreize durch besonders hohe erfolgsabhängige Vergütungselemente ausschließen.
Mehr verdienen als 2,5 Prozent Abschlussprovision sollen laut den Plänen nur noch die Vermittler, die von den Versicherungsunternehmen eine besonders hohe Beratungsqualität bescheinigt bekommen. Dabei soll die Anzahl der Beschwerden von Kunden über die Vermittler eine wichtige Rolle spielen.
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Ein Blick auf den gestern veröffentlichten Jahresbericht 2018 des Versicherungsombudsmanns lässt in dieser Hinsicht allerdings keinen messbaren Handlungsbedarf erkennen. Denn von den insgesamt 103 gegen Vermittler eingegangenen zulässigen Beschwerden wurden gerade einmal 32 Stück als begründet eingestuft (in diesen Fällen wurde zugunsten der Beschwerdeführer entschieden). Auf die Sparte Lebensversicherung entfielen davon 14 Stück.
AfW-Vorstand Norman Wirth rechnet vor: „In Deutschland sind ca. 200.000 Versicherungsvermittler registriert. Es gab also je Versicherungsvermittler 0,00016 Beschwerden in 2018, im Bereich der Sparte Leben nur 0,00007 Beschwerden. Das ist statistisch null. Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, wie völlig absurd es ist, den Vermittlern pauschal eine schlechte Beratungsqualität zu unterstellen und damit auch noch ein Gesetz begründen zu wollen, was massiv in Grundrechtspositionen vor allem von mittelständischen Gewerbetreibenden eingreift.“
Laut dem Rechtsanwalt und AfW-Chef handelt sich dabei um Zahlen, welche die Branche stolz vor sich hertragen kann. Wirth weiter: „Besser geht es nicht und es wird Zeit, dass die Politik hier Anerkennung ausspricht, statt abwegige Negativunterstellung zur Gesetzesbegründung heranzuziehen.“
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Ob ein Provisionsdeckel gerechtfertigt ist, sieht man bei der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) nicht als eine aktuarielle Frage an. Aus Sicht der Versicherungsmathematiker seien die vorgelegten Entwürfe an mehreren Stellen aber noch nicht sauber durchdacht.
Beispielsweise würde der derzeitige Gesetzesentwurf laufende Vergütungen gegenüber einmaligen Provisionen unattraktiv machen und den Trend der letzten Jahre zu mehr laufender Provision somit wieder umkehren, erklärten die Aktuare in dieser Woche auf ihrer Jahrespressekonferenz. Sie fordern deshalb, das Risiko vorzeitiger Vertragsabgänge, bei denen die Zahlung an den Vermittler eingestellt wird, bei der Bewertung laufender Vergütungen im Rahmen des Provisionsdeckels mit einzubeziehen.
Gut Deckel braucht Weile
Produkte gegen Einmalbeitrag würden die Versicherungsmathematiker komplett vom Provisionsdeckel ausnehmen. „Denn diese Produkte werden nicht gezillmert, sodass sie zurecht auch nicht im Fokus des Lebensversicherungsreformgesetzes 2014 standen“, heißt es dazu in einer DAV-Presseerklärung.
Außerdem zeigen sich die Aktuare skeptisch hinsichtlich des avisierten Zeitplans zur Umsetzung des Lebensversicherungsreformgesetzes II. Nach derzeitigem Stand soll das neue Gesetz spätestens sieben Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten. DAV-Chef Guido Bader plädiert für eine Umsetzung nicht vor dem 1. Januar 2021 und mahnt deshalb zur Vorsicht: „Mit der Einführung eines Provisionsdeckels ist eine neue Tarifgeneration erforderlich, für die aufwendige aktuarielle Kalkulationen notwendig sind. Diese müssen im Interesse der Kunden ausreichend sicher sein.“
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