Privatrente: Wildwuchs statt Vergleichbarkeit beim Rentenbezug
Heutzutage gibt es eine große Vielfalt an Produktgestaltungen in der Rentenbezugsphase, sodass Berater für unterschiedliche Kunden passende Lösungen statt des früheren Standards finden können. Die Zeiten seien vorbei, wo für private Rentenversicherungen lediglich die klassische Kapitalanlage mit der üblichen Überschussbeteiligung im Rentenbezug kalkuliert und dann lebenslang ausgezahlt wurde. „Das hat sich jedoch noch längst nicht im Detail herumgesprochen“, sagt Professor Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts für Aktuarwissenschaften (IFA) in Ulm.
Um mehr Transparenz zu schaffen, hat das IFA einen Marktüberblick über bisher 38 Produkte von 27 Anbietern erstellt. Für die Rentenbezugsphase der Privatrente fallen drei Kategorien auf: innovative Kapitalanlage, viel Flexibilität in der Rentenbezugsphase sowie eine Rentenhöhe in Abhängigkeit von bestimmten Gesundheits- oder Berufseinflüssen.
Produkte mit innovativer Kapitalanlage
Hier hat das IFA zu Jahresbeginn 15 Produkte von 13 Anbietern gezählt. Derzeit dominieren sogenannte dynamische Hybridrenten. Diese stellen 10 der 15 Produkte dar, die sich untereinander jedoch teilweise stark unterscheiden. Darüber hinaus sind Renten mit folgenden Modellen am Markt: I-CPPI-Rente, Rente mit Indexbeteiligung, statische Hybridrente sowie Variable Annuity. Diese Angebote ermöglichen auch im Rentenbezug eine Vielfalt von Chance-Risiko-Profilen.
Produkte mit besonderer Flexibilität
In diesem Segment hat das IFA elf Produkte von acht Anbietern identifiziert – insbesondere Produkte mit besonders flexiblem Zugang zum Guthaben nach Rentenbeginn. Die Flexibilität endet entweder, wenn das Guthaben aufgebraucht ist, oder ab einem fest vereinbarten Alter. Auffällig ist, dass viele dieser Produkte gleichzeitig auch eine innovative Kapitalanlage aufweisen.
Produkte, bei denen Rentenhöhe von Einflussfaktoren abhängt
In diesem Segment hängt die Rentenhöhe neben dem Alter und dem zu verrentenden Betrag von weiteren Einflussfaktoren ab. So sind Pflegeoptionen weit verbreitet. „Mindestens 15 Anbieter haben eine derartige Option im Angebot“, hat Ruß beobachtet. Darüber hinaus offerieren zwei Anbieter gesundheitsabhängige Rentenphasen: LV 1871 (Tarif „Extra-Renten-Option“) und Liechtenstein Life („Option Rente Plus“) zahlen eine erhöhte Rente, sofern die versicherte Person bei Rentenbeginn eine reduzierte Lebenserwartung hat. Beim Münchener Verein hängt die Rentenhöhe vom bei Vertragsabschluss ausgeübten Beruf ab („HandwerkerRente“).
Insbesondere bei Produkten mit innovativer Kapitalanlage im Rentenbezug sei eine große Dynamik zu beobachten. Einige Produkte kamen gerade erst auf den Markt, andere Versicherer planten derzeit die Markteinführung. „Die Mehrzahl bietet derzeit jedoch keine innovativen Rentenbezugsphasen, was für weiteres Entwicklungspotenzial spricht“, so Ruß.
Vollständiger Marktüberblick bald verfügbar
Der Marktüberblick wurde mit Hilfe der Continentale, Generali und Canada Life finanziert. Bis zum 5. Februar können Makler den vollständigen Marktüberblick ausschließlich über die beiden Premiumpartner Continentale und Generali beziehen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse steht hier zum kostenlosen Download bereit. "Ab 6. Februar gibt es das vollständige Dokument gratis im Internet“, verspricht Ruß.
Seite 1: Welche neuen Optionen für die Rentenphase verfügbar sind Seite 2: Wie sich die Angebote unterscheiden und wo es Überblick gibt
Makler sollten sich für den Marktüberblick interessieren, um bei wachsender Produktvielfalt den Durchblick zu bewahren. Klar ist: Lebens- und Rentenversicherungen sind der wichtigste Zusatzbaustein der Deutschen für Vorsorge und Absicherung. Doch verbreitet sind zahlreiche Irrtümer zum Produkt.
Bei Klassikpolicen wird der garantierte Rechnungszins beim Neuabschluss immer geringer. Wegen der durch die EZB-Politik künstlich niedrig gehaltenen Zinsen kommt im Neugeschäft bei einer 100-Prozent-Beitragsgarantie nicht einmal mehr die Summe eingezahlter Beiträge für den Kunden heraus. Daher stellen immer mehr Anbieter auf geringere Garantien in der Ansparphase um.
Auch Auszahlungsphase muss transparenter werden
In der Auszahlungsphase ist der Kunde im Zweifel jeden Monat auf den Rentenbezug in voller Höhe zum Leben angewiesen. Ein Kompromiss ist der investmentorientierte Rentenbezug. Laut IFA wird er häufig als dynamische Hybridrente in gleichbleibender oder steigender Höhe angeboten, so von Alte Leipziger, Feuersozietät, Versicherungskammer Bayern, den Saarland Versicherungen, Signal-Iduna, Volkswohl Bund und VPV. Mitunter schwankt die Rente auch oberhalb der garantierten Höhe: bei der Continentalen und der Württembergischen.
Branchenkenner wie Betriebswirtschaftsprofessor Hermann Weinmann und auch Verbraucherschützer wünschen sich zu allen Kriterien generell wieder mehr Vergleichbarkeit, denn bei Kunden und Vermittlern stelle sich ein Gefühl der Hilflosigkeit ein. Standardisierung sei nötig. Wenn die Branche dies dem Staat überlasse, droht womöglich ein staatlich geführter Rentenfonds nach dem Beispiel der Idee von der Deutschlandrente.
Verrentung viel seltener als Kapitalabfindung
Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft verzeichneten Lebensversicherer 2020 geschätzte 87,6 Milliarden Euro Auszahlungen an ihre Kunden. Das sind 1,4 Milliarden Euro mehr als 2019 und sogar 7,4 Milliarden Euro mehr als 2018.
Von den ausgezahlten Leistungen an Hauptversicherungen entfallen rund 58 Prozent auf einmalige Kapitalabfindungen und nur 10 Prozent auf lebenslange Renten. Zuletzt bestanden 86 Millionen Verträge bei Lebensversicherern. Davon entfallen über 50 Prozent auf Rentenpolicen - rund 44 Millionen Verträge.
Seite 1: Welche neuen Optionen für die Rentenphase verfügbar sind Seite 2: Wie sich die Angebote unterscheiden und wo es Überblick gibt